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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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ein wenig Vergnügen leisten zu können. Einige schienen schon kräftig gebechert zu haben; sie brüllten lauthals herum und spielten sich auf, die Frau war vermutlich eine Hure. In der Nacht würde es noch schlimmer werden, da machten die Gasthäuser gute Geschäfte, und obgleich die Stadtpolizisten und auch der Nachtwächter ihre Runden drehten, kam es doch immer wieder zu Prügeleien und Zerstörungen.
    Christian Ohlsen war seit drei Jahren alleiniger Inhaber der Ohlsen’schen Kolonialwarenhandlung. Er war nicht freiwillig dazugekommen, eigentlich hätte er viel lieber noch ein Weilchen das angenehme Studentenleben in Hamburg genossen, das die Eltern ihm in der Hoffnung finanzierten, den einzigen Sohn eines Tages als angesehenen Juristen in einer guten Staatsposition zu sehen. Aber daraus war nichts geworden. Als sein Vater plötzlich verstarb, war Christian von einem Abschlussexamen noch ebenso weit entfernt wie zu Beginn seines Studiums. So kehrte er nach Leer zurück, um dort das väterliche Geschäft zu übernehmen.
    Er tat es auf seine Weise. Ein Leben wie die Eltern, die nur geschuftet hatten, wollte Christian Ohlsen nicht führen. Was hatte der Vater nun von dem Geld auf der Bank? Er hatte sein Leben zwischen Waren und Zahlen verbracht, hatte tagsüber hinter dem Ladentisch gestanden und am Abend über den Büchern gesessen, und alle Gespräche zu Hause hatten sich nur um Ein- und Verkäufe gedreht, ob die Gesichtscreme für Frau Hansen vorrätig war, weshalb die Witwe Bollmann wohl letzten Samstag nicht zum Einkauf gekommen war oder ob man es wagen könne, eine größere Menge Kaffee zu bestellen. Eine Woche vor Weihnachten, als im Laden gerade Hochbetrieb war, fand man den Kaufmann Ohlsen im Lager auf dem Boden liegend, der Doktor, der eilig herbeigeholt wurde, konnte ihm nicht mehr helfen. Christians Vater hatte schon seit Jahren ein Herzleiden mit sich herumgeschleppt, aber die Arbeit ging vor, und er hatte immer behauptet, kerngesund zu sein. Die Mutter überlebte ihren Ehemann nur um zwei Monate, Anfang Februar raffte sie eine Lungenentzündung dahin.
    Christian investierte die Ersparnisse seiner Eltern großzügig, er kaufte das Nachbarhaus dazu, ließ die Wände durchbrechen und vergrößerte so Wohnung und Lager um fast das Doppelte. Auch das Warenangebot wurde erheblich ausgebaut, wobei er inzwischen ein wenig vorsichtiger geworden war, da allzu viele hübsche und ausgefallene Dinge, die er in der ersten Begeisterung gekauft hatte, in den Lagerregalen verstaubten oder verdorben waren. In Erwartung eines höheren Gewinns stellte er zwei junge Frauen für den Verkauf ein, dazu kam der Lehrling, der nur ein geringes Kostgeld erhielt. Vor allem die jungen Frauen hatte Christian gut angelernt, sie waren stets wie aus dem Ei gepellt und redeten die Kundschaft mit Namen und Titel an.
    Der Lehrling Julius hatte inzwischen das eiserne Gitter vor die Ladentür geklappt und mit dem schweren Vorhängeschloss gesichert. Christian rüttelte vorsichtshalber noch einmal daran, dann nickte er und nahm den Schlüsselbund wieder in Empfang. Die Ladentür würde er nach alter Gewohnheit selbst abschließen, genau so wie es sein Vater immer gehalten hatte. Die Mädchen rechneten schon an der Registrierkasse die Tageseinnahmen zusammen, vermutlich würde es wieder eine Differenz geben, was lästig war, denn dann musste er nachfragen und ermahnen. Früher, als noch Vater und Mutter den Laden führten, hatte die Kasse immer auf Heller und Pfennig gestimmt.
    » Es sind schon wieder fünfunddreißig Pfennig zu wenig in der Kasse«, jammerte auch schon eine der beiden.
    » Wie kann das sein?«
    Das Mädchen verdrehte die Augen und tat einen tiefen Seufzer, dann sah sie zu ihrer Kollegin hinüber, die das Münzgeld noch einmal nachzählte. Natürlich lag es an der da, die passte nicht auf, wenn sie herausgab, dreimal hatte sie sie schon dabei erwischt, da war es um zwei Pfennige und einmal sogar um eine ganze Mark gegangen. Aber laut sagen wollte sie das nicht, sie deutete es nur mit Blicken an und wusste, dass Herr Ohlsen sie schon verstehen würde.
    » Es wird nicht mehr«, stellte die andere bekümmert fest, nachdem sie alle Münzstapel kontrolliert hatte. Christian hatte wenig Lust, die Zählerei von vorn zu beginnen; Zahlen waren sowieso nicht seine Stärke, auch die Bücher führte er nur ungern, und oft verrechnete er sich dabei.
    » Lassen wir es für heute so.«
    Die Mädchen waren mehr als willig, oft blieben sie

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