Hill, Susan
lief die Treppe hinunter. Ihr ging es nicht anders.
Nachdem sie mit Sandy gesprochen hatte, war sie mehr als überzeugt, dass tatsächlich eine Verbindung bestand. Die Mitbewohnerin des vermissten Mädchens war bleich vor Angst und kaum zu verstehen gewesen, und Freya hatte ihre ganzen Fähigkeiten einsetzen müssen, um sie zu beruhigen und die Einzelheiten aus ihr herauszuholen. Als Erstes hatte sie nach Debbie Parkers Gemütszustand gefragt, und die Freundin hatte sie wütend in Schutz genommen.
»Ja schon, sie war eine Weile depressiv. Sie hatte ihren Job verloren und sie … sie hatte wirklich wenig Selbstbewusstsein … Sie hat ein bisschen Übergewicht und … Hören Sie, ich möchte nicht illoyal erscheinen, ich kritisiere sie nicht, verstehen Sie, sie ist meine beste Freundin, und ich fühle mich für sie verantwortlich.«
»Das ist genau der Grund, warum Sie mir alles erzählen müssen, Sandy. Und natürlich sind Sie nicht illoyal. Sie möchten, dass sie schnell gefunden wird, und wir werden uns die größte Mühe geben, aber Sie dürfen aus falsch verstandener Loyalität nichts zurückhalten.«
»Ja, das verstehe ich. Okay, sie hat mehr als ein bisschen Übergewicht, sogar ziemlich viel. Das ist schlimmer geworden, nachdem sie ihren Job verlor und depressiv wurde, und sie litt unter ihrer Akne. Aber sie hat gerade angefangen, das alles zu überwinden, sie war bei einem Therapeuten in Starly, und der hat ihr eine richtig gute Diät verordnet – keine zum schnellen Abnehmen, nichts Gefährliches, nur eine vernünftige Ernährung.«
»Haben Sie den Namen und die Adresse des Therapeuten?«
»Na ja … nur einen Namen. Er nennt sich Dava.«
»Dava?«
»Debbie hat nie einen Nachnamen erwähnt. Ich hab ihr geraten, vorsichtig zu sein, aber ich glaube, er war harmlos … Na ja, bis auf das Zeug, das er ihr zum Einnehmen gegeben hat.«
Freya sah sie scharf an. »Zeug?«
Sandy erzählte ihr von Debbies allergischer Reaktion.
»Sind die Sachen noch in der Wohnung?«
»Nein, Dr. Deerborn hat sie mitgenommen. Sie sagte, sie wolle von jemand im Krankenhaus untersuchen lassen, was da drin ist.«
Freya machte sich eine Notiz. »Glauben Sie, Debbie könnte gestern Abend zu diesem Mann gegangen sein?«
»Das glaube ich nicht. Wir haben keine Geheimnisse voreinander, obwohl unser Lebensstil unterschiedlich ist. Außerdem wäre sie nirgends hingegangen, ohne ihre Handtasche mitzunehmen.«
Die Handtasche. Freya war das sofort aufgefallen, als sie den Bericht gelesen hatte. Keine Frau ging für einen Abend oder auch nur für eine Stunde aus, ohne ihre Handtasche mitzunehmen, und laut Sandy war es die einzige, die Debbie Parker besaß, und es war alles noch drin gewesen.
»Sie hat nur ihre Haustürschlüssel mitgenommen«, sagte das Mädchen jetzt.
»So was macht man, wenn man zum Laden an der Ecke geht, um einen Liter Milch zu holen.«
»Wir haben keinen Eckladen, und sie hat ihren Geldbeutel nicht mitgenommen.«
»Also, sind Sie sich ganz sicher … denken Sie gut nach, Sandy … ganz sicher, dass sie keine schlechten Nachrichten bekommen hat oder plötzlich in ein tiefes Stimmungsloch gefallen ist? Depression ist eine heimtückische Angelegenheit, sie kann wieder zuschlagen, wenn man meint, sie längst überwunden zu haben.«
»Ich weiß, dass es ihr besser ging, ich weiß es einfach. Sie fühlte sich zum ersten Mal seit Ewigkeiten wirklich wohl, sie hatte abgenommen, sah gut aus, hat davon geredet, sich bald einen neuen Job zu suchen. Sie hat sich viel mehr bewegt. Deswegen hab ich mir ja auch keine Sorgen gemacht, als ich nach Hause kam. Sie hat manchmal lange Spaziergänge gemacht … Sie sagte, ihr sei noch nicht nach Joggen, aber wenn sie fitter sei, würde sie damit anfangen.«
O Gott, dachte Freya. »Wenn sie einen langen Spaziergang gemacht hätte, dann hätte sie ihre Handtasche nicht mitgenommen, oder?«
»Nein, die wäre ihr nur im Weg. Die Handtasche ist ziemlich groß.«
»Aber sie würde ihre Haustürschlüssel mitnehmen.«
»Ja. Daran hab ich auch gedacht. Zuerst. Nur eine Stunde lang, aber dann wurde es dunkel und die Zeit verging, und ich wusste, dass sie nicht bis nach Mitternacht spazieren gehen würde.«
»Hatte sie besondere Vorlieben für ihre Spaziergänge, eine bestimmte Route, wissen Sie das, oder ging sie einfach so los? Das würde ich zumindest tun.«
»Tagsüber ging sie vielleicht den ganzen Weg bis in die Stadt, kaufte etwas ein oder trank dort eine Tasse
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