Himbeersommer (German Edition)
Friedrichshain. Es ist mir unendlich peinlich, ich will mich erklären. Doch Magda zwinkert mir lächelnd zu und geht.
„Magda, warte, es ist nicht so wie du denkst!“
Oh Gott, ich habe ihn gesagt, den so ziemlich dämlichsten Satz in der Filmgeschichte.
Magda ist weg, aber meine trüben Gedanken bleiben. Ich muss jetzt allein sein und schicke Daniel weg.
Zu Hause passe ich Magda bei ihren Tomaten ab.
„Du, das vorhin im Park …“, stottere ich los.
Doch Magda will nichts hören.
„Du musst mir doch nichts erklären, Nora“, lächelt sie mich an.
„Will ich aber, weil … ich deinen Rat brauche. Meine Freundin Jacky, die findet das alles so unterirdisch von mir … Und ich ja auch.“
Magda sieht mich lieb an und wir setzen uns auf die Stufen ihrer Veranda.
Nachdem ich ihr alles erzählt habe, erzählt sie mir, wie sie früher von einem Mann wegen einer Jüngeren verlassen wurde. „Anfangs konnte ich es nicht fassen, aber dann wurde mir nach und nach klar, dass in unserer Beziehung so einiges nicht mehr in Ordnung war.“
„Welche Beziehung ist schon perfekt“, verteidige ich das, was ich mit Tobias habe. Denn es ist annähernd perfekt.
Magda fährt fort. „Und heute bin ich dieser Frau sehr dankbar. Denn mit Ines ist alles viel unbeschwerter, leichter. Ich kann dir nichts raten, Nora, wirklich.“
„Und wie findest du den Altersunterschied?“, will ich leise wissen.
„Den finde ich nicht schlimm“, sagt sie und fügt lächelnd hinzu: „Der Trend geht zum jüngeren Mann.“
„Ich weiß, das Alter ist auch wirklich nicht unbedingt mein Problem. Eher das da.“ Ich zeige auf mein Herz.
Magda nickt. „Versteh ich. Erinnerst du dich, wir haben dir doch erzählt, dass sich Ines auch mal in eine andere verguckt hat.“
„Ja, und dass du nicht nachtragend warst“
„Und wir seitdem wissen, was wir aneinander haben.“
„Und dass ihr froh seid, dass ihr euch nicht getrennt habt, nach all den Jahren, wegen dieser Jüngeren.“
Magda nickt lächelnd.
Und ich bin ihr unendlich dankbar.
Und wie immer, wenn ich kurz davor bin, mich endlich zu entscheiden - wird für mich entschieden.
***
Ich bekomme die Quittung. Ich habe im Job einen gravierenden Fehler gemacht! Ich habe den Spielplatz für unsere Siedlung zu groß bauen lassen. Die Zufahrt zu den Autostellplätzen vor fast jedem Haus ist zu eng!
Einige Bauherren, die mit den allerdicksten Schlitten, sind auf 180 und wollen mich als Projektleiterin eliminieren. Aber es ist mein Projekt! Meine große Chance, endlich, mit 39 zu zeigen was in mir steckt. – Nämlich nicht viel? Soll ich das meinen Enkeln, die es vielleicht nie geben wird, sagen?
Nein, das darf nicht sein. Ich versuche die Herren zu beruhigen. Doch der BMW-Fahrer aus Haus 11, Ingo Baltimore, der britische Vorfahren hat, zeigt keinerlei Verständnis.
„Einem Mann wäre das nie passiert. Ich war von Anfang an dagegen, einer Frau diesen großen Auftrag zu geben.“
Ich sehe ihn fassungslos an und kontere scharf. „Wir werden eine Lösung finden. Und dieser Fehler hätte jedem passieren können. Selbst einem Mann!“, füge ich noch ironisch hinzu.
„Sie haben viel zu viele Rutschen und Schaukeln bauen lassen, das soll kein öffentlicher Spielplatz werden, sondern eine Wohnanlage.“
„Dazu gehören nun mal auch Spielgeräte für Kinder.“
„Aber kein überdimensioniertes Piratenschiff, das ist doch total lächerlich, hier wohnt doch nicht - Jack Sparrow!“
Die anderen lachen. Ich versuche, mir weiter Gehör zu verschaffen.
„Kann sein. Aber ich werde das Schiff nicht wieder abreißen lassen, und damit basta!“
Wir blitzen uns an. Und ich unterbreche die Sitzung, denn ich bin den Tränen nahe und will nicht den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verlieren.
Tobias ist mit der neuen Kollegin essen, sein Handy ist ausgeschaltet. Daniel ist sofort für mich da.
„Das ist natürlich krass für solche PS-gesteuerten Typen“, Daniel nimmt mich fest in den Arm.
„Die schmeißen mich raus, da bin ich mir sicher.“
„Das können die nicht. Du hast einen Vertrag.“
Ich deute auf den Plan. „Das da könnte man wieder abreißen, dann kann der Doofkopf auf seinen Parkplatz fahren. Und da könnte man verbreitern, die andern haben nicht so breite Schlitten. Wichtig ist jetzt vor allem, den Doofkopf zu besänftigen. Wenn die Stimmung in der Siedlung kippt und mies wird, kann ich hier auch nicht mehr wohnen.“
„Ist das dieser Baltimore?“
„Ja, dieser eingebildete
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