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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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lassen…«
    » So etwas tut man nicht, Ettje!«
    » Großer Gott! Willst du bis an dein Lebensende Klavierstunden geben? Wenn du wieder heiratest, bist du versorgt, und um Klara werden wir uns schon kümmern!«
    Insgeheim war Charlotte fest entschlossen, sich niemals wieder einem Ehemann anzuvertrauen. Sie hatte den Strumpf mit ihrem Schmuck und den anderen Wertsachen ganz unten in ihre Schatulle gelegt, sollte der schwarze Götze aus Afrika darüber wachen. Wenn die Zeit gekommen war, würde sie die Sachen zu Geld machen und mit Klara fortgehen, nach Emden oder Aurich, vielleicht auch nach Jever. Sie würde ein Geschäft mieten und einen Handel beginnen, warum nicht? Sie würde es schon schaffen. Hier in Leer wollte sie auf keinen Fall bleiben.
    Eine Woche später stand ein Fremder vor der Tür. Ein magerer, bärtiger Mann ohne Mantel und Rock, die Weste zerrissen und voller dunkler Flecken. Charlotte brauchte eine Weile, um ihren Ehemann wiederzuerkennen, dann zog sie die Tür auf und ließ ihn eintreten.
    Sie setzte ihn an den Küchentisch, wo er Brot und Wurst hinunterschlang, warme Milch trank und wirres Zeug redete. Er habe alles noch abwenden wollen, in Bremen sei man ihm Geld schuldig gewesen, damit hätte er sein Geschäft retten können. Doch der Gläubiger sei nicht anzutreffen gewesen, alles habe sich verzögert, und dann habe ihm das Geld für die Rückfahrt nach Leer gefehlt. Charlotte solle nicht verzagen, er wolle ganz neu anfangen, das habe er sich geschworen. Er liebe sie, sie sei alles, was ihm geblieben sei, er würde für sie arbeiten, ganz gleich, was, er würde für sie Kisten schleppen oder Mist fahren, wenn es ihr nur gut ginge…
    Charlotte und Tante Fanny hatten Mühe, ihn auf das Sofa in der Wohnstube zu schaffen, dort deckten sie eine Kolter über ihn und ließen ihn schlafen.
    » Das hat uns noch gefehlt!«, jammerte Tante Fanny. » Was denkt er sich dabei? Nach allem, was er uns angetan hat, glaubt er wohl noch, wir würden ihn durchfüttern!«
    » Wäre es dir lieber gewesen, er hätte sich das Leben genommen?«, fragte Klara empört.
    » Ach was! Es ist rücksichtslos, so einfach hier hereinzuschneien!«
    Charlotte war hin- und hergerissen. Sie war unendlich erleichtert, dass Christian lebte, zugleich aber war ihr bewusst, dass dieser zu Tode erschöpfte und verwirrte Mensch nicht der Ehemann war, dem sie sich vor zwei Jahren anvertraut hatte. Sie hatte nur einen Teil von ihm gekannt, den großzügigen, zärtlichen, hin und wieder auch starrsinnigen Mann, der sich so gern mit schönen Dingen umgab und seine Frau in einen goldenen Käfig sperrte. Jetzt kannte sie auch Christian Ohlsens andere Seite: Er war ein Verschwender und ein Betrüger, ein Feigling und ein untauglicher Geschäftsmann.
    Christian schlief wie ein Stein bis zum folgenden Morgen, dann erschien er bei Tante Fanny in der Küche und begehrte warmes Wasser, um sich zu rasieren. Tante Fanny flüchtete entsetzt zu Charlotte, die mit Klara oben bei der Großmutter war, um das Bettzeug des Kranken zu wechseln.
    » Das kann kein Mensch von mir verlangen! Kümmere dich um deinen Mann, Charlotte. Du hast ihn schließlich geheiratet!«
    Charlotte trug frische Wäsche und Kleidung nach unten, besorgte ihm das Rasierzeug des Großvaters und sah zu, wie er sich wusch. Er war verprügelt worden, hatte blaue Flecke am ganzen Körper, und nachdem er sich rasiert hatte, sah sie, dass über seine rechte Wange eine tiefe Schramme lief. Sollte sie Mitleid mit ihm haben?
    » Wie ist das passiert?«
    Er war verlegen, schämte sich, ihren Blicken ganz und gar ausgeliefert zu sein, doch sie nahm keinerlei Rücksicht darauf.
    » Hatte ich erwähnt, dass ich eine Forderung eintreiben wollte? Ein dreckiger Inder in Bremen, der nicht zahlen will…«
    Er stockte und senkte den Blick.
    » Verzeih mir. Es gibt überall gute und schlechte Menschen.«
    » Gewiss!«
    Es gab schon lange keine Verbindung mehr zu den Großeltern in Indien. Sie wusste nicht einmal, ob sie noch lebten.
    Er zog sich Wäsche und Strümpfe an, stülpte das Hemd über den Kopf, stieg in die Hose, die ihm jetzt am Bund zu weit war. Auch Weste und Jacke passten nicht mehr richtig, doch als er fertig angekleidet war und das Haar gekämmt hatte, lächelte er sie schüchtern an.
    » Komm zu mir, mein Schatz. Ich bin so glücklich, dass du in dieser Stunde der Not zu mir stehst. Ich liebe dich, Charlotte.«
    Sie machte keine Anstalten, von ihrem Stuhl aufzustehen. Seine Mundwinkel

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