Hill, Susan
haben Frauen in deinem Alter oft.«
»Zynikerin. Hinterher ging’s mir fantastisch.«
»Dagegen ist nichts einzuwenden.«
»Ich führe ein Tagebuch.«
»Über das, was du unternimmst, oder schreibst du auch deine Gefühle auf?«
»Alles. Sonst hat es keinen Zweck. Ich muss ehrlich mit mir sein, Cat.«
»Und was kommt als Nächstes?«
»Am Mittwochmorgen hab ich einen weiteren Termin bei meiner Geistheilerin. Das ist bisher wirklich das Beste. Ich komme da raus und habe das Gefühl, den Mount Everest besteigen zu können, gleichzeitig fühle ich mich sehr ruhig und ausgeglichen.«
»Darf ich dir einen Vorschlag machen?«
»Dafür bist du da, du bist meine Ärztin.«
»Ich finde, du solltest eine weitere Kernspintomographie vornehmen lassen.«
»Warum?«
»Ich möchte sehen, was tatsächlich passiert … im Vergleich zu dem, wie du dich fühlst.«
»Darüber muss ich erst nachdenken.«
Cat seufzte. Sie hielt sich so weit zurück, wie sie es wagte, blieb so aufgeschlossen, wie sie es für beruflich vertretbar hielt, aber ihre Befürchtungen nahmen täglich zu. Karin sah gut aus und fühlte sich gut. Cat musste wissen, was mit dem Krebs passierte.
»Findest du das fair?«
»Wem gegenüber?«
»Na ja, mir. Ich lass dir sehr viel Spielraum, Karin.«
»Ich brauche nur noch ein bisschen länger.«
»Wovor hast du Angst?«
»Was?«
»Entschuldige, Karin – das ist mir so rausgerutscht.«
»Du glaubst, ich hätte Angst davor, mich mit dem, was du ›Fakten‹ nennst, auseinander zu setzen.«
»Ich kenne die Fakten erst, wenn wir sie erfahren.«
»Jetzt noch nicht.«
Cat zögerte, beschloss dann, sie vorerst nicht zu drängen.
»Okay, und was kommt als Nächstes? Fengshui?«
»Der Psychochirurg.«
»Nein, Karin, absolut nein.«
»Hör zu, dabei geht es nicht um mich. Ich glaube nicht daran, halte es für einen Trick und finde, dass man ihm möglicherweise Einhalt gebieten muss, aber momentan haben wir nichts als Gerüchte. Jemand muss da hingehen, es rausfinden und mit einem vernünftigen Bericht zurückkommen. Damit tue ich allen einen Gefallen.«
»Dann komme ich mit. Ich will auch wissen, was da vor sich geht. Ich verstehe, worauf du hinauswillst, und vielleicht könntest du als Versuchskaninchen dienen. Aber du bist verletzlich.«
»Der Termin ist am Donnerstagmorgen um Viertel nach zehn. Da hast du Sprechstunde.«
»Ja, und Chris gibt Unterricht im Kreiskrankenhaus. Verdammt. Na gut, aber wenn dir irgendwas unheimlich vorkommt, hau sofort da ab. Hier geht es nicht um Duftkerzen.«
»Ich weiß.«
»Übrigens, hat meine Mutter dich angerufen?«
»Wegen der Dinnerparty? Ja, hat sie, und wir gehen hin.«
»Hervorragend.«
»Wer wird sonst noch da sein?«
»Wir, Nick Haydn, Aidan Sharpe und ein recht attraktiver weiblicher Detective Sergeant, der mit Si zusammenarbeitet. Vielleicht auch David Lester, aber das ist noch nicht sicher. Ein bisschen Tuttifrutti, aber du kennst ja meine Mutter. Ich glaube, sie will sich als Kupplerin betätigen.«
»Oder Spenden sammeln oder eine Hilfsmannschaft für den Krankenhausbasar rekrutieren.«
»Oder einfach nur Dad auf die Palme bringen. Es wird ihm natürlich total gegen den Strich gehen.«
»Das scheint sie nie zu bemerken.«
»Oh, sie bemerkt es schon. Aber sie marschiert einfach unbeirrt weiter. Das ist ihre Art, damit fertig zu werden.«
»Bis dahin bin ich natürlich schon psychisch operiert.«
»Gott, damit erstickst du jede Unterhaltung im Keim. Und, Karin …«
»Ich weiß, ich weiß.«
»Die Tomographie. Hier spricht deine Ärztin.«
»Wiedersehen, Cat.«
Karin war am folgenden Donnerstagmorgen um halb zehn in Starly. Es war ein Tag, an dem sich jeder besser fühlen musste, hatte sie gedacht, während sie über die Landstraßen fuhr, an Hecken vorbei, die mit weißen Schwarzdornblüten gesprenkelt waren. Sie war entschlossen gewesen, ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen, entschlossen und positiv. Sie glaubte an das, was sie tat. Trotzdem, im Dunkeln der Nacht kamen ihr Zweifel, wenn sie sich vorstellte, wie sich der Krebs in sie hineinfraß. Dann fragte sie sich, was sie sich dabei gedacht hatte, Cats Ratschläge und bewährte medizinische Behandlung abzulehnen, und Furcht ergriff sie, dass es durch die Verzögerung für jede Hilfe zu spät war. Aber am Tage, wenn sie Bücher so voller Wunder und Erfolgsgeschichten las, so überschäumend vor Optimismus und Selbstvertrauen, und sich ihre Kassetten anhörte, die sie in
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