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Himmel der Suende

Himmel der Suende

Titel: Himmel der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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den Inhalt des Heulens zu verstehen, obwohl sie es nicht als Sprache mit einzelnen Wörtern oder Sätzen wahrnahm.
    „Wie ...?“, fragte sie irritiert.
    „Der Wolfszauber, den ich über dich gelegt habe, als der Seraph Jagd auf dich machte“, sagte Sybaris, ohne weiter darauf einzugehen, und horchte dann weiter.
    Auch Maggie lauschte. Es war ein faszinierendes Erlebnis, den Wölfen zuzuhören und zu verstehen, was sie zu melden hatten. Ein Fremder war hier gewesen und hatte irgendeine Art von Botschaft hinterlassen. In einen großen Stein graviert. Die Wölfe konnten sie nicht lesen, kannten also nicht ihren Inhalt.
    „Sie können ihn nicht heben“, erkannte Maggie. „Er ist zu schwer.“
    „Ich hole ihn“, sagte Axel.
    Maggie nickte. „Aber pass auf dich auf. Es könnte eine Falle sein.“
    „Nein“, sagte Sybaris. „Meine Wölfe würden das wittern. Im Moment besteht keine Gefahr.“
    Als sei es das Natürlichste der Welt, erschienen Axels schwarze Schwingen, und mit einem einzigen Schlag jagte er hoch in die Luft. Das Schwert hielt er noch immer in der Faust.
    Maggie liebte es, gemeinsam mit ihm zu fliegen, aber fast noch mehr liebte sie es, ihn fliegen zu sehen. Seine Kraft, seine Anmut.
    Sybaris kicherte, so unvermittelt, als wäre ihr gerade ein alter Witz eingefallen.
    „Was ist?“, fragte Maggie.
    „Möchtest du gerne einmal etwas ausprobieren?“, fragte sie.
    „Was denn?“, fragte Maggie zurück.
    „Ich weiß selbst nicht, ob es funktioniert“, räumte Sybaris ein. „Die Tatsache, dass du die Wölfe verstehst, hat mich erst darauf gebracht. Wenn es stimmt, was ich gerade denke, hat mein Wolfszauber noch sehr viel mehr bewirkt, als nur deinen Duft zu verbergen.“
    „Das wäre?“
    „Lass dich überraschen“, sagte Sybaris, und ihre Augen funkelten lebendig und neugierig.
    „Lauf los“, sagte sie. „Folge den Stimmen meiner Kleinen. Laufe zu dem Stein hin. Lauf so schnell du kannst.“
    Maggie blickte sie fragend an. „Warum? Axel ist doch gleich wieder zurück.“
    „Versuche es einfach“, sagte Sybaris.
    Noch immer skeptisch stand Maggie auf und schaute in Richtung Wald. „Einfach so?“
    „Lauf!“, rief Sybaris mit einem anspornenden Lachen ...
    ... und Maggie rannte los.
    Jetzt erst merkte sie, dass sie tatsächlich einen großen Drang verspürte, zu rennen, und dass der nichts damit zu tun hatte, dass sie sich schon seit Tagen, einmal vom Sex mit Axel abgesehen, nicht mehr sportlich betätigt hatte. Es war vielmehr, als würden die Stimmen der Wölfe sie anlocken ... sie einladen, zu ihnen zu stoßen.
    Der Boden war uneben, doch zu ihrem eigenen Erstaunen lief sie darauf wie auf einer planierten Aschebahn, federnd und ohne zu zögern oder darüber nachzudenken, wo sie den nächsten Schritt hinsetzen würde. Und obwohl sie noch gar nicht angefangen hatte, sich anzustrengen, lief sie schneller als sonst.
    Viel schneller!
    Das war ein weiterer Effekt des Wolfszaubers? Dass sie mehr Kraft hatte? Dass ihre Instinkte schärfer waren?
    Maggie entschied, das auszuprobieren, und steigerte das Tempo mühelos. Gleich darauf hatte sie den Waldrand erreicht - mindestens doppelt so schnell wie erwartet. Obwohl jetzt Bäume, Wurzeln, Sträucher und Baumstümpfe im Weg waren, fühlte sie kein Bedürfnis, das Tempo zu verringern. Im Gegenteil. Sie steigerte es noch. Erheblich - und ebenfalls mühelos. Nicht einmal ihr Puls wurde dabei schneller.
    Die Bäume und Felsen flogen förmlich an ihr vorüber, und ihr Sichtfeld verengte sich ... und veränderte sich. Mit einem Mal konnte sie den Pfad, den sie wählen würde und der sie mit der geringsten Mühe zwischen den Hindernissen hindurchführen würde, vor sich sehen.
    Sie stieß einen Freudenschrei aus. Er hörte sich an wie ein Heulen, und die anderen Wölfe erwiderten ihn. Begrüßend. Sie einladend. Anspornend.
    Ein großer Schatten, der plötzlich neben ihr auftauchte, ließ sie beinahe vor Schreck straucheln. Aber ein einziger Blick aus den bernsteinfarbenen Augen des riesigen Wolfes, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war und jetzt neben ihr rannte, beruhigte sie sofort wieder. Der riesige Wolf war Sybaris! Maggie wusste nicht, woher sie das wusste, aber sie wusste es. Instinktiv. Kristallklar.
    Auch Sybaris heulte auf und jagte an ihr vorüber. Ihr buschiges Fell kräuselte sich im Wind. Maggie verspürte den Ehrgeiz, nicht zurückzubleiben, sich nicht abhängen zu lassen. Sie beugte sich nach vorn und beschleunigte ihren Lauf.

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