Hill, Susan
Drogenprobleme, die täglich größer zu werden scheinen … na ja, Sie kennen das ja. Aber ich wollte doch gerne wissen, wie es Ihnen geht, nachdem Sie jetzt ein paar Wochen bei uns sind.«
Sie sah ihn an und rasch wieder weg, richtete den Blick auf alles Mögliche, auf die Rückseite seines Bildschirms, das Gewirr der Kabel. Sie dachte, sie würde kein einziges Wort herausbringen, so geschwollen lag ihre Zunge in ihrem Mund.
»Mir geht’s gut, Sir. Es gefällt mir sehr gut hier.«
»Kommen Sie mit allen zurecht?«
»Sieht so aus.«
»Selbst mit Billy Cameron?«
Er lächelte, und das Lächeln war mehr, als sie ertragen konnte. Sie schaute auf den Schuh an ihrem rechten Fuß. Er war an der Spitze leicht abgestoßen. Sie sollte ihn putzen.
»Vielleicht ist das unfair. Billy ist von der alten Schule … raubeinig und barsch, aber er ist ein guter Detective.«
»Ich komme gut mit ihm aus.« Sag nicht dauernd »gut«. Lass dir ein anderes Wort einfallen. Du klingst dämlich.
»Er wird auf Ihrer Seite sein, Freya, er ist der loyalste Mensch, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Das sollten Sie wissen.«
»Gut.«
»Woran arbeiten Sie zurzeit?«
Sie wollte ihm alles über Angela Randall erzählen, dass sie nur daran interessiert war, den Veruntreuungsfall todlangweilig fand, alles und jedes im Zusammenhang mit Drogen satt hatte, weil sie damit schon in der Met überschüttet worden war. Sie wollte seine Zustimmung, wollte von ihm hören, dass sie all ihre Zeit auf die vermisste Frau verwenden sollte, wollte einen eigenen Fall, in den sie sich verbeißen konnte, und wenn sie ihn löste, wollte sie zu ihm gehen, ihm davon berichten und gelobt werden.
Du bist mitleiderregend, hast dich zurückentwickelt, bist wieder vierzehn.
»Arbeiten Sie manchmal mit Nathan Coates zusammen?«
»Ja, Sir, an verschiedenen Fällen … Ich finde ihn hervorragend. Er ist akribisch, hört nie auf zu arbeiten, ist klug und ehrgeizig.«
»Und er verbreitet gute Laune, ja, ich weiß. Ich bin ganz Ihrer Meinung. Nathan Coates ist das Gegenteil von allem, was man von einem Jungen mit seiner Herkunft erwarten würde, der Art Leben, das er geführt hat. Und dem er entkommen konnte. Eines darf man allerdings nicht vergessen. Er ist dieser Herkunft gegenüber loyal, würde es schwer finden, in einer Position zu sein, wo er sie verraten müsste. Natürlich würde er es tun, er ist Polizist. Aber das ist der Grund, warum er hier ist und nicht in Bevham. Ich möchte ihn in keine Zwangslage bringen.«
»Ich verstehe, Sir.«
»Danke. Okay, ich bin froh, dass es Ihnen hier gefällt. Sollte es Probleme geben, können Sie jederzeit zu mir kommen.«
Sie wollte etwas sagen, egal was, eine Frage stellen, eine Meinung äußern. Den Moment festhalten. Sie wollte aufspringen und weglaufen, nach draußen an die Luft, um alles durchzugehen, jedes Wort, das er gesagt hatte, jede Einzelheit seines Aussehens.
Verdammter Mist. Mist. Mist. Mist. Ich will das nicht.
»Danke, Sir.«
Ihre Beine würden sie nicht tragen. Sie würde nicht fähig sein, aufzustehen und zur Tür zu gehen.
»Freya …«
Sie drehte sich um.
»Vielen Dank, dass Sie meiner Mutter letzte Woche geholfen haben. Sie lädt sich zu viel auf, und mein Vater ist nicht sehr erpicht auf den Chor und all diese gesellschaftlichen Ereignisse, die sie ihm aufhalst, also macht sie das meiste alleine. Sie war wirklich dankbar für Ihre Hilfe.«
»Ich bin dankbar, dass ich den Chor gefunden habe. Dadurch habe ich ein paar gute neue Freunde gewonnen.«
»Und nicht von der Arbeit. Immer ein Vorteil. Ich wusste gar nicht, dass Sie singen.«
»Ich habe seit der Schulzeit in Chören gesungen … na ja, wenigstens die meiste Zeit. Während der letzten ein, zwei Jahre in London habe ich eine Pause gemacht, aber die St.-Michael-Sänger sind so gut, dass ich mich glücklich schätzen kann, aufgenommen worden zu sein.«
»Meine Mutter ist entzückt, Sie gefunden zu haben. Aber passen Sie auf, sie ist skrupellos. Sie werden lernen müssen, Nein zu sagen.«
»Sie singen nicht?«
»Nein«, erwiderte Simon Serrailler. Nicht: Nein, ich kann nicht singen, nein, ich singe nicht gern, nein, ich spielte stattdessen Fußball, nein, ich habe keine Zeit. Einfach »Nein«.
Er sah sie direkt an, kühl und stetig. Entmutigt murmelte Freya etwas und ging. Rasch durchquerte sie das Dezernatsbüro, schnappte sich ihre Jacke und Tasche vom Schreibtischstuhl und verließ das Büro wieder, ohne jemanden
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