Himmel der Suende
Stirn mit aller Kraft gegen das Nasenbein des Gegners. Gleich zweimal in schneller Folge. Durch die Stirn hindurch spürte er das Brechen des Nasenbeins - wusste jedoch, dass das nicht reichen würde, einen Profi unschädlich zu machen, und ließ sofort einen hart ausgeführten Kniestoß zwischen die Beine des Killers folgen, um nach dem Lauf der Lupara zu greifen und sie dem Killer aus der Hand zu reißen. Der versuchte noch, sich unter Schmerzen krümmend, die Pistole auf Sergej zu richten, doch Sergej war schneller. Er schlug ihm die Pistole mit dem Griff der Lupara aus der Hand, wendete die Waffe und drückte ab.
Der Killer wurde von dem Treffer mit dem großkalibrigen Schrot von den Füßen nach hinten gerissen und krachte gegen eine der Wände. Noch ehe er daran zu Boden sackte, leerte Sergej auch den zweiten Lauf - um ganz sicherzugehen. Dann hob er die Pistole vom Boden auf und checkte das Magazin. In einer Situation wie dieser war es seinen Erfahrungen nach nie verkehrt, eine zusätzliche Waffe zu haben.
Er musste Anya finden. Was auch immer die Explosion verursacht haben mochte, er hoffte, dass sie sie überlebt hatte, und rannte los in Richtung des Ganges, der weiter in den Keller hineinführte. Es war der kürzeste Weg in das Gebäude.
Als er in dem Tunnel hinter dem Schlachthaus nirgends einen Lichtschalter finden konnte, holte er sein Benzinfeuerzeug aus der Hosentasche und ließ es aufflammen. Das Licht war lächerlich spärlich - aber besser als nichts. Er überlegte kurz, ob er nach Anya rufen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Falls jemand wissentlich die Explosion ausgelöst hatte, sollte der nicht wissen, dass er noch lebte. So schnell Sergej es bei dem schlechten Licht verantworten konnte, lief er vorwärts und hielt dabei nach einer Treppe Ausschau, die ihn nach oben in das Herrenhaus führen würde. Doch gerade als er sie gefunden hatte, hörte er weiter hinten im Gang eine schwache Stimme. Eine Stimme, die er unter Tausenden erkennen würde: Anya.
Und sie rief seinen Namen.
Er beschleunigte seine Schritte und rannte in die Richtung, aus der die Stimme kam. Nach einigen Dutzend Metern sah er am Ende des Gewölbeganges ein schwaches rotgoldenes Licht - wie das von Feuer. Nun konnte er noch schneller laufen, packte das Feuerzeug in die Tasche zurück und zückte eine seiner beiden Pistolen aus dem Schulterholster.
Endlich erreichte er den hinteren Raum, von dem der feurige Glanz ausging. Die schwere Tür hing schief in den Angeln, das Feuer kam von zwei umgekippten Dreifüßen, und die Luft war schwanger von Rauch und Staub. Dann sah er Anya, die sich gerade von einem altarähnlichen Steinquader erheben wollte. Sie war nackt und wirkte schwer angeschlagen. Ihre Haut war schmutzig von dem Dreck, der von der Gewölbedecke auf sie herniedergerieselt war, und ihr Haar war zerzaust. An Hand- und Fußgelenken hatte sie Schürfwunden.
„Sergej!“, rief sie, als sie ihn aus tränennassen Augen heraus erkannte und versuchte, sich auf die Füße zu stellen. Doch dazu war sie zu schwach. Er sprang zu ihr hin und fing sie in seinen Armen auf, ohne die Pistolen aus den Händen zu legen.
„Was ist passiert?“, fragte er.
„Ich weiß nicht“, sagte sie. „Aber wir müssen weg von hier. Schnell!“ Ihre Augen flackerten vor Panik, und Sergej folgte unwillkürlich ihrem Blick. Am Rand des Lichtkreises, den das am Boden brennende Feuer bildete, sah er eine steinerne Frauenstatue, die zwei Schwerter gezückt hielt. Dahinter war es dunkel, aber er konnte hören, dass sich dort etwas bewegte. Er vernahm das Stöhnen mehrerer Personen und unterdrückte Flüche in einer Sprache, die er noch nie gehört hatte.
„Wir müssen weg, bitte“, sagte Anya noch einmal, und ihr Ton klang so eindringlich flehend, dass Sergej keine Sekunde länger zögerte, sie vom Boden hochriss und nach draußen rannte.
Etwas Blaues blitzte auf, und es krachte irgendwo hinter ihm an der Wand, aber er ignorierte es und rannte weiter, so geduckt es ihm mit Anya in den Armen und den Waffen in den Händen möglich war. Dabei versuchte er abzuschätzen, wie lange es noch bis zu der nach oben führenden Treppe dauern mochte. Es war einfach zu dunkel, um das zu erkennen, und er hatte keine Hand frei für sein Feuerzeug.
In diesem Moment zuckte ein zweiter Blitz auf und zischte an ihm vorüber, und Sergej fragte sich, womit zur Hölle da auf ihn geschossen wurde. Doch er verwarf den Gedanken daran, als er im Schein des
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