Himbeersommer (German Edition)
Tobias` Laptop noch da ist. Ja, er ist es. Ein Glück! Ich hatte plötzlich panische Angst, er könnte mich verlassen haben. Und das, wo ich vielleicht endlich schwanger bin!
Schlagbohrhämmer dröhnen auf meiner Baustelle, und plötzlich sieht meine Welt nicht mehr rosa, sondern staubig aus. Ich ziehe mich rasch an.
In einer Stunde habe ich einen sehr wichtigen Termin auf der Baustelle, und in drei Stunden soll unser Apfelbäumchen geliefert werden. Haus bauen, Kind kriegen, Apfelbäumchen pflanzen.
Mein Gott, hoffentlich bin ich nicht wirklich schwanger! Dabei wünsche ich mir doch so sehnlich ein Kind.
Ich starre in mein Müsli und denke, es könnte Babybrei sein.
Es klingelt. Magda ist es und fragt mich ziemlich blass und aufgewühlt, ob ich ganz ausnahmsweise eine Stunde auf ihre Tochter Ruby aufpassen könnte. Wanda ist bei einer Freundin. Aber Ruby kriegt sie nicht untergebracht.
„Ich hab einen ganz dringenden Termin.“ Magda beginnt zu flüstern. „Der Arzt hat was in meiner Brust getastet.“
Ich sehe sie schockiert an.
„Klar kann ich“, sage ich sofort. „Eine Stunde, kein Problem.“
Als sie weg ist und Ruby kaugummikauend auf unserem Sofa sitzt, wird mir klar, dass mir das jetzt gerade noch gefehlt hat. Egal. Lenkt vielleicht ab.
Ruby ist es langweilig, und gleichzeitig klingelt es an der Tür. Der Elektriker. Den habe ich ja völlig vergessen. Ich drücke Ruby eine „Petra“ in die Hand, Titelthema „Erogene Zonen über 40“ und erkläre dem Elektriker mein Problem. Nicht das mit den Schmetterlingen, sondern das mit dem Lichtschalter.
Ruby scheint fasziniert von den erogenen Zonen der 40-Jährigen und sieht mich immer wieder grinsend an. Ich bin nicht 40, würde ich ihr am liebsten sagen, lasse es aber, denn für eine 12-Jährige macht es wirklich keinen Unterschied, ob man 39 oder 40 ist. Für eine 39 einen großen!
Erogene Zonen habe ich en masse, wie ich seit gestern wieder weiß, und nebulös von Tobias. Denn wenn ich mich zurückerinnere, war Tobias ein mindestens genauso guter Liebhaber wie Daniel. Betonung auf „war“. Jobstress, Alltag und Kinderfrust, haben unser Sexleben einschlafen lassen wie eine Schildkröte, die ihren Winterschlaf hält. Doch wenn der Frühling kommt, wacht eine Schildkröte wieder auf!
Keine Nachricht von Tobias, aber wieder eine SMS von Daniel. Nachdem ich mindestens 18 Antwort-SMSe entworfen und vor dem Abschicken wieder gelöscht habe, schreibe ich ihm:
„Tut mir leid, hoffe du verstehst mich. War wunderschön. Bin verwirrt. Melde mich.“
Ruby hat Durst.
„Habt ihr Sex?“, will sie wissen, als ich ihr das Glas Orangensaft in die Hand drücke. Gut, dass sie es bereits hält, sonst wäre es mir herausgerutscht.
Was weiß sie? Woher weiß sie? Und wie kommt sie darauf?
„Die SMS war von Tobias.“ Ich sehe sie blass an.
„Klar, von wem sonst. Und, habt ihr noch Sex?“
„Äh … wieso sollten wir denn nicht?“ Ich weiche mittelgeschickt aus.
„Mama und Mama hatten mal länger keinen Sex mehr. Dann haben sie so einen Yoga-Massage-Tantra-Dings-Kurs gemacht und danach war wieder alles schön.“
Aha. Interessant, was man so über die Nachbarschaft erfährt.
„Tja, … bei uns ist das nicht das Problem.“
Ruby horcht grinsend auf. Dass Kinder immer so feinfühlig sein müssen. „Und wieso hast du dann keine Kinder?“
Das musste ja kommen. Ich hasse diese Frage.
„Wir wünschen uns ein Kind. Aber, in unserem Alter klappt das nicht mehr so.“
Ruby nickt ernst. „Bist du nicht eh schon viiiel zu alt für ein Baby?“
Na, vielen Dank für das Gespräch.
Aber Ruby lässt mich nicht in Ruhe. Sie will jetzt wissen, wo genau der G-Punkt auf dieser Zeichnung ist, was man da fühlt und wie man das hinkriegt, dass man da was fühlt. Ich bin erstaunt, wie gut sie sich auskennt, setze mich zu ihr und erkläre ihr, was ich weiß. Seit gestern Nacht glaube ich mehr zu wissen, und Ruby und ich haben viel Spaß.
Die Stunde ist fast zu schnell rum, da klingelt Magda an der Tür.
„Entschuldige bitte, Himmel, dass die ihre Praxis einfach nicht organisiert kriegen, ich musste zwei Stunden warten!“
„Zwei Stunden? Wie viel Uhr ist es denn?“
„Schon fast zwölf, tut mir wirklich leid.“ Magda nimmt Ruby in den Arm.
„Verdammt. Dann hab ich eine wichtige Baubesprechung verpasst.“
„Oh nein, wie kann ich das wieder gut machen?“
„Lass gut sein, … was kam denn heraus?“
„Der Ultraschall war immer noch unklar. Ich muss zur Mammografie und
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