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Hilfe, die Googles kommen!

Hilfe, die Googles kommen!

Titel: Hilfe, die Googles kommen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Mann
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»Eibe«. Aber wieso zur Hölle sollte ich gerade jetzt »Eibe« schreiben wollen – und was ist das überhaupt? 137 Auf welcher Basis hat die Rechtschreib­korrektur diese Veränderung vorgenommen? Statistik? Tippen tatsächlich überproportional viele Menschen eher »Eibe« statt »eine« in ihr Telefon? Sind Giftpflanzen so wichtig? Vielleicht sind ja viele Hexen unter den Handybesitzern, bei denen die SMS »Brauche noch Eibe und Mäuseherzen« beim ­täglichen Einkauf für den Zaubertrank zur Normalität gehören.
    Es wird mir auf ewig ein Mysterium bleiben.
    Ebenso wie die Tatsache, dass ich manchmal »Sorry« schreiben möchte, was mein Handy wie selbstverständlich zu »Rossi« verändert. ROSSI ! Mittlerweile lasse ich das dann einfach so stehen und schicke es ab, woraufhin der Empfänger wahrscheinlich ziemlich verwirrt ist und denkt: »Komisch, ich kenn zwar keinen Rossi, aber immerhin hat er sich gerade bei mir entschuldigt.«
    Oh, wie schön wäre es doch, wenn man SMS schreiben könnte, in denen Wörter vorkommen wie »behuf« oder »spornstreichs«:
    »Oh Liebling, ich will spornstreichs nach Hause zurückkehren, um behuf meiner Aufgabe als Ehegatte dich zu liebkosen. Ich will eilen und flugs«
    »Meinten Sie ›Fuchs‹?«
    » NEIN ! flugs nach Hause kommen, auf dass ich mir nicht deine Unbill zuziehe.«
    Spätestens bei »Unbill« würde sich das Telefon wahrscheinlich komplett aufhängen, 138 deswegen schreibt man eben nur: »Bin gleich da. Brauche noch Eibe. Rossi!«
    Frei nach Rainer Werner Fassbinder kann man sagen: »Technik essen Wörter auf.«
    Ganz abgesehen von den ignoranten Korrektursystemen unserer Handys, die die Pracht der deutschen Sprache mit Verachtung strafen, ergreift die Technik noch an einer anderen Stelle Besitz von wunderschönen Wörtern. So werden wir beispielsweise mit Pins, Puks und Tans zugeschissen. Diese an sich schönen Begriffe wurden phonetische Opfer einer feindlichen Übernahme durch die Software-Industrie. Hach, was waren das noch für selige Zeiten, als ein Pin noch ein Anstecker, Puck eine Stubenfliege und ein Tann ein Nadelwald war!
    Ich bin ungern der spießige Mahner, aber das Verständnis für unsere Sprache geht mit der Rundumbetreuung und übertriebenen Fürsorge durch Software flöten. Ohne die Rechtschreibprüfung bei Word kann kaum noch jemand einen korrekten Satz schreiben. Schlimm ist das vor allem dann, wenn das Word mal plötzlich weg ist, wie bei meiner Mutter. Ich behaupte, dass sich die Software manchmal sogar einen Scherz mit uns erlaubt. Nehmen wir zum Beispiel die Grammatikprüfung im Textverarbeitungsprogramm, die falsche Satzstrukturen grün unterstreicht. Ich gestehe, dass ich in solchen Fällen manchmal stundenlang davorsitze und den Fehler suche – vergeblich. Wahrscheinlich ist das in Wirklichkeit ein Zufallsgenerator, und die Programmierer bei Microsoft lachen sich ins Fäustchen.
    Um in Zukunft gegen dieses Dilemma besser gewappnet zu sein, mache ich eine ziemlich radikale Analogtherapie und schreibe an einigen Tagen im Monat nur handschriftliche Dokumente und Notizen, die ich dann später abtippe und in mein Computersystem übertrage. Das ist mitunter schockierend, weil ich
    a) meine Wörter selber ergänzen muss,
    b) die Grammatik stets mit mittelguter Trefferquote errate und
    c) wegen meiner untrainierten Sauklaue meist hinterher nicht mehr weiß, was ich geschrieben habe.
    Die schriftliche Kommunikation befindet sich also in einem instabilen Zustand zwischen Hoffnung und Fegefeuer. Wie gut, dass auch die technische Entwicklung in Sachen mündlicher Kommunikation nicht stehen geblieben ist, oder?
    Facetime mit dem andalusischen Hund
    Wenn man sich wirklich sicher sein möchte, mit wem man es am anderen Ende der Leitung zu tun hat, und gleichzeitig Herr seiner Worte bleiben will, ist der Videochat das Mittel der Wahl – zumindest dann, wenn man sich ums Verrecken nicht persönlich treffen kann oder möchte. Bildtelefonie fasziniert die Menschen schon seit Jahrzehnten. Man kennt das ja aus zahllosen Science-Fiction-Filmen, von »2001« über »1984« bis hin zu »Total Recall«.
    Bei aller Begeisterung hat man wohl übersehen, dass es sich bei diesen Filmen um Dystopien handelt, in denen die Menschheit nicht zuletzt durch Technik und Fortschritt vor die Hunde geht. Ich habe im Laufe meines Computerlebens sämtliche Arten von Videochats benutzt beziehungsweise durch­litten – von klobigen Kugelkameras, die wie bösartige

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