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Himbeersommer (German Edition)

Himbeersommer (German Edition)

Titel: Himbeersommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Saskia Beyer
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„Nora, das ist doch nicht schlimm.“
„Das nicht. Aber dass du dich überhaupt nicht mehr wirklich für mich oder Lisa interessierst!“ Ich sehe ihn verletzt an, er schaltet den Fernseher ab und steht auf.
„Nora, ich kann auch nicht mehr.“
„Was kannst du nicht mehr?“, ich sehe ihn ängstlich an.
„Ach alles. So tun, als ob es mein Kind wäre. Sie ist es einfach nicht. Akzeptieren, dass er sie ständig sieht, dass er dich sieht. Es geht einfach nicht. Ich kann Lisa nicht als mein Kind annehmen, so gern ich es will.“
Er schnappt sich seine Joggingschuhe und geht.
     
Und meine kleine, schöngeredete Welt bricht wie ein schlecht gestapeltes Kartenhaus in sich zusammen.
Lisa ist mein ganzer Halt. Ich liebe sie so, und egal was passiert, wir zwei werden für immer zusammen sein. Und egal, wie kompliziert das mit den Männern wird, ich habe sie und bereue nichts.
Ein heulendes Elend bin ich trotzdem.
     

***
     
Mit der schlafenden Lisa im Arm, stehe ich weinend vor Magdas Tür. Zum Glück ist sie da, aber besonders begeistert über meinen spontanen Besuch scheint sie nicht zu sein.
„Nora, du schon wieder. Und schon wieder Tränen. Tut mir leid, hier ist auch gerade dicke Luft. Ines zickt rum, ich glaube fast, sie kommt so langsam in die Wechseljahre.“
„Oh je. Ich will auch gar nicht stören. Bin schon wieder weg.“ Ich drehe mich um und wische mir schnell eine Träne ab.
„Warte, was wolltest du denn?“ Magdas Stimme klingt so, als wäre sie mit den Gedanken bereits ganz woanders.
„Ach, kümmere du dich erst mal um Ines. Wir können ja die Tage quatschen. Und bitte vertragt euch wieder, ja?“
„Nicht so leicht mit einer komplett hormonverdrehten Frau. Endlich versteh ich die Männer.“ Magda lächelt, und ich lächle bemüht zurück.
Und ich verstehe Tobias auch sehr gut. Das ist ja das Merkwürdige. Ich bin zutiefst verletzt und enttäuscht und würde ihm am liebsten wild auf die Brust trommeln. Ich beschließe, ihm Zeit zu geben.
Rasch gehe ich mit Lisa nach Hause und packe für uns ein paar Sachen in einen Koffer. Windeln, Lätzchen, Weleda-Popo-Creme, Strampler, Fläschchen, Beba-Milchpulver … Himmel, da bleibt ja für meine Schuhe gar kein Platz mehr. Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich nicht das Gefühl, für jede erdenkliche Gelegenheit ein paar Schuhe zu benötigen. Meine weißen Asics-Tiger-Turnschuhe mit den grünen Streifen reichen völlig, der restliche Platz in meinem Leben wird mit Milchpulver und Windeln gefüllt.
Lisa im Boogaboo und den Rollkoffer in der anderen Hand, mache ich mich auf zur S-Bahn und bete, dass sich Jacky unser erbarmen wird.
Ich fühle mich einsam wie eine Palme auf einer kleinen Insel, kaufe in einer Apotheke noch eine Packung Oropax für Jacky und schiebe den Kinderwagen verzweifelt auf Jackys Haus zu, über das holprige Kopfsteinpflaster.
Die alte Frau Piske kommt gerade mit ihrem Dackel zur Haustür heraus, sieht mich mit dem Kinderwagen und Koffer bestätigt an, rückt ihre Perücke zurecht und kneift die Augen.
„Ach nee, zu Hause rausjeflogen? Zwee Männers waren wohl doch eener zuviel, wa?“
„In der Tat“, sage ich traurig, und sie tätschelt mir die Wange.
„Det wird schon. Wir Weibsbilder, wir sind ja stark. Wer hat die janzen Trümmer nachm Krieg wegjeschafft? Also.“
Ich lächle sie durch einen Perlenvorhang an und weiß, dass sie recht hat. Gestärkt gehe ich ins Treppenhaus, lasse den Boogaboo unten stehen, setze Lisa in den Ergo Carrier und zerre den schweren Koffer eisern hinauf. Bitte, lieber Gott, lass Jacky da sein. Sonst bin ich verloren.
Lisa gluckst, ihr scheint die Reise in unser unsicheres Leben richtig Spaß zu machen.
Ich klingle, und Jacky macht sofort auf: im schwarz-orange Spitzen-Negligé und mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen. Ihr Lächeln gefriert, und wir starren uns beide fassungslos an.
„Wie siehst du denn aus?“, entfährt es mir kichernd.
„Und was machst du jetzt hier?!“, entgegnet sie sauer. „Werner kommt in zwei Minuten, Gregor ist noch eine Stunde in der Kita und ich hab jetzt keine Zeit für …“, sie spreizt ihre Finger: „Ach, ich weiß einfach nicht, ob ich den Jüngeren oder doch den ollen Tobias nehmen soll!“ Sie verdreht ihre Augen.
Mein Kichern hat sich in ein hysterisches Räuspern verwandelt. „Schön zu wissen, wie du über mich denkst.“
„Das weißt du ganz genau. Also, was ist los? Hast du Tobias verlassen und willst jetzt etwa hier pennen?“ Sie sieht

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