Himmel, Polt und Hölle
mit dem Fürst Franzi zusammensteckt, hab
ich recht? Ein fescher Bursch ist er ja gewesen, früher einmal. Aber die Welt
verbessern, Saufen, den Frauen den Kopf verdrehen und sich für die Schulkinder
aufopfern, das hält der stärkste Mensch nicht aus. Bei dem ist Hopfen und Malz
verloren. Und für die Karin wüßt ich mir was Besseres. Sie wahrscheinlich auch,
Herr Polt!“
„Die Karin möchte ihm helfen. Das gehört sich eben.“
„Helfen? Liebend gern, wahrscheinlich.“
,Ach was. Erzählen Sie mir lieber von der Amalie
Pröstler. Was war denn die für eine, früher?“
„Die? Eine Flitschn. Hat eben einen merkwürdigen
Geschmack gehabt als ein junger, unser Herr Pfarrer. Was da so manchmal als
Damenbesuch aus der Stadt im Pfarrhaus war, schwingt normalerweise das
Handtaschl vorm Stundenhotel. Und dann haben sich bei ihm noch junge Männer
herumgedrückt, die im Erziehungsheim besser aufgehoben gewesen wären, oder
gleich im Gefängnis. Jedenfalls hat dieses aufgeputze Fräulein Pröstler ganz
gut dazugepaßt. Und später hat's dann die Unnahbare gespielt. Bei mir
einkaufen? Aber geh! Nach Breitenfeld hat sie fahren müssen.“
„Ja, weil der Wochenmarkt dort natürlich interessant
ist, für eine gute Köchin. Und als junge Frau wird sie halt lebenslustig
gewesen sein.“
„Die hat mit dem Feuer gespielt und sich nicht nur
einmal dabei die Finger verbrannt. Die Männer im Wiesbachtal hat sie am
Schnürl gehabt, wie Marionetten.“
„Und die haben mitgespielt?“
„Wie die Narren haben sie sich aufgeführt, und die
Frauen haben Gift und Galle gespuckt. Aber irgendwann sind die meisten
Mannsbilder doch wieder zur Besinnung gekommen. Im Vertrauen: Kennen Sie die
Teufelsbuche, oben am Grünberg, Inspektor?
„Nein.“
„Da müßten eigentlich noch eine Menge Herzen und
Anfangsbuchstaben eingeritzt sein. Wer es geschafft hat, wenigstens einmal das
saubere Fräulein Pröstler auszuführen, hat sich dort eingetragen. War wie ein
Wettbewerb.“
Frau Habesam schaute zur Tür, weil neue Kundschaft
kam. „Grüßgott, Herr Kurzbacher! Weil wir grad davon reden. Wie war das denn
damals mit der Amalie, so vor zwanzig Jahren?“
„Na, Friedrich?“ Polt grinste.
Der Kurzbacher stellte seine braune Einkaufstasche
hin. „Einen Viertelkilo Butter krieg ich und ein halbes Schwarzbrot.“
„Auf Wiedersehen also!“ Simon Polt ging und ließ
sich nichts davon anmerken, daß ihn der Kurzbacher kräftig gegen das Schienbein
getreten hatte.
Vor dem Wachzimmer in Burgheim bemerkte der Gendarm
ein Dienstauto mit Wiener Kennzeichen. Polt ließ den braunen Papiersack mit der
Jause im Vorzimmer zurück und sah Landesgendarmerieinspektor Kratky und Harald
Mank am Besprechungstisch sitzen.
Kratky sah mürrisch von seinem Notizblock hoch.
„Also noch einmal von vorne, damit auch Herr Inspektor Polt im Bilde ist. Wir
haben einen ehemaligen Kollegen von Frau Pröstler ausfindig gemacht. Wo er
heute kocht, wollen wir diskret außer acht lassen. Ich sage nur: drei Hauben.
Jedenfalls hat er vor über zwanzig Jahren im Schwarzen Kameel gelernt.
Restaurantkritiken in Büchern und Zeitungen waren damals noch nicht üblich.
Aber eine Kolumne mit dem Titel Tafelsilber hatte meist Essen und Trinken zum Thema. Frau
Pröstlers Kochkunst wurde darin nicht nur einmal in geradezu hymnischen Worten
gerühmt. Das änderte sich dann aber von einem Tag auf den anderen. Ich habe
mir die Seiten aus der Nationalbibliothek besorgen lassen.“ Kratky legte die
Hand auf einen wohlgefüllten Ordner. „Es folgte über Wochen hinweg eine
gnadenlose Hinrichtung. Die Gäste blieben aus, Frau Pröstler fing in ihrer
Panik wirklich an, beim Kochen Fehler zu machen, und überdies begann sie auch
noch zu trinken. Sie hat dann freiwillig gekündigt.“ Kratky hob den
Zeigefinger. „Es stellt sich hier natürlich die Frage nach der Urheberschaft
dieser verderblichen Zeilen. Ein bis heute wohlgehütetes Pseudonym. Ich scheue
allerdings nicht die Mutmaßung, daß sich hinter Sergant Pepper ein
gewisser Heinz Hafner verbergen könnte.“
Harald Mank, der Kratky nur halb zugehört hatte,
weil er an den Jausensack und mehr noch an dessen Inhalt dachte, war jetzt
doch sehr interessiert. „Und was sagt er dazu?“
„Wir haben nach wie vor keine Gelegenheit, ihn zu
fragen, und auf e-mails reagiert er nicht. Auch der Chefredakteur hat keine
Ahnung, wo sich sein teuerster Mitarbeiter im Augenblick befindet. Kommt öfter
vor, sagt er. Diesmal liegen die
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