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Hikikomori

Hikikomori

Titel: Hikikomori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Kuhn
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fragt ihn Matze mit seiner verschnupften Stimme.
    Till drückt den Stecker in die Dose, der Motor des Springbrunnens tost los, Wasser beginnt langsam aus der Öffnung zu blubbern. »Was willst du, Matze?«
    » Allied Assault ?«
    »Vergiss es, Matze.« Till öffnet die Glastür zur Veranda und schaut in den dunkel vor ihm liegenden Garten. Er versucht, ihn zu ignorieren, nicht ohne Grund hat Matze die halbe Kindheit im Schwitzkasten verbracht.
    » Breakthrough , Pacific Assault , Vanguard , Airborne und Heroes «, zählt Matze auf, »spielten ja noch im Zweiten Weltkrieg. Jetzt geht’s nach Afghanistan. Haste bestimmt gehört, wenn du wieder zockst, oder? Kommt im Sommer, das neue Spiel. Ist ’ne Wiederaufnahme. Wird mega. Wie Modern Warfare 3 soll das werden, sollen extra mit dem US -Militär dafür zusammengearbeitet haben. Habe es mir gleich vorbestellt. Die amerikanische Version. Die kommt früher.« Matze holt Luft, verströmt einen bitteren Geruch. » Allied Assault ist ein gutes Ding, Jan hat erzählt, du steckst voll drinnen, hat er erzählt, wie früher, weißt du noch, im Clan und so. Gibt’s den noch? Ich mach mit, wenn du willst. Du bist auf dem HaVoK-Server , oder? Du hast doch Zeit, oder? Ich meine, bis nach den Sommerferien Minimum, oder? Das ist doch geil, ich meine, wenn du wie damals so einen Clan aufbauen könntest, mit der Zeit, die du hast, so einen Revival-Clan. Hey, oder, das ist doch die Idee: Der Revival-Clan, die, verstehst du, die alle überlebt haben, nicht auf der Wii U oder so einem Müll abhängen, noch die guten alten Ego-Shooter spielen, weißt du, wo du echt noch üben musst, wo noch richtig Skill zählt, wo du am Anfang echt der Anfänger bist, der Meganoob.«
    »Was ist denn da draußen?«, unterbricht ihn Till und zeigt in den dunklen Garten.
    »Was, wo denn?«
    »Siehst du’s nicht, Matze, bist du blind?«
    Matze kneift die Augen zusammen. »Nee, ich sehe nichts. Was denn, Till?«
    »Sind das Hyazinthen?«
    Im Keller wird Bong geraucht. Der Kellerboden ist mit Teppich ausgelegt, viele bequeme Sessel, ein großer Fernseher mit der Wand verschraubt. Die Heizung ist mit einer Decke umwickelt. Till sitzt auf dem Teppich und fixiert den Flachbildschirm. Sein Kopf ist schwer, leicht nach links geneigt. Sein Mund ist trocken, er fühlt mit der Zunge die Zahnreihen ab, drückt sie an den Gaumen. Es läuft ein Film aus den Achtzigern: Zwei Trucker jagen mit wehenden Vokuhila-Frisuren einen schwarzen Gangster in Rockermontur durchs Land. Der Gangster soll irgendjemanden entführt haben. Alle lachen, weil er vor lauter Muskeln kaum durch die Tür passt. Keiner weiß genau, wen er überhaupt entführt haben soll.
    Ab und zu steht einer auf, stopft sich ein Köpfchen, saugt an der Bong. Moritz ist fürs Gras zuständig. Er bekommt als Einziger keine roten Augen mehr. »Habt ihr gehört«, sein Mund ist so trocken, dass er bei jeder Silbe schmatzt, »T rülie ist ’ne Mandarine.«
    »Wer ist Trülie?«, fragt Sarah, die wie aus dem Nichts aufgetaucht ist und permanent ihre Haare um die Finger wickelt.
    »T rülie ist ’ne Mandarine«, sagt Moritz, »der hat Panik, von Leuten geschält zu werden.«
    »Bringt Trülie noch etwas zum Quarzen mit?«, fragt ein Junge am Computer, den Till erst jetzt bemerkt.
    »Das ist doch krass«, setzt Moritz an, »sich wie ’ne Mandarine zu fühlen, ich meine, wenn das deine Haut ist, die Mandarine, und du Panik hast, dass einer herkommt und sie abzieht, so von oben nach unten, und anfängt reinzubeißen und der ganze Saft rumspritzt. Oder wenn du selber reinbeißt, weil dir so Mandarinen echt schmecken, dich selber anbeißen möchtest, dir den Finger wie so ’nen Schokoriegel in den Mund schiebst.«
    »Du bist voll stressig«, sagt Sarah und richtet sich mühselig auf, um einen Schluck aus der Wasserflasche zu nehmen. »Oberstressig.« Sie sucht nach etwas, fährt mit der Hand in die Sofaritze, dreht die Gegenstände auf dem Tisch um, tastet den Boden unter dem Sofa ab, steht auf, dreht sich um die eigene Achse.
    »Was geht, hat dich die Hornisse gestochen?« Alle lachen, der Junge am Computer kommt aus dem Kichern nicht heraus.
    »Nee, ich suche.« Sarah lupft den Teppich an.
    »Den Deckel oder was?« Moritz grinst.
    »Woher weißt du das?«
    »Du hast ihn in der Hand.«
    Till liegt auf dem Boden, die Decke ist sehr nah. Er fühlt sich, als hingen Steine an ihm, die ihn durch den Boden ins Erdinnere ziehen wollen, hoffentlich weg von der erdrückenden

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