Hilfe, die Googles kommen!
machen einen auch 61 Millionen Ergebnisse für »Krieg«, bei 30 Millionen für »Frieden«. Dennoch ist mein Glaube an die Menschheit noch nicht verloren, weil »Liebe« mit 308 Millionen alles in den Sack steckt. Gut, nicht alles: »Sex« erigiert sich mit 3 Milliarden Hits an die Spitze und ist damit online deutlich leichter zu finden als offline. Irgendwie tragisch.
Zeig mir, was du googelst,
und ich sage dir, wer du bist
Wenn man eine Zeitlang intensiv Wörter und Namen in Googles Allerheiligstes getippt hat, fällt einem auf: Google weiß nicht nur alles besser – es ist sogar mitunter ein unangenehmer Besserwisser! Während man versucht, mit den richtigen Suchbegriffen der Antwort auf seine Fragen näher zu kommen, schlägt uns der Internet-Klugscheißer ständig Begriffe vor, die unsere Suche vervollständigen beziehungsweise verbessern sollen. Dieser Dienst heißt Google Instant.
Möchte man zum Beispiel zwecks Eliminierung eines morschen Baums im Vorgarten »Motorsäge« 78 recherchieren, spuckt uns Google, je nachdem, wie weit man mit dem Tippen vorangeschritten ist, unzählige Vorschläge auf den Bildschirm, die wir doch bitte gefälligst annehmen sollen. Man tippt »M« und schon legt Google wie ein Streber aus der ersten Bank los und ruft rein: »M? Was meinst du? Mobile? Maps? Media Markt?« Bei »Mo« sprudelt es weiter aus dem Ehrgeizling heraus: »Mo also! Dann meinst du Mobile. Hab ich doch gesagt. Nein? Also vielleicht Motorola? Oder Mobilcom?«
Dieses Spielchen setzt sich fort, bis man »Motorsä« eingetippt und Vorschläge wie »Moto GP«, »Motel«, »Motorrad«, »Motosport« ignoriert hat. Dann weiß auch Google, dass es um »Motorsägen« geht, gibt sich aber keinesfalls geschlagen – im Gegenteil: Unverschämt entmündigt es den Suchenden, indem nicht »Motorsägen kaufen«, sondern »Motorsägenkurs« und kausal stimmig »Motorsägenschein« vorgeschlagen wird. Gerade so, als wolle es sagen: »Du glaubst doch nicht, dass du einfach so in deinem Garten rumsägen kannst! Mach erstmal ne Prüfung, du Vogel!« Man wartet förmlich auf eine Mail vom Google-Suchcenter, die uns mitteilt: »So lange du deine Suche unter unserem System ausführst, bleibt der Baum stehen!«
Bei Google zu suchen, fühlt sich an wie die unangenehme Mischung aus den Gesprächen mit einem hyperaktiven Wunderkind und dem eigenen Vater. Manch einer mag die Vorschläge von Papa Google sogar als praktisch empfinden, oder zumindest als leicht links liegen zu lassen. Ich kann jedoch das Praktische nicht erkennen, wenn mir auf der Suche nach »Posaune« zuerst die Vorschläge »Pro 7« und dann »Postbank« oder »Poster« entgegengeschmettert werden. Auch die Sache mit dem »links liegen lassen« ist häufig leichter gesagt als getan, wenn einem auf der Suche nach einem guten Dressing für Eisbergsalat zunächst imposante Bilder aus der Arktis oder erschreckende Artikel über das Abschmelzen der Polkappen feilgeboten werden.
Es gibt aber ein simples Rezept, wie man sich dagegen schützen kann. Genauso, wie man stets streng nach Liste und auf keinen Fall hungrig einkaufen sollte, muss man bei Google das Suchziel beherrscht und entschieden im Auge behalten. Sonst endet man so wie ich: im Stuhlkreis beim Motorsägenkurs der örtlichen Volkshochschule.
Fairerweise muss man allerdings zugeben, dass die Google-Vorschläge nicht von ungefähr kommen, sondern die meisten Menschen, die diesen oder jenen Suchbegriff eingegeben haben, letztlich auch nach dem von Google Instant vorhergesagten Begriff suchten. Es ist eben alles Statistik – »It’s an algorithm, baby!« Gibt jemand »Mot« ein, sucht dieser Jemand in der Regel eben nach »Motorrad« oder »Moto GP«, und nicht nach »Motorsäge«.
Interessant wird die ganze Sache dann, wenn die Suche nach Personen des öffentlichen Lebens durch Vorschläge konkretisiert wird. Gibt man zum Beispiel »Angela Merkel« in die Suchleiste ein, spuckt Google die Vorschläge »Angela Merkel Lebenslauf« und »Angela Merkel Steckbrief« aus, was bedeutet, dass sehr viele Menschen genau danach im Zusammenhang mit der Kanzlerin gesucht haben.
Wenn man schon nicht weiß, wo sie politisch hinwill, erfährt man so zumindest mal, wo sie herkommt.
Indem Google Instant sich aus den Suchanfragen der Googelnden nährt, kommt zum Vorschein, wie verdorben und schamlos das Volk im Internet sucht.
»Joachim Löw« wird bei Google zu »Joachim Löw schwul« und gar »Joachim Löw Frau«.
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