Himbeersommer (German Edition)
mich an, als würde ich von ihr verlangen, in ihrem Negligé einmal durchs Müttercafé in Mitte zu spazieren.
„Nein, will ich nicht.“
„Willst du doch. Komm schon rein.“ Sie lächelt mich an und öffnet weit die Tür.
Eine beste Freundin zu haben, ist das Beste, was es gibt auf der Welt. Auch, oder gerade, wenn sie einem knallhart sagt, was sie von einem hält.
Eine Minute später, ich habe Lisa in Gregors Babywippe von Baby Björn gelegt, die wunderbar beruhigt, und bin gerade mitten am Erzählen, da klingelt es erneut. Jacky, die aufgrund meines Redeschwalls noch nicht dazu gekommen ist, ihr Negligé auszuziehen, und ihr Outfit offenbar auch völlig vergessen hat, öffnet Werner so. Der arme Mann starrt erst sie in schwarzer Spitze und dann mich, die ich im Hintergrund auf dem Sofa sitze und bemüht lächle, fast schon panisch an.
„Ihr wollt … einen Dreier?!“, entfährt es ihm überfordert, und wir prusten los.
„Oh ja, komm rein“, lacht Jacky, zieht ihn gespielt verführerisch zu sich und gibt ihm einen dicken Kuss. „Natürlich nicht. Nora ist nur vor Tobias geflohen. Aber warum genau, das erzählt sie gerade, jetzt komm schon.“
Jacky wirft sich eine Norweger-Strickjacke mit Zopfmuster über und zieht Werner ins Wohnzimmer.
„Hi“, quetscht er heraus, mit einem irritierten Seitenblick auf Jackys abstruses Outfit.
„Hi. Tut mir leid, dass ich euer Date störe, aber …“, ich breche verzweifelt ab.
„Was ist denn?“, will Werner einfühlsam wissen und setzt sich zu mir.
Ich sehe Jacky an und freue mich für sie, dass sie so einen sensiblen, netten Kerl abgekriegt hat.
„Wieso bist du überhaupt hier“, lenke ich von meinem eigenen Drama neugierig ab. „Du hattest dich bei Jacky doch wochenlang nicht mehr gemeldet?“
Jacky und Werner lächeln sich an, nehmen sich bei der Hand und wirken sehr sehr glücklich.
„Tja, das war genau so, wie wir Mädels es uns immer einreden, wenn ein Typ plötzlich keine SMSe mehr schreibt“, beginnt Jacky strahlend. „Werner lag nach einem Unfall im Krankenhaus, ist das nicht genial?!“
Ich sehe sie an und zweifle an ihrem Verstand.
„Also, ich meine natürlich nicht, dass er einen Autounfall hatte, aber so schwer war der gar nicht. Paar Rippenbrüche eben. Aber was ich meine, er konnte sich deshalb nicht melden, weil sein Akku alle war!“
„Nein!“, entfährt es mir begeistert. „Das ist ja wunderbar! Also eben nicht, dass du im Krankenhaus warst, Werner, aber dass du doch nicht so einer bist.“
„Was für so einer?“, will Werner wissen, aber Jacky und ich lächeln uns nur verschwörerisch an.
„Und“, fährt Jacky glücklich fort, „Werner ist total süß zu Gregor, und wenn man es nicht wüsste, würde man meinen, er ist sein richtiger Daddy.“
„Echt?“ Ich sehe die beiden an und Tränen kullern mir über die Wangen.
„Nora, shit, hab ich was Falsches gesagt? Ja, hab ich, logisch, ach komm, meine Süße.“ Sie nimmt mich in den Arm und drückt mich ganz feste.
„Wieso kann Tobias das nicht?“, schniefe ich in ihre Strickjacke, und Werner steht leise auf.
„Ich hol dann mal Gregor aus der Kita ab und dreh noch `ne Runde mit ihm im Park, okay?“
„Du bist ein Schatz“, lächelt ihn Jacky verliebt an, und ich schniefe erneut.
Werner schickt ihr noch schnell ein Luftbussi und geht.
„Was mach ich denn jetzt, wo soll ich denn hin, hier stör ich euch doch nur?!“ Ich bin sichtlich verzweifelt. Aber Jacky lässt das nicht zu.
„Weißt du was, Schnegge, ich könnte doch `ne Zeit lang mit Gregor zu Werner ziehn. Wir haben sowieso schon übers Zusammenziehen nachgedacht. Also zumindest ich, und dann kannst du solange mit Lisa hier in meiner Bude wohnen.“
„Wirklich? Ich meine, das würdest du für uns tun?!“ Ich sehe sie an und fühle mich endlich wieder geborgen.
„Klaro. Und ich hoffe mal, dass du das auch für mich tust, wenn ich in ein, zwei Jahren bei Werner rausfliege, weil ich immer meine BHs über den Türklinken hängen lasse.“
„Ach, jetzt hör aber auf. Du bist die alte Pessimistin von uns beiden! Das mit Werner geht gut. Ihr passt zusammen.“
„Meinst du?“
„Klar. Der lässt hundertpro auch seine alten Socken überall rumfliegen.“ Ich grinse. „Der hat Verständnis für Chaos-Frauen.“
Jacky lächelt verliebt, sieht mich dann aber wieder mit diesem Blick an, der besagt: Aber bei Männern weiß man nie.
„Das macht das Leben doch erst spannend. Das man nie weiß, was alles kommt.“
„Ach super,
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