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Himmel, Polt und Hölle

Himmel, Polt und Hölle

Titel: Himmel, Polt und Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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Selbstverstümmelung!“
    „Dann wundert es mich, daß mir bis jetzt nichts
passiert ist. Sag einmal, Karin, war der Franz Fürst immer schon so haltlos?“
    „Aber nein. Du hättest ihn in seiner guten Zeit
erleben sollen! Korrekt vom Scheitel bis zur Sohle, allerdings auch arm wie
eine Kirchenmaus, weil er fast sein ganzes Gehalt für Schulprojekte ausgegeben
hat. Was heute so unter moderner Pädagogik läuft, war für ihn schon vor Jahren
selbstverständlich.“
    „Hat er damals auch schon getrunken?“
    „Nicht so viel. Wenns mit Freunden aber einmal besonders
hoch hergegangen ist, hat schon so etwas wie eine kleine Orgie daraus werden
können.“
    „Und du warst dabei?“
    „Nein. Das war Männersache.“
    „Ja, und weiter?“
    „Es ist dann schlimmer geworden mit dem Trinken. Der
Franzi hat aber auch ganz klar erkannt, daß sich etwas ändern muß. Und das hat
er mit großer Konsequenz durchgezogen.“
    „Wie denn?“
    „Er ist weg aus dem Wiesbachtal, zurück nach Wien.
Dort hat er es sogar zum Volksschuldirektor gebracht und zu einer richtigen
Familie. Aber das war für ihn noch immer viel zu wenig. Alle Reformpläne, die
ihm am Herzen gelegen sind, hat er auf einmal verwirklichen wollen, kein
Widerstand war groß genug, um ihn abzuschrecken. Für die Familie ist dabei
immer weniger Zeit und Geld geblieben. Und dann hat er sich auch noch beruflich
total übernommen. Am Schluß war er ruiniert, in jeder Hinsicht.“
    Karin Walter steckte gedankenverloren ein Stück
Schinken in den Mund, kaute und schluckte.
    „Eines nachts hat ein Kollege einen Anruf von ihm bekommen.
Er wäre mit der Schnellbahn nach Breitenfeld gefahren, und bittet, daß er ihn
dort abholt. Der Franzi hat in Wien alles liegen und stehen gelassen. Seiner
Familie hat er sich ohnehin schon nicht mehr unter die Augen getraut. Der
letzte große Traum war ein neuer Anfang im Wiesbachtal. Aber daraus ist nicht
mehr viel geworden.“
    „Starkes Leben“, sagte Polt. „Aber er hat eine
Karin, die ihm die Hand hält, wenn's eng wird. Von der Familie, die er
zurückgelassen hat, redet keiner.“
    Karin schaute für ein paar Sekunden ins Leere. „Da
hast du natürlich recht, Simon.“
    Polt stand unwillig auf. „Schön langsam hätte ich es
gerne wieder mit stinknormalen Menschen zu tun. Der Bruno Bartl wird immer
sonderlicher, und der Firmian ist halb verrückt vor Kummer, weil er seine heiß
begehrte Köchin nicht mehr hat. Sein Leben erinnert mich übrigens ein wenig an
das von deinem Franz.“
    „Mein Franz ist
er nicht.“ Karin überlegte. „Irgendwie hast du schon recht, Simon. Narren sind
sie beide. Aber der Halbwidl hat sich's im wirklichen Leben so einigermaßen
gerichtet, als halbgebildeter Besserwisser. Der Franz hingegen stellt die ganze
Welt in Frage, und natürlich auch sich selbst. Dabei ist sein Verstand genauso
gnadenlos wie das Gefühlsleben. Immer mit mehr als hundert Prozent unterwegs,
weißt du.“
    „Soll ja ein ziemlicher Frauenheld gewesen sein.“
    „Das kannst du laut sagen, Simon. Er hat umwerfend
lustig sein können, und wenn du eine Frau erst einmal zum Lachen bringst, ist
schon viel gewonnen. Gut ausgeschaut hat er natürlich auch, ein Sportler mit
wunderschön verträumten Augen. Und bürgerliche Bedenken haben ihn wenig
gestört. Treu war er schon gar nicht, aber wenn dann eine so richtig böse auf
ihn war, ist er mit sich selber so gründlich und witzig ins Gericht gegangen,
daß sie nicht ernst bleiben konnte.“
    „Sehr eindrucksvoll geschildert, wirklich!“
    Karin schaute Polt überrascht ins Gesicht. „Ich rede
und rede..., Simon, sag, bist du eifersüchtig?“
    „Ich eifersüchtig?“ Er lachte. „Wie kommst du
darauf? Nein. - Ja.“
    Karin schwieg eine Weile. Dann rückte sie dicht an
Polt heran und küßte ihn, erst sanft, dann eindringlich. Simon Polt hörte
entgeistert den Engelschören zu, die in seinem Kopf jubilierten,
erstaunlicherweise begleitet von der Brunndorfer Blasmusik. Dann aber spürte
er, daß etwas in ihm über die Ufer trat, lange Aufgestautes. Mit zärtlicher
Gier fiel er über Karin Walter her. Er war auf dem besten Weg in einen
unheiligen Himmel, als ihn Karins Lachen irritierte. „Entschuldige, Simon, aber
dein Kater!“
    Jetzt erst bemerkte er, daß Czernohorsky dabei war,
sich hartnäckig mit seinem dicken Kopf zwischen die beiden Körper zu zwängen.
Polt packte ihn am Nackenfell. „Balg, räudiger!“
    Karin hatte sich aufgerichtet. „Laß ihn, Simon. Er hat

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