Himmel uber Langani
von Gästen, wo ich mich entsetzlich langweilen werde. Eigentlich wollte ich nach Irland fliegen, um mit Sarah zu feiern, aber jetzt sieht es aus, als würde sie hier bleiben. Vielleicht flüchte ich auf eine einsame Insel. Meine wahre Geburtstagsfeier hatte ich in den letzten Wochen, eine wunderschöne Zeit, die noch nicht vorbei ist. Also los, machen wir uns für Hannahs Grillparty schick.«
Die sichtliche Erleichterung auf seinem Gesicht versetzte ihr einen Stich ins Herz. Zum ersten Mal verstand sie, wie tief der Abgrund zwischen einem Mann und einer Frau sein konnte, wenn es ihnen nicht gelang, einen gemeinsamen Lebenstraum zu entwickeln. Das tat sehr weh, und sie hatte Mühe, die heißen Tränen zu unterdrücken, die ihr in die Augen steigen wollten.
»Komm zurück ins Bett!« Wie sie den Klang seiner Stimme liebte! »Du bist so schön. Ich möchte dich noch ein wenig in den Armen halten.«
»Du Nimmersatt. Wir sind schon viel zu spät dran. Zum Glück habe ich bereits geduscht. Also steh auf und zieh dich an. Ich gehe schon mal vor.«
Draußen auf dem Rasen hatte Hannah ein schreckliches Déjà-vu-Erlebnis. Lotties Damasttischtuch war über einen Tapeziertisch gebreitet. In einer Vase prangten die roten Blüten des Phlox, und das beste Geschirr war aufgedeckt. In alten Gläsern, Familienerbstücke auch sie, steckten gestärkte Servietten. Hannah glaubte ihre Eltern zu sehen, die schweigend auf ihren angestammten Plätzen saßen. Bilder ihrer letzten Nacht auf Langani standen ihr vor Augen. Jan war sehr niedergedrückt gewesen und hatte düstere Warnungen ausgestoßen, während Lottie in sich gekehrt wirkte und kein Wort sprach. Hannah setzte sich auf einen Gartenstuhl und versuchte sich wieder zu fangen. Aber das Gefühl des Verlassenseins hatte sie wie ein Schlag in den Magen getroffen. Als sie aufblickte, sah sie Mwangi vor sich. Nachdem er sie kurz gemustert hatte, begann er, den Tisch wieder abzuräumen.
»Der heutige Abend ist für die jungen Leute«, sagte er. »Und deshalb sollten wir nicht die alten Sachen benutzen. Ich bringe anderes Geschirr, Memsahib Hannah, und dann können Sie neue Blumen aussuchen. An die mzees [50] erinnern wir uns ein andermal.«
Er brachte Lotties Gedecke ins Haus und kehrte mit dem Alltagsgeschirr aus Keramik und karierten Servietten zurück. Am liebsten hätte Hannah ihn umarmt und ihm erklärt, wie sehr sie ihn für seine Güte, sein Verständnis und seine Treue liebte. Doch sie fürchtete, er könnte ihr Worte falsch deuten oder sogar peinlich finden. Deshalb drückte sie ihm nur die Hand und hoffte, dass er sie verstand. Dann griff sie nach ihrer Gartenschere und schnitt einen Korb voller Dahlien, Rosen und Nelken in bunten, strahlenden Farben. Als sie die neu bestückten Vasen auf den Tisch stellte, war sie ihren Eltern unendlich dankbar für die schöne Kindheit, die sie hatte verleben dürfen. Sie hatte ihren Vater stets für weise und mächtig gehalten und geglaubt, dass ihr unter seiner Obhut nichts zustoßen könnte. Obwohl er sich letztlich nicht als der Held aus ihren Kinderträumen erwiesen hatte, war er dennoch ihr Vater. Lotties bedingungslose Liebe hatte ihnen allen Geborgenheit vermittelt und ihnen die Kraft gegeben, ihre Träume zu verwirklichen. Hannah ging ins Haus, denn sie wusste, dass sie mit ihren Eltern sprechen musste. Sie wollte ihrem Vater sagen, dass sie die Vergangenheit endlich ruhen lassen mussten. Er und Lottie sollten nach Hause zurückkehren, nach Langani, wo sie hingehörten, weil Hannah sie liebte und brauchte. Das Läuten des Telefons riss sie aus ihren Gedanken. Sie wusste sofort, dass es ihre Mutter war.
»Alles Gute zum Geburtstag, meine liebe Hannah. Während du auf Safari warst, konnte ich dich ja nicht erreichen. Ich habe dir so viel zu erzählen. Bestimmt war es sehr schön mit Piet und deinen Freunden. Du musst mir alles haarklein berichten, und ich hoffe, dass du mir bald schreibst.« Lotties Stimme klang sehnsüchtig.
»Ganz bestimmt schreibe ich dir«, erwiderte Hannah. »Und dann erzähle ich dir alles über meinen traumhaften Geburtstag. Vielen Dank für das Armband. Ich habe es vorgefunden, als ich heute Morgen zurückkam. Noch nie hatte ich ein Schmuckstück mit echten Steinen. Alle fanden es toll. Und das Kleid auch. Ich liebe dich, Ma.« Sie holte tief Luft. »Ist Pa da? Ich würde gern mit ihm reden.«
»Oh, Hannah, mein Kind, das würde ihn sicher schrecklich freuen. Aber er ist nicht zu Hause.« Eine Pause
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