Hill, Susan
meiner Behandlung unterstützen.
»Für Komplementärtherapien gib es wenig Vorschriften«, erklärte mir Mr Shinner. »Jeder kann eine Praxis eröffnen, ohne Ausbildung und Qualifikationen. Würde jemand als Zahnarzt oder Orthopäde praktizieren, ohne Ausbildung und Qualifikationen? Natürlich nicht, doch es wird nichts unternommen, und die Öffentlichkeit kann hohen Risiken ausgesetzt werden. Unsere Disziplin ist alt und bewährt. Um eine Zulassung von unserem nationalen Institut zu erhalten, werden Sie viel lernen müssen. Sie werden sich anstrengen müssen und nie aufhören zu lernen, selbst nachdem Sie jahrelang praktiziert haben. Ich lerne täglich dazu. Und doch werden wir von der Schulmedizin missachtet, abgelehnt, mit Geringschätzung und Verachtung gestraft, vor Gericht verlacht. Sind diese Leute vielleicht bei unseren Operationen – Organentfernungen, Kaiserschnitten – dabei gewesen, durchgeführt an Patienten, die hellwach sind, reden, lachen und während des ganzen Vorgangs keine Schmerzen haben? Unsere Kritiker tun uns als Lügner ab. Aber natürlich ist der Großteil unserer Arbeit nicht so dramatisch. Wir helfen, wir geben Hoffnung, wir heilen manchmal vollständig, wir mindern Schmerzen, wir lindern chronische Symptome bei unheilbaren Krankheiten. Wir wirken auf Körper, Geist und Seele ein, wir berühren die tiefsten Teile der Psyche wie auch die oberflächlichsten Bereiche des Körpers.«
Er drehte sich mit seinem Stuhl herum und sah mich lange an, sein Blick stetig und eindringlich.
»Wie kommen Sie darauf, dass hierin Ihre Zukunft liegt?«
»Durch innere Überzeugung.«
»Hoffen Sie, dadurch reich zu werden?«
Ich lachte. »Ich erwarte nicht, Millionär zu werden.«
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
»Ich bin nicht hier, weil ich erwarte, ein Vermögen zu verdienen. Aber ich war arm und muss gestehen, dass es eine unerfreuliche Erfahrung war.«
Er schwieg, stand aber auf und ging zu seinem Schreibtisch, wo er einige Namen und Adressen aufschrieb.
»Lassen Sie sich Informationen schicken, finden Sie so viel wie möglich heraus. Diese Leute werden Ihnen Ratschläge geben. Erwähnen Sie meinen Namen. Aber wenn Sie Erfolg haben sollten, seien Sie auf Spott und Feindseligkeit gefasst. Können Sie damit umgehen?«
»Ja«, antwortete ich zuversichtlich. Es hat mich nie interessiert, was andere von mir halten.
Schließlich lieh er mir drei Bücher. »Wenn Sie die sorgfältig und aufmerksam gelesen und dann über das Gelesene nachgedacht haben, werden Sie Gewissheit erlangen. So oder so.«
Ich dankte ihm und erhob mich. Ich war begierig darauf, nach Hause zu kommen und mit dem Lesen zu beginnen, die erste Tür zu meinem zukünftigen Leben zu öffnen. Aber die Gewissheit hatte ich bereits.
39
S arge?«
»Hallo, Nathan, was hat sie Ihnen diesmal aufgetischt?«
»Schokoladenkuchen, für den man sterben könnte.«
»Und?«
»Das alte Mädchen war bei einem Medium. Wollte sich mit Harry in Verbindung setzen.«
»Warum hat uns die Nachbarin das nicht früher erzählt?«
»Sagte, es käme ihr wie eine Art Verrat vor, meinte, Mrs Chater würde nicht wollen, dass jeder Tom, Dick und Harry davon erfährt … na ja, dass Harry es erfuhr, schon, wenn Sie verstehen, nur …«
»Lassen Sie die blöden Witze.«
»Entschuldigung … also, Mrs Moss, die ich jetzt Pauline nennen soll …«
»… was Sie bestimmt auch tun.«
»Sie sagte, es sei alles eine Art Geheimnis …, sie hatte den Namen dieser Geisterbeschwörerin herausgefunden und ihn Mrs Chater gegeben, die sofort hinging und dann nichts mehr darüber sagte. Ich glaube, Pauline versucht sie vor allem zu beschützen, wissen Sie, damit sich keiner über Mrs Chater lustig macht.«
»Haben Sie den Namen erfahren?«
»Kommt noch.«
»Guter Junge. Übrigens, der DCI plant eine Rekonstruktion – Debbie Parker, die am frühen Morgen ihre Straße entlanggeht und dann den Rundweg um den Hügel einschlägt.«
»Wann?«
»Donnerstagmorgen. Sie suchen jetzt nach einem passenden Mädchen.«
»Wie wär’s mit Ihnen?«
»Ich muss zu dem Juwelier in Bevham … und ich will rauf nach Starly, um noch mal mit unserem Freund Dava zu sprechen, ihn richtig in die Mangel nehmen.«
»Moment mal, Sarge, was ist mit meinem Mittagessen?«
»Sie brauchen keines, Sie haben gerade einen halben Schokoladenkuchen verputzt.«
»Sarge! Seien Sie nicht so herzlos.«
»Okay, Sie können eine Tasse Löwenzahntee in dem Biocafé da oben trinken.«
Nathan
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