Hill, Susan
unter Graffham bekannt.«
»Gut. Miss Graffham … oder vielleicht Ms …«
»Freya?«
»Wunderbar. Auf Wiedersehen.« Sie hängte ein.
Die Wärme in der Stimme dieser Frau und ihr freundliches Willkommen gaben Freya das Gefühl, das man hat, wenn die Schuldirektorin einen auf dem Flur bemerkt oder der Chorleiter einen für den höchsten Ton lobt. Oder, dachte sie, wie das »Gut gemacht« des DI, wenn es einem gelang, Angela Randall zu finden.
Sie kehrte wieder zu ihren Kochbüchern zurück, die sie bei Mousse-au-Chocolat-Kuchen mit Cappuccino-Creme offen auf dem Sofa hatte liegen lassen.
In der nächsten Woche verbrachte Freya den größten Teil ihrer Freizeit mit Experimenten in der Küche, bis sie mit den Ergebnissen von mindestens einem halben Dutzend neuer Dessertrezepte zufrieden war. Bei der ersten Probe zum Kriegsrequiem wurden ihre Kenntnisse im Singen vom Blatt bis an die Grenzen getestet, und am Ende des Abends hatte sie fast keine Stimme mehr, aber das ganze Erlebnis war belebend gewesen, und danach ging sie noch mit einigen Chormitgliedern auf einen Drink in den Cross Keys Pub. Neue Namen und Telefonnummern begannen ihr Adressbuch zu füllen, sie entdeckte jemanden, der in einem Badmintonclub war und ihr anbot, sie in der nächsten Woche mitzunehmen, und sie nahm die Einladung zum Essen mit einer Frau namens Sharon Medcalf an, deren Auto nicht ansprang und die Freya nach Hause fuhr. Nach Lafferton zu ziehen sah allmählich wie eine der besten Entscheidungen aus, die sie je getroffen hatte. Seit Jahren war sie nicht mehr so zuversichtlich gewesen. Es war das außerordentliche Gefühl, eine zweite Chance zu bekommen, ihr Leben neu zu beginnen, das sie überraschte. So ähnlich muss es sein, dachte sie, wenn man um Haaresbreite dem Tod entronnen ist, vielleicht bei einem Unfall oder einer Krankheit. Eine neue Chance. Allmählich wurde ihr klar, wie eingesperrt sie in ihrer kurzen Ehe gewesen war, wie sehr es Don gelungen war, ihr Gefühl von Initiative und innerer Stärke zu unterdrücken. Sie war stets daran gewöhnt gewesen, sich nur auf sich selbst zu verlassen, ihre Beurteilungen und Entscheidungen selbst vorzunehmen, und obwohl sie nie auf unvorsichtige Weise impulsiv gewesen war, hatte sie seit langem auf ihre Ahnungen und Instinkte gehört, hatte rasch Entschlüsse gefasst und entsprechend gehandelt. Wenn dann etwas schief gegangen war, hatte sie bereitwillig die Verantwortung übernommen. Das hatte dazu beigetragen, sie zu einer guten Polizistin zu machen, und war der Grund, warum sie zur Kriminalpolizei befördert worden war.
Aber ihr unglückliches Privatleben hatte sich bald auf ihre Arbeit ausgewirkt. Sie hatte Fehler in der Einschätzung gemacht, hatte bei Dingen geschwankt, die sie sonst rasch geklärt hätte, und war, als das angemerkt wurde, in ein tiefes Tal aus Selbstvorwürfen und Unsicherheit gerutscht.
Jetzt kletterte sie mit großer Geschwindigkeit wieder heraus. Sie hatte Verbindung zu der Frau, die sie im Innersten immer gewesen war, und sie war entschlossen, in ihrem neuen Leben darauf zu bauen. Sie gewann Freunde, nahm die Fäden alter Begeisterung wieder auf, richtete sich ihr Haus genau so ein, wie sie es wollte, ohne auf jemand anderen Rücksicht nehmen zu müssen, verdiente ihr eigenes Geld. Sie hatte ihren beruflichen Ehrgeiz wiedergefunden. Sie mochte ihre Arbeit bei der Kriminalpolizei und wollte in den nächsten ein oder zwei Jahren noch die eine oder andere Beförderung erreichen.
Niemand, sagte sie sich, wird mich je wieder runterziehen und demoralisieren.
An ihrem nächsten freien Nachmittag kleidete sie sich in Bevham neu ein. Selbst ihre Garderobe, bis hin zu dem Paar teurer und völlig unpraktischer Schuhe, sollten die neue Freya Graffham widerspiegeln. Sie kam mit einem cremefarbenen Hosenanzug, zwei Pullovern und zwei neuen Jacketts für die Arbeit nach Hause, eins aus Wildleder, eins aus Denim, dazu drei Schals, zwischen denen sie sich nicht hatte entscheiden können, und einer scharlachroten Margret-Howell-Strickjacke aus Baumwolle. Don hatte es nicht gemocht, wenn sie, wie er es nannte, auffällige Kleidung trug. Wenn sie sich aus der Menge abhob, wenn man sie bewundert und ihr Komplimente gemacht hatte, war er voller Furcht gewesen, sie könnte von ihm abrücken, ihre alte Unabhängigkeit wiedergewinnen, also hatte er sie bestärkt, Unauffälliges in Grau und Beige und mit gedämpften Mustern zu tragen. Sie hatte ihn geliebt. Sie hatte versucht,
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