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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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fertig.«

    Simon Serrailler hörte ihr genauso aufmerksam zu wie jedem aus seinem Team – es war eine seiner besten Eigenschaften, dass er nie abweisend war, nie geringschätzig, selbst wenn er eine andere Ansicht vertrat. Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück, während Freya berichtete.
    »Keine offensichtlichen Verbindungen, so viel ist klar, aber es ist einfach eine zu viel.«
    »Finde ich auch. Mrs Chater war in Trauer, und das ist manchmal ein Grund dafür, warum Menschen verschwinden … Aber ich stimme Ihnen zu. Also, höchste Priorität … Haus-zu-Haus-Befragungen, Krankenhäuser und Bahnhöfe, Rundfunkdurchsage, und setzen Sie die Presse darauf an.«

36
    E s war nicht seine Schuld. Er war methodisch und vorsichtig, ließ sich Zeit und plante alles sorgfältig. Impulsive Handlungen hatte er nie gemocht und konnte sie sich momentan auch nicht leisten. Auf diese Weise wurden Fehler gemacht, und außerdem verachtete er diejenigen, die in Situationen hineinstolperten oder zuließen, dass sie von ihren Gefühlen überwältigt wurden und dadurch die Kontrolle über ihre Denkfähigkeit verloren, die töteten, weil ihr inneres Selbst in Aufruhr war und ihre Leidenschaften sie beherrschten. Solche Menschen mordeten, wenn sie betrunken waren oder unter Drogen standen. Solche Menschen brachten ihre Nachbarn um, weil sie wegen eines Streits über Lärmbelästigung in Zorn gerieten, oder ihre Frauen, aus einem flüchtigen Eifersuchtsanfall heraus, oder sie ermordeten Prostituierte in einem sexuellen Wutrausch. Er verachtete sie alle. Wenn er von ihnen las, wollte er, dass sie erwischt und bestraft wurden, und hätte der Polizei seine Dienste angeboten, falls das zu so einem Ergebnis beigetragen hätte.
    Also war es eindeutig nicht seine Schuld. Die Polizei hatte den Hügel abgesperrt und war überall herumgekrochen. Zuerst hatte die Öffentlichkeit keinen Zugang gehabt, danach hatten die Leute zu viel Angst, dorthin zu gehen, und wer konnte ihnen das verdenken?
    Aber es hatte seine Pläne durcheinander gebracht. Er hatte alles so gut ausgearbeitet, und alles war so gut gelaufen, doch jetzt gab es keinen Plan, und daher hatte er etwas getan, was er sich geschworen hatte, nie zu tun, und hatte impulsiv gehandelt, ohne Vorbereitung.
    Es schien erfolgreich gelaufen zu sein, aber er kam nicht zur Ruhe, war nicht zufrieden. Er war nervös, musste alles immer und immer wieder durchgehen, versuchte, einen Makel zu finden, den winzigen Fehler, der ihn ins Verderben stürzen könnte. Es schien keinen zu geben, und trotzdem kam er nicht zur Ruhe, konnte nicht schlafen, fühlte sich nicht, wie bisher jedes Mal, ruhig und überlegen. Er konnte es nicht genießen.

    Eigentlich hatte er an dem Abend gar nicht aus dem Haus gehen wollen. Er hatte Rechnungen bezahlt, Buchführung gemacht, seine Unterlagen für die Umsatzsteuer durchgeschaut, und im Zimmer war es stickig gewesen. Er hatte sich verkrampft gefühlt, wollte an die frische Luft. Er war zum Briefkasten gegangen, und die Luft hatte ihm tatsächlich gut getan, ihm den Kopf frei gemacht und ihn besänftigt. Irgendetwas roch neu, irgendetwas roch nach Frühling. Das hatte ihn erregt, und als er wieder zu Hause ankam, war er von einem ruhelosen Bedürfnis erfüllt, etwas zu tun, irgendwo hinzugehen, und die Ruhelosigkeit hatte sein Blut in Wallung gebracht.
    Der Kleinbus stand natürlich im Gewerbegebiet. Er hatte die Haustür abgeschlossen und seinen Wagen genommen, war langsam, ziellos durch die Straßen gefahren. Er wollte nirgends hin, hielt nach nichts Ausschau. Oder nach jemandem.
    Als er sie sah, passte plötzlich alles zusammen, das erkannte er sofort.
    Ältere Frau.
    Sie lehnte an einer Wand, als sei sie außer Atem. Jeder hätte sich um sie Sorgen machen und anhalten können, jeder gewissenhafte Passant. Als er aus dem Auto stieg, sackte sie seitwärts zusammen, auf das Pflaster neben der Wand. Die Straße war leer. Kein Fußgänger, kein Auto. In allen Häusern waren die Vorhänge zugezogen.
    Er beugte sich über sie. Sie hatte entweder einen Schlaganfall oder eine Herzattacke erlitten. Er kannte die Anzeichen. Doch als er sie aufrichtete, lebte sie noch – atmete kaum, war leichenblass, aber am Leben.
    Er hob sie hoch, öffnete die hintere Tür des Autos und sah, wie sie seitlich schwer auf den Sitz fiel.
    Er wusste nicht, in welchem Augenblick es passiert war. Er fuhr schnell, doch als er sein Gebäude im Gewerbegebiet erreicht hatte, war sie tot. Dann musste er

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