Himmel, Polt und Hölle
erstatten?“
Karin Walter warf Simon Polt einen raschen Blick zu.
Der Gendarm senkte den Kopf.
Harald Mank seufzte. „Also gut. Wir wissen vorerst
von nichts. Offiziell, meine ich. Zufrieden, Karin?“
„Ich weiß nicht.“
In
Gottes Namen
Nach Dienstschluß rief
Polt gleich Karin Walter an, erreichte sie aber nicht. Dann versuchte er es
mit Virgil Winter. Doch auch der Pfarrer war nicht zu Hause.
Na gut, dann eben morgen. In dieser verfahrenen
Situation war es vielleicht ohnehin besser, private Gespräche vorerst zu
vermeiden. Andererseits brauchte er sich keine Illusionen zu machen. Längst war
er auch persönlich in die Angelegenheit verstrickt. Der einzige, dem er
einigermaßen unbefangen entgegentreten hätte können, Heinz Hafner, war mit
unbekannten Zielen abgereist.
Polt schaute mürrisch auf seinen roten Kater
Czernohorsky herab, der seinen Blick herausfordernd erwiderte, das Mäulchen
öffnete und völlig entkräftet ein lautloses Miauen ausstieß. „Nach dem, was du
angestellt hast“, brummte Polt, „gebührt dir Wasser und Brot, wenn überhaupt.
Aber ich bin ja nicht so.“ Er füllte den Napf, holte dann ein Stück
Selchfleisch aus dem Kühlschrank und biß lustlos im Stehen davon ab.
Polt war unruhig. Er wollte gerade das Haus
verlassen, um sich beim Kirchenwirt ein wenig abzulenken, als er ein Klopfen
hörte. Das konnte nur Karin sein! Als er die Tür öffnete, stand Pfarrer Virgil
Winter vor ihm. „Grüß dich, Simon. Das ist kein priesterlicher Hausbesuch.“
„Sondern? Aber kommen Sie doch erst einmal herein.
Wein? Bier?“
„Nichts davon. Mir ist im Augenblick mehr nach Askese.
Ich möchte in Ruhe mit dir reden, und zwar außerhalb meines christlichen
Amtsgebäudes. Hast du Zeit und Geduld dafür?“
„Offen gestanden: Ich hab ohnehin nicht gewußt, was
ich mit diesem Abend anfangen soll.“
Virgil Winter lachte leise. „Verkehrte Welt! Ich,
der den Gläubigen die Beichte abnimmt, komme zum Simon Polt, um mich
auszusprechen.“
„Morgen war ich sowieso zu Ihnen gekommen, Herr
Pfarrer.“
„Mir ist es so lieber. Laß mich ein wenig ausholen.
Wenn ich zu geschwätzig werde, sag es mir bitte. Bevor ich ins Wiesbachtal
gekommen bin, war meine priesterliche Laufbahn alles andere als beschaulich.
Gefängnisseelsorge, Arbeit mit Prostituierten, mit Drogensüchtigen. Ich habe
mich den Randgruppen der Gesellschaft verpflichtet gefühlt. Eine Arbeit, die
bereichert, Simon, die aber an den Kräften zehrt. Irgendwann habe ich erkannt,
daß ich nicht so stark bin, wie ich das in meinem jugendlichen Überschwang glaubte.
Anfangs habe ich versucht, meine bisherige Arbeit auch als Pfarrer in Burgheim
wenigstens ansatzweise fortzuführen und mich weiter mit meinen Schützlingen zu
treffen. Es hat nie richtig funktioniert, und Gerede gab es natürlich auch. Ich
mußte schließlich einsehen, daß ich ohnehin nur mein schlechtes Gewissen
beruhigen wollte. Den Rest meiner Biographie kennst du ja einigermaßen.“
„Und die Frau Pröstler?“
„Ich hatte gerade vor, auf sie zu kommen. Als sie wegen
der Stelle als Pfarrersköchin bei mir vorsprach, war mir gleich klar, daß
einiges nicht stimmen kann. Ich habe ja Augen im Kopf und konnte nicht
übersehen, daß sie verdammt hübsch war. Und wer ein glänzendes Zeugnis eines
berühmten Wiener Restaurants vorweisen kann, braucht nicht für einen Pfarrer zu
kochen. Nach ihren Worten hatte menschliche Bosheit eine steile Karriere in
Wien zunichtegemacht. Von Heinz Hafner hat sie mir erst neulich erzählt. Er
soll mit seinen Gemeinheiten aber nur den letzten Anstoß zur Veränderung
gegeben haben. Schon lange ist die Amalie mit dem unerträglichen Erfolgsdruck
in ihrer Branche nicht mehr fertiggeworden. Sie war nur noch ein junges,
schönes Wrack.“
„Wir wissen inzwischen schon ein wenig mehr über die
Angelegenheit.“
„So? Es muß mich nicht interessieren. Für mich ging
es damals um einen psychisch gefährlich labilen Menschen, der überdies massive
Alkoholprobleme hatte. Die Bedenken der kirchlichen Obrigkeit waren mir da ziemlich
egal. Ich habe ihr neues Leben im Pfarrhaus irgendwie auch als Therapie
gesehen. Aber ich mach mir nichts vor: Wir beide waren aufeinander angewiesen,
und der Vorteil war überwiegend auf meiner Seite.“
„Und gar so streng dürfte die Betreuung Ihrer Mitarbeiterin
ja auch nicht ausgefallen sein, hab ich recht?“
„Es war eine Gratwanderung. Einerseits hat sie ganz
einfach neue Beziehungen
Weitere Kostenlose Bücher