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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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zehn Minuten laufen, eine langweilige Strecke, die ich aber jeden Tag variieren konnte, indem ich eine Abkürzung nahm oder eine Seitenstraße durch verschiedene Wohngebiete. Sie glichen sich ziemlich, die Häuser waren groß, in unterschiedlichen Stilrichtungen und aus diversen Zeitperioden, und ich spekulierte gern über ihre Besitzer, fragte mich, welcher Beruf genug Gehalt einbrachte, um sich Aldine Lodge und Manor House und West End und The Poplars leisten zu können. An einem Haus hing das Messingschild eines Zahnarztes. Manchmal fuhren Leute heraus, wenn ich vorüberging, in großen, bequemen, teuren Autos, die zum Status ihrer Häuser passten.
Ich war nicht neidisch, obwohl ich gern irgendwo gewohnt hätte, wo es nicht so eng und schäbig war wie in dem möblierten Zimmer, auf das ich mich beschränken musste.
Aber ich wusste immer, dass es nur eine Unterkunft auf Zeit war, genau wie meine Arbeitsstellen auf Zeit waren, und dass mein wahres Leben und Schicksal irgendwo warteten, um von mir entdeckt zu werden. Ich verzweifelte nie und war deswegen nie deprimiert. Du wärst in dieser Zeit stolz auf mich gewesen, stolz auf die Tatsache, dass ich mich gut kleidete, auf meine Sachen und meinen Körper achtete und nie das Vertrauen in mich verlor.
Ich erinnere mich noch genau an den Morgen. Man behält die Tage im Gedächtnis, an denen das Schicksal zuschlägt. Nie habe ich den verzierten Rahmen eines der Fotos in dem Raum vergessen, wo ich vom Dekan der medizinischen Fakultät hinausgeworfen wurde. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich immer noch das dünne, verschlungene Band aus Goldfarbe vor mir.
Daher ist es nicht erstaunlich, dass ich mich an alles erinnere, was an dem Tag geschah, als ich durch die Spencer Avenue ging, eine der beiden langen, von Bäumen gesäumten Straßen, die mich auf einem leichten Umweg zu meinem Büro brachten. Die Häuser hatten meist Giebel und waren in nachgemachtem Tudor- oder echtem edwardianischen Stil erbaut, die Hecken, größtenteils Forsythien, in voller, gelber Blüte an diesem ziemlich feuchten, milden Frühlingsmorgen. Dir hätte die Spencer Avenue gefallen. Es war die Art Straße, in der du gern gewohnt hättest, obwohl du nie hoffen konntest, dir das Leben in solchen Häusern leisten zu können. Aber als ich ein Junge war und dich noch liebte, noch mit dir redete und dir Dinge erzählte, machten wir ähnliche Spaziergänge und ich zeigte dir Häuser, die ich für uns kaufen würde, wenn ich ein berühmter Arzt geworden wäre, und du würdest dann die Farbe der Vorhänge und die Büsche aussuchen, die du im Vorgarten pflanzen würdest.
Ich war früh dran. Das war ich immer. Unpünktlichkeit konnte ich nie ertragen, weder bei mir noch bei anderen. Ich brauchte mich nicht zu beeilen.
Es geschah, als ich zwei Drittel des Weges hinter mir hatte, auf der rechten Seite, der, auf der ich ging. Das Haus war imposant, wenn auch nicht sonderlich attraktiv. Es hatte schwarzweißes Fachwerk und in Blei gefasste Fenster, die es düster aussehen ließen. Es war groß, die Auffahrt sehr gepflegt, und rechts daneben stand ein Fliederbusch in voller Blüte. Es war das Schild am Torpfosten, das meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Noch ein Zahnarzt? Oder ein Gynäkologe mit einer großen Privatpraxis? Ein Psychiater? Ein Augenarzt?
Ich war verblüfft, als ich las, was in diesem Haus tatsächlich unter dem Namen »John F. L. Shinner« untergebracht war.
Darauf war ich noch nie gekommen, wusste nicht viel darüber, womit es zu tun hatte – damals gab es erst wenige von uns. Aber ich starrte das Schild mit einem Gefühl der Erleuchtung an. Ich brauchte mir Namen und Adresse nicht zu notieren, sie waren bereits in meinem Gedächtnis gespeichert.
Ich ging schneller, nicht weil ich mich verspätet hatte, sondern weil ich aufgeregt war. Ich sah, wie sich mein Leben vor mir öffnete. Ich würde mich ausbilden lassen, und ich würde praktizieren. Ich würde meinen Namen an einem Haus wie diesem haben, in einer von Bäumen gesäumten Straße. Es wäre einer medizinischen Praxis sehr ähnlich, und ich würde nur mir selbst gegenüber verantwortlich sein. Zum ersten Mal fand ich es schwer, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, und sobald es ein Uhr war, ging ich zum öffentlichen Telefon vor dem Postamt, suchte mir die Telefonnummer heraus und rief an, um einen Termin zu vereinbaren. Ich erklärte, dass ich keine Behandlung brauchte, sondern über die Möglichkeit sprechen wollte, mich in diesem

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