Himmel der Suende
Elohim. Ihr echter Name ist Mar’Ia.“
„Wie die Muttergottes?“
Sybaris lachte auf. „Ganz genau. Spätere Schriften haben die Geschichte allerdings ein ganz klein wenig durcheinandergebracht.“
„Aber ... wieso wurde sie dann aus dem Himmel verbannt?“
„Oh ja, das ist auch eine spannende Geschichte“, sagte Sybaris. „Aber ebenfalls ziemlich lang. Ich erzähle sie dir ein andermal ... alle ... wenn du erst einmal unsterblich bist... doch dafür müssen wir zunächst mal sorgen.“
„Aber wenn Luzifer deine Enkelin ist, dann bist du doch auch eine Elohim“, sagte Maggie. „Warum machst du mich dann nicht einfach unsterblich?“
Sybaris seufzte. „Glaub mir, wenn ich es könnte, würde ich es tun. Aber ich kann es nicht. Auch bin ich keine Elohim. Ich bin älter. Sehr viel älter. Aber dafür weit weniger mächtig.“
„Das verstehe ich nicht“, sagte Maggie.
„Ist ja auch schwer zu verstehen“, gab die Alte zu. „Am leichtesten zu verdeutlichen ist es vielleicht im Vergleich mit der Pferdezucht - wenn die besten Erbanlagen aller Vorfahren sich erst in der dritten Generation in ein und demselben Pferd vereinen. Oder nimm die griechische Mythologie. Die haben es eigentlich ganz gut getroffen. Da gab es zunächst Naturgeister oder -geschöpfe, und deren Kinder wurden dann die Titanen, und die wiederum brachten dann erst die Götter hervor. Eine Generation mächtiger als die zuvor. Ich bin, wenn du so willst, eines dieser Naturgeschöpfe. Im wahrsten Sinne des Wortes steinalt, aber nicht besonders mächtig.“
Trotz der selbstverständlichen Weise, mit der Sybaris das erklärt hatte, war Maggie plötzlich mit noch viel größerem Respekt ihr gegenüber erfüllt.
„Welches könnten denn die negativen Konsequenzen sein, wenn Luzifer mich unsterblich macht?“, fragte Maggie.
„Wie Azazel schon sagte“, meinte Sybaris, „können wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sie irgendwann einmal die Schuldkarte zieht und von ihm einen Gegengefallen verlangen wird. Und da er ein Mann der Ehre ist, wird ihn das in ein Dilemma bringen. Weil, wenn es um meine Enkelin geht, ist es nie etwas Kleines oder Unbedenkliches, das sie dann fordern wird. Aber ich denke, es steckt noch mehr dahinter.“
„Was?“, fragte Axel.
„Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen“, antwortete Sybaris, „aber es wäre möglich, dass sie, wenn sie Magdalena unsterblich macht, irgendeine Art von Einfluss über sie gewinnt. “
„Kontrolle?“, fragte Maggie.
„Ich würde es zumindest nicht ausschließen“, sagte Sybaris. „Auf eine verdrehte Art und Weise wärst du dann ihre Schöpfung ... oder auch ihre Tochter, könnte man sagen. Und so etwas verbindet, ob man das nun will oder nicht. Auf jeden Fall wäre zumindest dein Unterbewusstsein ihr Dankbarkeit schuldig und könnte dich im Falle eines Konflikts genau einen Moment zu lange zögern lassen, das Richtige zu tun. Ich halte das für keine besonders gesunde Grundlage für eine ewig währende Existenz. Allein die Befürchtung, dass so etwas einmal passieren könnte, kann den Geist zerfressen oder dich in deinen Entscheidungen lähmen ... dich also am freien Genuss deiner Unsterblichkeit ungemein hindern.“
Maggie verstand. Von Luzifer unsterblich gemacht zu werden und zu wissen oder zumindest befürchten zu müssen, dass sie irgendwann einmal ihren Preis dafür fordern würde, käme einem Leben unter einem Damoklesschwert gleich, und sie müsste jeden Augenblick damit rechnen, dass das Rosshaar riss, das es über ihrem Haupt hielt. Keine wirklich erstrebenswerte Aussicht. Das ewige Leben würde auf diese Weise zur ewigen Qual werden.
Sie wollte gerade etwas dazu sagen, da horchte Sybaris auf und bat sie mit einer Geste ihrer Hand, zu schweigen. Maggie konnte erkennen, dass sie den Kopf seitlich zum Waldrand hielt, so als würde sie lauschen, und dann plötzlich folgte Axel, der auf ihre Geste hin sofort mit dem Schleifen seines Schwertes aufgehört hatte, ihrem Beispiel.
„Ich sehe nach“, sagte er und wollte sich erheben.
„Nein“, sagte Sybaris. „Meine Kleinen haben alles unter Kontrolle. Und wer immer es gewesen sein mag, ist bereits wieder weg.“
Jetzt hörte auch Maggie es. Es war Wolfsgeheul - aus großer Entfernung. Es waren mehrere Wölfe, die da heulten, und sie klangen aufgeregt.
„Sie singen von einer Botschaft“, sagte Maggie und war selbst ganz erstaunt darüber, dass sie dazu in der Lage war,
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