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Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition)

Titel: Hilf mir, Jacques Cousteau: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gil Adamson
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einen langen, mit Schnörkeln und Zeichen bedeckten Papierstreifen herausgezogen, Aufzeichnungen über das Wetter und die Sterne. Er hatte den Streifen an die Decke gehängt wie eine Partydekoration. Bishop behauptet, er habe ein R-Gespräch mit der NASA geführt, und am nächsten Abend seien Männer in schwarzen Anzügen gekommen, seien wie eine Invasion vom Mars durch die Stadt marschiert und hätten alles geholt, bis zur letzten Schraube. Die Party war vorbei. Bishop stand unter Bäumen mit funkelnden Lichterketten, bedauerte seinen Anruf, blickte zu den Sternen hoch und stellte sich einen Satelliten vor, der mit seinem kostbaren Flugschreiber durch die Atmosphäre glühte, die Nadeln in Aufruhr, jeden der Feuermomente aufzeichnend.
    Man gewinnt ihn lieb, meinen Onkel, besonders wenn man klein ist und eine Gutenachtgeschichte braucht. Er hat eine bestimmte Art, die Welt zu sehen – vor allem als etwas, das um ihn als Mittelpunkt kreist. Bishop ist in die Möglichkeiten verliebt, die das Leben bereithält. Aber irgendwann geht das seinen Freundinnen auf die Nerven.
    Am Abend des Montags, an dem ihn die letzte Auntie verließ, ging Bishop in die Stadt, immer die Eisenbahngleise am Fluss entlang. Der fahle Fluss und der Silberstrang der Eisenbahn durchqueren hier nebeneinander die Berge. Zwei Linien, die das dunkle Tal nachzeichnen, die eine glatt, von Menschenhand gemacht, die andere unregelmäßig, von der Natur geschaffen. Bishop ging im Mondlicht die Gleise entlang wie ein Kind auf einer Mauer, ging in die Stadt mit dem festen Vorsatz, zu viel zu trinken.
    Er erinnert sich nicht genau, wie es dazu gekommen ist, aber weit nach Mitternacht wurde er zusammengeschlagen und in den Fluss geworfen. Mein Vater versichert uns, dass Bishop eine echte Landplage sein kann. Er trieb mit dem Gesicht nach oben dahin wie ein Kanu, durch die geschwollenen Lippen ein Kirchenlied brummend und mit schwachen Händen paddelnd wie einer, dem das Leben schon entgleitet. Der Morgen graute bereits, als er anlandete, kaum eine Meile von seinem Haus entfernt. Zwei Jungen liefen zum Ufer und luden Bishop in ihre Schubkarre. Sie fuhren ihn wie eine Trophäe zu ihrer Mutter, aber die sagte, Bishop müsse zu sich nach Hause, also karrten sie ihn dorthin, einen baumbestandenen Weg entlang, ein Junge an jedem Griff. Bishop trat nach ihnen und fluchte in allen Sprachen, die er gelernt hatte, und die Jungen fürchteten sich vor seinem geifernden Mund und seinem schlammverkrusteten Bart. Sie kippten ihn wie ein Fuder Holz in seinen Hof und rannten nach Hause, dass die Schubkarre in den Furchen sprang.
    In Bombay hatte Bishop sich als junger Mann, die müden Arme auf einen Karton Seife gestützt, in der Küche eines Luxusdampfers aus dem Bullauge gebeugt und dem eigenartigen, monotonen Summen gelauscht, das aus der Stadt kam. Es weckte seine Neugier, dieses Geräusch; es hatte keinen mechanischen Ursprung, war auch nicht der Wind; ein solches Geräusch hatte er noch nie gehört. Und dann machte er in seiner Fantasie menschliche Stimmen aus, Zehntausende menschlicher Stimmen, die von Märkten und Straßen zu ihm übers Wasser drangen, sich in den Hafen ergossen. Wenn Andrew und ich einen Globus betrachten, stellen wir uns – unter uns – Indien als Geräusch vor. Die Stimmen begleiteten Bishop, als er weiterarbeitete, und lärmten in seinem Kopf, als er im frühnachmittäglichen Schatten döste. Bishop, wie er im Hafen von Bombay schläft. Bishop, wie er im Uferschlamm des Flusses schläft und die Stimmen zweier Kinder hört.
    Mitternacht ist längst vorüber, und ich sollte eigentlich schlafen. Ich habe auch geschlafen, bis ich draußen unser Auto hörte. Da wusste ich, dass mein Vater wieder zu Hause ist. Er hat Bishop besucht. Meine Mutter findet es unheimlich, was ich durch Wände, Türen, über große Entfernungen alles höre. Jetzt schlummere ich wieder halb ein, und als mein Vater die Treppe hochkommt, setze ich, was ich höre, zu einem Bild von ihm zusammen; er hat den Mantel über die Schulter gelegt, seine Schultern sind gebeugt. Ich höre meine Eltern in ihrem Schlafzimmer über Bishop reden, über die Aunties, über einen Topf, über Hunde, über Bier.
    Bishop wird selbst zur Geschichte:
    Ich stelle mir vor, dass es schon dämmerte, als Dad bei Bishop ankam; Dampf stieg vom Kühler hoch, und Dad machte sein »Nicht schon wieder«-Gesicht. Bishop, munter und vergnügt, winkte zur Begrüßung. Er sah aus wie der König der Schlammsippe,

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