Hill, Susan
gerade verzehrt worden war. Die Stellen, aus denen der Unkraut-Krebs gewachsen war, waren gesund; das Gewebe, das Fleisch und die Haut, jede Zelle erneuert und wieder aufgefüllt. Sie lag da, betrachtete aufmerksam die leuchtend grüne, unkrautfreie Wiese, während die Schafe davontrotteten, durch das Tor und außer Sichtweite hinter einem nahe gelegenen Hügel. Sie war ganz und gar geheilt, die Krebszellen vernichtet.
Durch das Klingeln der Türglocke kam sie wieder zu sich, ging nach unten und sah Cat vor der Tür stehen.
»Sag mir, wenn es nicht passt … Ich hab den Nachmittag frei, Sam und Hannah sind eingeladen, und Chris holt sie ab.«
»Es passt wunderbar! Komm rein.«
»Du siehst aus, als hättest du gerade geschlafen.«
»Ehrlich?« Karin schaute auf dem Weg zur Küche, die Teil eines großen Wintergartens war, in den Spiegel. Ihre Augen wirkten verschlafen. »Ich habe nicht geschlafen, sondern gerade eine Stunde Visualisierung abgeschlossen.«
»Das sehe ich.« Cat las in einem Buch, das offen auf dem Tisch lag.
»Tee?«
»Gerne.«
Cat trat an das Bücherregal und nahm ein Buch nach dem anderen über alternative Krebsbehandlung heraus: Ganzheitliches Konzept zur Krebstherapie; Wunder sind möglich: Spontanheilung bei Krebs; Alternative Heilmethoden bei Krebs; Meditationen für Krebskranke; Lachen heilt Krebs; Die Kraft in mir: Bericht einer ungewöhnlichen Heilung von Brustkrebs; Krankheit und Sinn: Die spirituelle Dimension in der Krebstherapie …
»Du musst ja ein Vermögen ausgegeben haben.«
»So kann man es auch nennen. Chinesischer oder indischer?«
»Das, was du trinkst.«
»Ich trinke Pfefferminz. Ich nehme kein Koffein mehr zu mir.«
»Ah so.«
»Ich kann hören, was du denkst.«
»Und das wäre?«
»Was hat Koffein mit Krebs zu tun, wie soll Pfefferminztee gegen einen böswilligen Tumor wirken …?«
»Falsch. Ich dachte, es täte uns allen ganz gut, mit weniger Koffein auszukommen. Ich nehme auch Pfefferminz … ich trink den gern.«
»Also hör auf, so paranoid zu sein, Karin.«
»So was in der Art.«
»Außerdem ist heute dein freier Nachmittag, also lass uns vom Gärtnern reden oder von den neuesten Filmen oder dem Klatsch von Lafferton. Du bist doch nicht gekommen, um mit mir über meine Behandlung zu diskutieren.«
»Genau deswegen bin ich hier. Du hast versprochen, mich bei dem, was du unternimmst, auf dem Laufenden zu halten, und das hast du nicht getan. Also bin ich hier.«
Karin lächelte. »Ich bin froh, dass du mich nicht so leicht vom Haken lässt, Cat. Es tut mir gut, mich für jeden Schritt, den ich mache, zu rechtfertigen. Einiges habe ich sogar schon sausen lassen, noch bevor ich angefangen habe, glaub mir das.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Na ja, am meisten habe ich mich bisher mit Lesen beschäftigt. Ich sortiere das aus, was Sinn ergibt unter all dem Voodoo und Quatsch … Himmel, und von dem Zeug gibt es genug. Ich bin entsetzt, weißt du das? Wie kann man diesen Mist unter die Leute bringen, Geld von Todkranken nehmen, die in ihrer Verzweiflung alles versuchen würden? Ich war in Starly … ja, du stöhnst zu Recht. Das ist das reinste Paradies für Quacksalber.«
»Ich weiß.«
»Gut, also dann los. Ich halte eine Diät aus Vollwertkost ein, viel frisches rohes Gemüse und Obst, Vollkorn. Koffein, Milchprodukte und Zucker lasse ich weg, ich verwende Sojamilch. Ich presse meine Säfte selbst. Ich nehme Vitamintabletten.«
»Hm.«
»Ich dachte mir, dass du das sagen würdest. Ich meditiere und mache Visualisierungen. Ich gehe zwei Meilen pro Tag und trinke vier Liter Mineralwasser.«
»Und deine Blase macht Überstunden.«
»Trink noch eine Tasse Tee.«
Cat musterte ihre Freundin lange und sehr genau. Sie sah gut aus. Ihre Haut schimmerte, das Haar glänzte, ihre Augen leuchteten vor Gesundheit; sie hatte ein Strahlen, wie Cat es noch nie an ihr wahrgenommen hatte, und das sagte sie ihr auch.
»Ich fühle mich fantastisch, Cat. Ich kann einfach nicht glauben, dass mir etwas fehlt.«
»Aber du weißt, dass es da ist.«
»Ja.«
»Tut mir Leid, so brutal zu klingen.«
»Es ist deine Aufgabe, mich daran zu erinnern. Danke.«
»Warst du bei irgendeinem Heilkundler?«
»Bei einer Geistheilerin. Die hab ich durch jemanden von der Kathedrale gefunden. Sie vermittelt mir ein wunderbares Gefühl von Frieden und … ich glaube, ich kann es Vertrauen nennen. Ich scheine mich in die Hand eines anderen zu begeben, mich jemand anderem
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