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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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konnte ich kaum glauben, dass sie so krank gewesen war. Sie ist ein fröhlicher Mensch und wirkt kerngesund. Ich hatte ihre Geschichte von jemandem gehört, der mir sagte, er kenne »eine Frau, die durch ein Wunder gerettet wurde«. Obwohl das keine alltägliche Behauptung ist, war ich natürlich misstrauisch. Wir haben alle traurige Geschichten über todkranke Menschen gehört, die glauben, sie seien durch konventionelle oder alternative Behandlung geheilt worden, nur um traurigerweise herauszufinden, dass es bloß eine vorübergehende Besserung war. Aber Glenda Wallers Geschichte faszinierte mich, nicht zuletzt, weil die Person, die, wie Mrs Waller behauptet, ein Wunder an ihr vollbracht hat, ein, gelinde gesagt, etwas außergewöhnlicher Heilkundler ist.
»Gehen Sie selbst zu ihm«, drängte mich Mrs Waller. »Skeptisch zu sein ist leicht. Der Himmel weiß, dass ich es auch war – skeptisch und voller Angst. Schließlich hört man die merkwürdigsten Dinge. Aber sobald ich Mr Orford kennen lernte, hatte ich das Gefühl, dass etwas Erstaunliches mit mir geschehen würde. Und so war es auch.«
Mit Glenda Wallers Worten im Ohr machte ich mich also auf in das Dorf am Starly Tor, sechs Meilen von Lafferton entfernt. Ich hatte einen Termin bei dem Mann, dessen richtiger Name Anthony Orford ist, der aber außerdem behauptet, Dr. Groatman zu sein.
Starly ist ein hübsches, dicht zusammengedrängtes Dorf mit steilen Gassen, die auf einen kleinen Marktplatz führen, an dem es ein paar Läden und Cafés für die Hunderte von Menschen gibt, die jedes Jahr herkommen, um sich von den zahlreichen alternativen und New-Age-Therapeuten behandeln zu lassen.
Die Kristalle und Räucherstäbchen, Perlen, Traumfänger und zweifelhaften Tränke, die es dort zu kaufen gibt, beeindruckten mich nicht, und einige der Therapeuten, die in jedem Schaufenster für sich werben, entlockten mir nur zynische Reaktionen … Traditionelle Chinesische Medizin, Traumheilung, Regressionen in ein früheres Leben, Blütentherapie … Dagegen wirken die gute alte Reflexzonenmassage und Aromatherapie regelrecht konventionell.
Aber wenn sie alle etwas übergeschnappt klangen, was war dann mit dem Mann, den ich gleich aufsuchen wollte? Was um alles in der Welt würde ich herausfinden? Hätte Glenda Waller ihn nicht so nachdrücklich empfohlen, wäre ich vielleicht umgekehrt und wieder nach Hause gefahren.
Stattdessen ging ich durch die steilen Straßen Starlys und klingelte an einer Tür, die so aussah, als führe sie in eine Zahnarztpraxis – was Mr Orfords Behandlungsräume vorher auch tatsächlich waren.
Mein erster Eindruck war, dass eine Menge Zahnärzte sich das eine oder andere von dem hellen und einladenden Empfangsbereich abschauen könnten, aus dessen hohen Fenstern man in einen gepflegten Garten schaut, sowie von der charmanten Sprechstundenhilfe Mrs Esme Cox, die bei Mr Orford arbeitet, seit er Ende vergangenen Jahres seine Praxis in Starly eröffnet hat.
»Die Menschen, die hier hereinkommen, wirken verängstigt und angespannt und natürlich oft krank«, erzählte sie mir, »und ich sehe sie mit neuer Zuversicht wieder gehen, mit federnden Schritten und einem Leuchten in den Augen. Ich höre von den wunderbaren Dingen, die Mr Orford getan hat, den Heilungen, den Wundern – ja, ich glaube wirklich, dass das Wort manchmal zutrifft –, und ich kann nur sagen, dass ich dankbar und voller Demut bin, für diesen bemerkenswerten Mann arbeiten zu dürfen.«
Man hätte sich denken können, dass sie so etwas sagen würde, nicht wahr? Also setzte ich mich, blätterte in den glänzenden neuen Zeitschriften und wartete auf den Arzt.
»Nein«, sagte er sofort, als er mir die Hand schüttelte, »so dürfen Sie mich nicht nennen. Ich bin kein Arzt.«
Anthony Orford ist ein ganz gewöhnlicher, nett aussehender Mann mittleren Alters mit gebildeter Stimme und einem Tweedjackett. An ihm ist also nichts Besorgniserregendes. Er führte mich in sein Behandlungszimmer, das im Halbdunkel lag – die Jalousien waren heruntergezogen – und nur eine Liege und eine Spüle mit Wasserhahn enthielt. Und einen großen Eimer. Alarmiert betrachtete ich den Eimer.
»Wir brauchen nicht hier drin zu bleiben«, sagte er. »Ich dachte nur, Sie würden gerne sehen, wo ich arbeite. Ganz profane Umgebung, wie Sie erkennen können.«
»Wie bei einem Zahnarzt ohne Instrumente.« Anscheinend konnte ich den Zahnarzt nicht aus meinen Gedanken vertreiben.
Als wir ins Wartezimmer

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