Himmel, Polt und Hölle
Reiter wollen verkaufen. Du
weißt schon, der alte Sonderling, der alles Mögliche und Unmögliche gesammelt
hat.“
„Ignaz Reiter? Verdammt, das Preßhaus kenne ich.“
Polt trank aufgeregt einen Schluck. „Das war natürlich ein Traum. Und der
Preis?“
„Dreißigtausend Schilling, soviel ich weiß.“
„Zwei Tausender mehr, als auf meinem Sparbuch liegen.“
Der Mesner schaute neiderfüllt. „Krösus!“
Polt hörte gar nicht hin. „Wer sind die Erben?“
„Zwei Enkel, soviel ich weiß. Wohnen in Burgheim.
Hat mir der Pfarrer erzählt.“
„Glaubst, daß er mir einen zweiten Sonntagsbesuch
übelnehmen würde?“
Firmian Halbwidl erhob sich. „Nicht, wenn ich dabei
bin.“
Die Tür des Pfarrhauses war verschlossen. Der Mesner
läutete lange und ließ auch noch den schweren gußeisernen Türklopfer gegen das
Holz fallen. Dann ging die Tür einen Spalt auf, und Polt sah zum ersten Mal in
seinem Leben Pfarrer Virgil Winter ohne Rock und mit geöffnetem Hemdkragen vor
sich. Offensichtlich hatte er einen Mittagsschlaf gehalten. Die sonst so
makellos Frisur des geistlichen Herren war zerstört. „Seid ihr verrückt, ihr
zwei, oder besoffen?“
Der Mesner bekam einen roten Kopf. „Entschuldigen
Sie vielmals, Hochwürden, der Simon wollte nur...“
„Dann soll er mir sagen, was er will! Na?“
„Es geht..., es geht um die Erben vom Ignaz Reiter.“
Polt vermied es, den Pfarrer anzuschauen.
„Peter Reiter und Hermine Petz.“ Die Tür wurde lautstark
zugeworfen und gleich darauf wieder geöffnet. „Warum willst du das wissen,
Simon?“
„Es geht um das Preßhaus. Es soll ja zu haben sein.“
„Habgier ist eine Todsünde. Zum Teufel mit euch.“
Diesmal blieb die Tür zu.
Das
Leben auf dem Lande
Ignaz Reiters Preßhaus! Polt sah es vor sich. Ganz
oben in der Burgheimer Kellergasse stand es, vollgeräumt mit bäuerlichem Gerät,
Kuriositäten und Altertümern. Der Gendarm überließ den Mesner seinem
pfarrlichen Schicksal und ging eilig nach Hause. Die Hermi Petz kannte er ganz
gut, und sie war ihm eigentlich einen kleinen Gefallen schuldig. Vor einigen
Wochen hatte er spät nachts ihren Mann daran gehindert, nach der Blasmusikprobe
nicht eben nüchtern sein Auto zu besteigen, und ihn mit dem Dienstwagen
heimgebracht. Er suchte hastig im Telefonbuch. „Ja, Petz?“
„Ich bin's, der Polt. Entschuldigen Sie die Störung
am Sonntag. Es geht ums Preßhaus, das ihr geerbt habt.“
„Ja und? Was ist damit?“
„Ich hätte es gerne gekauft. Läßt sich da was
machen?“
„Von mir aus schon. Doch das entscheidet der Peter.
Der ist aber heute Nachmittag auf dem Brunndorfer Fußballplatz, soviel ich
weiß.“
„Wie schaut er denn aus?“
„Der Peter? Dick. Mit Stoppelglatze. Ein richtig
schöner Mann.“
Der Fußballplatz hinter dem Gasthaus Stelzer hatte
nur zwei Bankreihen für die wenigen Zuschauer. Einer von ihnen war ohne Zweifel
Peter Reiter. Polt setzte sich neben ihn und bezwang mühsam seine Ungeduld bis
zum Schlußpfiff. „Entschuldigen Sie“, redete er dann seinen Sitznachbarn an,
„Polt ist meine Name, könnten wir ein paar Sätze miteinander reden?“
„Vor zwei Monaten waren Sie aber weniger freundlich.“
„Was soll da gewesen sein?“
„Radarkontrolle auf der Bundesstraße. Vier Uhr früh.
Siebenhundert Schilling.“
Jetzt erinnerte sich der Gendarm. „Sie waren aber
auch ordentlich flott unterwegs damals.“
„War ich. Und jetzt?“
„Ich habe schon mit der Petz Hermi telefoniert. Es
geht um das Preßhaus. Ich hätte Interesse daran.“
„So, Sie. Und warum soll ich ausgerechnet Ihnen ein
Preßhaus verkaufen? Aus Dankbarkeit vielleicht?“
Polt spürte kalten Schweiß auf der Stirn. „Ich hab
Ihren Großvater noch gekannt. Ich würde in Ehren halten, was er so alles
hinterlassen hat.“
„Mir egal.“
„Ja, und diese Strafe damals. Wenn Sie die einfach
auf den Kaufpreis draufschlagen?“
Reiter warf Polt einen raschen Seitenblick zu. „Also
fünfunddreißigtausend?“
Halsabschneider, dacht Polt. „Meinetwegen“, sagte
er, „ich habe nur fünfhundert Schilling bei mir. Genügt das als Anzahlung?“
„Schon gut. Nächste Woche gehen wir zum Notar unterschreiben,
und dann können Sie's haben, besenrein.“
„Um Himmelswillen, nur das nicht! Lassen Sie bitte
alles, wie es ist.“
Peter Reiter schaute Polt verwundert an. „Sie und
mein Großvater! Da haben sich zwei gefunden.“ Dann lachte er. „Bis dann also.
Am
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