Himmel, Polt und Hölle
wissen, wann und wie das Gift in den Wein gekommen sein
könnte, vor allem aber, wer Gelegenheit zur mörderischen Tat hatte. Der
Cabernet-Sauvignon vom Höllenbauern als Mordwaffe! Na, der wird eine Freude
haben. Andererseits: So kommt er wenigstens in die Zeitung. Simon, du kümmerst
dich bitte gleich weiter um den Pfarrhof. Und dann hörst du dich auch sonst im
Wiesbachtal um, was die arme Amalie betrifft. Alles interessiert uns. Ist ja
wirklich seltsam, wie wenig man von einem Menschen weiß, den man fast zwanzig
Jahre kennt. Inspektor Holzer und ich erledigen inzwischen die alltägliche
Arbeit. Muß ja auch sein, nicht wahr?“
Simon Polt zog einen Telefonapparat an sich heran
und wählte die Nummer des Pfarrhofes.
„Ja? Pfarrer Winter hier!“
„Ich bin's, Simon Polt. Sie werden Ihre Ruhe haben
wollen. Aber ich muß trotzdem mit Ihnen reden, möglichst bald.“
„Wir haben beide unsere Pflichten. Willst du gleich
jetzt kommen, Simon?“
„Wenns geht?“
„Freilich. Du findest mich im Wohnzimmer, neben der
Pfarrkanzlei.“
Post
mortem
Als Polt eintrat, umgab ihn eine fremde Welt:
schwere Vorhänge, viele Bücher und dunkel gebeizte, massive Möbel auf dem
glänzend gewachsten Holzboden. Der Pfarrer saß in einem schönen, doch schon
recht schäbig gewordenen Ohrenstuhl. Auf dem kleinen Tisch neben ihm stand eine
Tasse Tee. „Simon Polt! Du bist herzlich willkommen hier, trotz all der
Trauer.“
„Danke, Hochwürden. Wie geht's Ihnen denn? Kommen
Sie irgendwie über den Tag?“
„Ja, irgendwie. Mit dem Kochen und der Hausarbeit
komme ich so einigermaßen zurecht. Und eines Tages wird die Diözese ja auch
wieder eine Hilfe für mich finden. Obwohl es immer schwieriger wird. Auch die
Kirche muß sparen. Viel härter trifft mich der persönliche Verlust. Die Amalie
war ein positiver und heiterer Mensch, auch zur Einsicht gereift, in den
letzten Jahren.“
„Und vorher?“
„Mein Gott, Simon. Sie war 27, als sie zu mir gekommen
ist. Da nimmt man das Leben noch in vielem leichter. Für eine Pfarrersköchin
war sie damals übrigens noch viel zu jung. Da gibt es gewisse Vorschriften, von
wegen Versuchung und so. Aber ich habe sie dann doch aufnehmen dürfen.“
„Der Kurzbacher sagt, daß anfangs viel geredet
worden ist.“
ausgerechnet der Friedrich. Selbst ein ganz schöner
Schlawiner gewesen, früher.“
„Hat die Amalie eigentlich je gesagt, warum sie ausgerechnet
in einen Pfarrhof wollte, noch dazu auf dem Land?“
„Ja, das hat sie. Allerdings recht allgemein, und
sie wollte es vertraulich behandelt wissen. Mich bindet kein Beichtgeheimnis,
Simon, aber ich möchte ihr doch diesen Wunsch weiterhin erfüllen. Es ist ohne
Belang für deine Arbeit.“
„Heinz Hafner meint, sie hätte sich aus Angst ins
Wiesbachtal geflüchtet.“
„Heinz Hafner. Wenn ich diesen Namen nur höre! Ich
hätte ihn nie zu mir bitten sollen.“
„Und seine Beziehung zur Amalie?“
„Muß er vor sich und dem Himmel verantworten. Etwas
anderes: Hat sich der Verdacht von Dr. Eichhorn inzwischen bestätigt?“
„Ja. Es war ein Gemisch aus Wein und Tollkirschensaft,
das tödlich gewirkt hat.“
Der Pfarrer fuhr zusammen, seine Lippen zitterten.
„Was sagst du da? Das Gift war wirklich im Wein?“
„Ja, es dürfte Ihr Geburtstagswein gewesen sein,
Herr Pfarrer. Der Cabernet Sauvignon 1979 vom Höllenbauern. Schade drum.“
Virgil Winter gab vorerst keine Antwort und schaute
ins Leere. Dann legte er langsam die Fingerspitzen aufeinander. „Zu meinem
kleinen Weinvorrat hatte die Amalie keinen Zugriff, und auch sonst niemand. Nur
mit meiner ausdrücklichen Bewilligung. Der guten Ordnung halber, verstehst
du?“
„Wer kauft den Wein eigentlich ein?“
„Das erledige ich selbst, Simon. Eine gute Gelegenheit,
mit dem Höllenbauern zu reden und ein wenig zu verkosten. Den letzten
Zwölferkarton habe ich gleich nach dieser fatalen Kellerrunde mit Herrn Hafner
geholt, auch um den Höllenbauern etwas aufzurichten. Na, und jetzt ist der
Weinschrank ja leergeräumt. Vielleicht könntest du den Höllenbauern bitten,
daß er mir ausnahmsweise einen Karton vorbeibringt. Ich will nicht aus dem
Haus gehen.“
Polt nickte nachdenklich. „Haben Sie, Herr Pfarrer,
eine Vermutung, wie der giftige Saft in den Wein gelangt sein könnte?“
„Nicht wirklich. Der Höllenbauer hätte natürlich
leicht so etwas machen können. Grotesker Gedanke! Und für den Firmian Halbwidl
gilt wie für die Amalie..., wie es
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