Hill, Susan
Sphären der Schönheit und Ruhe und lebensprühender Gesundheit versetzten, veränderte sich alles; die nächtlichen Ängste zogen sich in ihre Winkel zurück, und sie fühlte sich wieder fit und selbstsicher.
Genauso erging es ihr jetzt, als sie auf den Parkplatz hinter dem Markt von Starly bog. Es war still, die Sonne überzog die Baumstämme mit zitronengelbem Licht, und eine Mutter mit einem lachenden, hüpfenden Kleinkind und einem Säugling im Tragegurt ging vorbei; Karin und sie wechselten ein paar Bemerkungen über das frühlingshafte Wetter, und das Kind blies einen Strom von Seifenblasen durch ein Röhrchen, das es in eine Flüssigkeit getaucht hatte. Die Seifenblasen schwebten hoch, schimmerten in irisierenden Regenbogenfarben.
Karin ging den Hügel hinunter, schaute in Schaufenster, in denen Traumfänger, Gläser mit Biohonig und kleine Kristalle ausgestellt waren. Einer der Kristalle, ein rosafarbener Quarz, der wie verfestigte Rosenblätter aussah, fiel ihr ins Auge; sie fühlte sich magisch davon angezogen. Sie kaufte ihn für fünf Pfund, und als sie das Päckchen in ihre Handtasche steckte, spürte sie, wie sich ihre Stimmung hob.
Sie kaufte eine Zeitung und nahm sie mit in das Biocafé, um sie bei einem Glas selbst gemachter Limonade zu lesen. »Wenn dir das Leben Limonen schenkt, mach Limonade draus.« Das hatte sie, zusammen mit vielen anderen optimistischen Mottos, in einem ihrer amerikanischen Bücher gelesen, in dem ihr auch geraten wurde, sich in weißes Licht zu hüllen, sich ihr eigenes Goldgewand zu weben und jeden Morgen beim Aufwachen die Hand nach ihrem eigenen Regenbogen auszustrecken. Doch der Rat mit der Limonade gefiel ihr.
Sie schaute durch das Fenster des Cafés und fühlte sich gut. Das sagte sie sich. Sie fühlte sich glücklich und positiv und gut. Dessen war sie sich sicher. Doch sie war auch voller Befürchtungen wegen des vor ihr liegenden Termins. Reflexzonenmassage und Aromatherapie waren das eine, ein Psychochirurg aber etwas ganz anderes. Zur Beruhigung legte sie ihre rechte Hand um das Handy in ihrer Tasche.
Um zehn betrat sie das Haus am Fuße des Hügels, auf dessen Glastür in schwarzer Schrift »Praxis« stand; das Wort »Zahnarzt« war flüchtig weggekratzt worden. Was Karin, die eine Zahnarztphobie hatte, nicht gerade beruhigte.
»Guten Morgen. Haben Sie einen Termin?«
Die nicht mehr ganz junge Frau in einer kamelfarbenen Strickjacke hätte ebenso gut Sprechstundenhilfe in einer Praxis in der Harley Street sein können. Karin nannte ihren Namen.
»Ja, vielen Dank, Mrs McCafferty. Nehmen Sie doch bitte Platz. Dr. Groatman wird gleich bei Ihnen sein.«
»Wie bitte?«
Die Frau lächelte. »Dr. Groatman. Das ist der Name des Arztes, der durch Anthony Patienten behandelt.«
»Verstehe. Und ich nehme an, dass dieser Arzt …«
»Um 1830 in London gelebt hat.«
»Ah ja.«
Die Frau lächelte, bevor sie sich wieder ihrem Computer zuwandte.
»Haben Sie viele Patienten?«
»O ja, der Doktor ist auf Wochen ausgebucht. Die Leute kommen von weit her zur Behandlung.«
Karin griff nach einer Ausgabe von World Healing. Noch als sie den Umschlag betrachtete, öffnete sich eine Innentür und eine ältere Frau kam heraus, die verwirrt und ziemlich blass aussah.
»Mrs Cornwell? Bitte setzen Sie sich einen Augenblick, damit Sie die Orientierung wiederfinden. Ich hole Ihnen ein Glas Wasser.« Die Sprechstundenhilfe ging zu einem Wasserspender auf der anderen Seite des Raumes. »Es ist wichtig, dass Sie das trinken, Mrs Cornwell. Wie fühlen Sie sich?«
Die Frau zog ein Taschentuch heraus und wischte sich über das Gesicht. »Ein bisschen schwach.«
»Das ist normal. Trinken Sie das Wasser ganz langsam und stehen Sie nicht auf. Haben Sie irgendwelche Beschwerden?«
Die Frau sah überrascht hoch. »Nein. Habe ich nicht. Überhaupt nicht. Ist das nicht seltsam?«
Die Sprechstundenhilfe lächelte. »Das ist normal.«
Dann öffnete sich die Tür erneut, und ein Mann kam heraus und ging direkt zum Empfangstresen, ohne eine der Frauen anzusehen. Er war schmächtig, hatte sandfarbenes Haar und ein wenig bemerkenswertes Gesicht. Er gab etwas in den Computer ein, tippte mit zwei Fingern, schaute dann kurz in eine Mappe auf dem Schreibtisch, bevor er durch den Raum zurückging und die Tür hinter sich schloss. Alles war still. Mrs Cornwell trank von ihrem Wasser, wischte sich das Gesicht und sah immer noch verwirrt aus; die Sprechstundenhilfe wandte sich wieder ihrer
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