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Hill, Susan

Hill, Susan

Titel: Hill, Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Menschen dunkles Sehnen: Kriminalroman (German Edition)
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18–30
Frau mittleren Alters, 40–60
ältere Frau, über 65
    Das Wort »Hund« hatte er nie hinzugefügt. Hund hatte nicht zum Plan gehört, Hund war ein Spontaneinfall gewesen, weil Hund die wütende Eifersucht in ihm wieder hatte hochkochen lassen, auf jenen Hund, ihren Hund, den verhassten Hund. Der Köter hatte genauso ausgesehen, dieselbe Rasse, Farbe, Größe, alles. Hund hätte ein Klon von jenem sein können. Er hatte Hund gepackt, bevor er darüber nachgedacht hatte.
    Hund war entsorgt worden.
    Zwei Einträge auf der Liste waren mit roter Schrift abgehakt, und jetzt nahm er denselben Stift aus der Schublade und ließ die Spitze neben »junge Frau, 18–30« schweben. Er erinnerte sich an das Gefühl ihres dicken Halses, als er den Arm darum gelegt und sie zurückgezogen hatte. Sie hatte kaum ein Geräusch von sich gegeben, nur ein tiefes, ersticktes Gurgeln.
    Er setzte die Stiftspitze auf das Papier und führte den roten Haken aus, verweilte bei dem kürzeren Abwärts- und dem längeren Aufwärtsstrich.
    Drei Haken. Sechs Einträge.
    Er überlegte, ob sechs reichen würden. Aber er hatte keine Eile, und außerdem konnte die Suche nach der richtigen Person Monate dauern. Es war unwahrscheinlich, dass er so schnell wieder Glück haben würde, und Auswahl und Planung waren entscheidend, damit ihm keine Fehler unterliefen.
    Die kleine Uhr auf seinem Schreibtisch zeigte zwanzig nach sieben. Er legte die Liste zurück in die Mappe und verschloss die Schublade, ging dann durch das Büro und die Innentür zum Lagerraum. Dort knipste er das Oberlicht an, und sofort war der Raum genauso erleuchtet wie alle Sektionsräume, die er kannte. In einer Ecke gab es eine Stahlspüle, und eine Rinne im Gummiboden führte zu einem zentralen Abfluss. An einer Wand schimmerten graue Türen, die zu großen Aktenschränken zu gehören schienen. Daneben war der Metalltisch abgestellt. Er rollte ihn in die Mitte unter das Hauptlicht und über den Abfluss, dann klappte er ihn aus. Ein Metallwagen auf Gummirädern wurde in derselben Weise vorbereitet, die seitlich befestigte Schublade herausgezogen. Sie schwang zur Seite, und die Instrumente wurden sichtbar, so angeordnet, dass das Ganze wie eine Auslage wirkte, die durch ihre Ordnung und Symmetrie das Auge befriedigte.
    Er trat zurück, überprüfte alles.
    Als er zufrieden war, ging er zu dem rechteckigen Behälter auf den Metallschienen und schwenkte ihn herum, bis er auf gleicher Höhe wie der Tisch war.
    Debbie Parkers Leiche fühlte sich bereits kühl an. Mit einer scharfen chirurgischen Schere schnitt er ihre Fleecejacke, die Hose, den Pullover und die Unterwäsche auf, die alle in einen schwarzen Müllsack für die spätere Entsorgung geworfen wurden. Ihre Armbanduhr, Hausschlüssel und Taschenlampe in Kreditkartengröße kamen in eine Extraschachtel. In einer der Jackentaschen fand er drei Karten. Er betrachtete sie kurz, stellte fest, dass es uninteressantes New-Age-Geschwafel war, und warf sie in den Sack zu den Kleidungsstücken.
    Dann stellte er sich neben den Metalltisch und schaute auf den schwammigen, nackten Körper des Mädchens hinunter, mit vernarbter Gesichtshaut und Aknepickeln auf den Schultern. Er empfand nichts. Das war korrekt. Bei Obduktionen empfand der Pathologe nichts, kein Gefühl, kein Bedauern oder Mitleid, nur Neugier und intellektuelles sowie berufliches Interesse. Das erste Vergnügen, das die Jagd begleitete, das rasche Zuschlagen und das Töten, war vorüber. Der Rest kam noch und war anders, klinischer, weniger hitzig und viel langsamer. Das Erste war flüchtig, hastig und beängstigend; sein Blutdruck stieg, er schwitzte, sein Herz hämmerte. Er nahm ein entsetzliches Risiko auf sich. Jetzt war er sich sicher, dass überhaupt kein Risiko bestand, denn alles war so sorgfältig geplant worden, über einen so langen Zeitraum, und Übung half.
    Langsam ging er um den Tisch herum, betrachtete die Leiche und begann währenddessen zu diktieren, wie Pathologen das tun, vermerkte alles an der Leiche auf dem Tisch unter seinem prüfenden Blick, ruhig und professionell, mit einem Ton, den er so oft gehört und bewundert und unzählige Male imitiert hatte. Er war inzwischen stolz auf seine Fachkenntnisse, überzeugt davon, dass er es mit jedem von ihnen aufnehmen konnte, den Besten der Welt, und diesen Dreckskerlen bewies, dass sie sich in ihm geirrt hatten. Sie hatten die Macht gehabt, ihn scheitern zu lassen, ihn als unwürdig zu verurteilen, in ihren

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