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Hilfe, die Googles kommen!

Hilfe, die Googles kommen!

Titel: Hilfe, die Googles kommen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Mann
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Anwendung. Nicht selten googelt man heute den potentiellen Geschlechts- oder Lebenspartner vor dem ersten Date und macht damit einen klassischen Backgroundcheck, wie man ihn von Geheim- oder Nachrichtendiensten kennt.
    Gibt es anzügliche Fotos von ihm oder ihr? War sie mal Stan gentänzerin im »Tanzvulkan Magma«, wegen Heiratsschwindel im Knast oder gar Callcenter-Mitarbeiterin bei 1&1? Ist er Pitbullzüchter in Schwerin, Abmahnanwalt für Ed Hardy oder nächste Woche zu Gast beim »Supertalent«, weil er auf den Hoden pfeifen kann – den Hoden seines Pitbulls?
    Google gibt also selbst Antworten auf Fragen, die man niemals gestellt hat. Die dunklen Schatten der Vergangenheit fallen auf die aktuellen Suchergebnisse, und so lassen sich weder eine Mitgliedschaft in der Jungen Union noch in der Flatulenz-Selbsthilfegruppe verschweigen.
    All das kann man heute ganz bequem schon in der Beziehungsanbahnung sondieren und bewerten. Theoretisch muss man sich also gar nicht mehr im herkömmlichen Sinne kennenlernen. Es reicht, die Namen auszutauschen – so sind Romanzen viel effizienter zu planen. Vom Lieblingsessen über mögliche Gesprächsthemen bis hin zu sexuellen Vorlieben lässt sich mit einer cleveren Onlinerecherche ein Fahrplan für das Techtelmechtel, quasi eine Agenda für die Liebe erstellen.
    Hat der oder die Zukünftige Tabu- oder Reizthemen? Es reicht, wenn man einen alten, kritischen Blogeintrag der Angebeteten zu Stuttgart 21 findet, um zu wissen, dass Witzchen über protestierende Schwaben, Baugroßprojekte und die Deutsche Bahn mit Bedacht gemacht werden sollten. Verläuft das Date trotz aller Vorbereitung unbefriedigend, reicht eine Bemerkung wie »Nimm’s nicht persönlich, aber du siehst aus, als hätten sie dir bei ’ner Demo die Augen rausgespritzt«, um das unliebsame Treffen zwar nicht schmerzfrei, dafür aber flugs zu beenden.
    Taucht der potentielle Partner in einer Fotoserie der Wochenend-Amateurgruppe »Lateinamerikanische Tänze Wupper­tal e. V.« auf, kann eine Bemerkung wie »Mein Becken zwingt mich förmlich dazu, jetzt Merengue tanzen zu gehen« auf direktem Weg zu Verlobung, Heirat und Kindern führen. Hat man die Amazon-Wunschliste seines Dates gefunden, kann man sogar mit dem Gastgeschenk nicht mehr falschliegen. Dank Google sind die Tage gezählt, an denen man Sätze wie »Ich hoffe, du magst Setzkastenfiguren« sprechen musste. Selbstbewusst kann man stattdessen sagen: »Hier ist der Klapp­spaten, den du dir schon immer gewünscht hast. Habe ich von deiner Liste weggekauft.«
    Hoffnungslose Romantiker werden jetzt möglicherweise ein Hohelied auf das Geheimnisvolle, das Unbekannte im Partner singen, das einer Beziehung erst den nötigen Pep gibt. Nun ja, für den einen ist es ein Geheimnis, für den anderen vielleicht eine böse Überraschung.
    Wir leben in einer Welt, in der es mittlerweile eine Binsen weisheit ist, dass wir weder Natur noch Wirtschaft wirksam be einflussen können. Wie schön ist es dann zu wissen, welches Wesen und welche wirtschaftlichen Verhältnisse uns in der mittel- bis langfristigen Beziehung erwarten. Wo man heute für jede Videotheksmitgliedskarte Grundstücke als Sicherheiten vorweisen muss, ermöglicht Google uns nichts weniger als die Schufa-Abfrage der Liebe.
    Auch Wartung und Pflege einer Beziehung werden ungemein erleichtert. Wie steht es um unsere Ehe? Kann man googeln. Hat der Partner nämlich ein Profil bei neu.de, sollte man sich einen guten Scheidungsanwalt suchen.
    So weit muss es aber nicht kommen: Oftmals reicht ein Blick in die Google-Statistik des Gefährten, um aktuelle Bedürfnisse und Probleme ausmachen zu können. Diese kleine Liste von kürzlich verwendeten Suchbegriffen hat eine größere Aussagekraft als jeder tabellarische Lebenslauf. Hat der Ehepartner nach » BDSM « und »günstige Reitpeitschen« gesucht, sollte man nicht verzagen, sondern den Heizungskeller für ein schwarzes Lederkreuz und die dazu passende Streckbank freiräumen. Findet der Gatte in der Google-Chronik der Liebsten »fruchtbare Tage berechnen« oder »Folsäure«, wird es allerhöchste Zeit, die Familienplanung zu thematisieren.
    Wo einst bedeutungsvolles Schweigen zwischen zwei Partnern herrschte, das es zu interpretieren galt, verkürzt Google die Reaktionszeit auf die sonst so geheimen Signale:
    »Nein, nein …« (Tiefer Seufzer und sorgenvoller Blick gen ­Horizont.)
    Warum noch rätseln und raten, wenn man googeln kann, was mit Schatzi los ist?
    Was

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