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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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ostafrikanischen Küste gegen die Deutschen erhoben, es habe Kämpfe und Tote gegeben, Daressalam sei in Schutt und Asche gelegt worden. Nur mit Hilfe der deutschen Kriegsflotte habe man diese elenden Sklavenhändler in ihre Schranken weisen können…
    » Das war vor sieben Jahren, Christian. Jetzt herrscht dort Frieden. Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft will Plantagen anlegen, das könnte sie nicht tun, wenn es dort Aufstände gäbe!«
    Ihre Energie riss ihn mit. Nach dem Weihnachtsfest begann er, von Geldern zu reden, die er in Bremen noch eintreiben könnte, auch wollte er sich nach den Kosten für die Überfahrt erkundigen.
    » Wenn du das tust, wird alles auffliegen! Bleib hier im Haus, und sprich mit niemandem. Das musst du mir schwören, Christian!«
    Er fügte sich, wenn auch ungern. Eine große Rastlosigkeit hatte ihn erfasst. Charlotte gab Klavierunterricht bei verschiedenen Familien und war ganze Nachmittage unterwegs, Klara hatte Aufträge angenommen und nähte bis spät in die Nacht hinein. In den wenigen freien Momenten zeichnete sie Porträts von der Großmutter und Tante Fanny, von Ettje und Peter Hansen und von deren drei Söhnen. Sie zeichnete das Haus und den Garten, der jetzt von Schnee bedeckt war, den Eingang mit dem leeren Schwalbennest, die Straße, die Menschen, die vorübergingen.
    » Übertreib es nicht, Klara!«, warnte Charlotte sie leise, wenn sie ihr über die Schulter sah.
    » Ich will, dass wir das alles hier nicht vergessen. Die Bilder werden uns helfen, unsere Heimat auch in der Ferne vor Augen zu haben.«
    Den Großteil des Geldes, das sie verdienten, gaben sie für Lebensmittel aus, da sie der Großmutter nicht zumuten konnten, sie durchzufüttern. Einen Teil jedoch behielten sie zurück; es war nicht viel, aber sie mussten die Reise bis Hamburg bezahlen. Charlotte hatte inzwischen ein Schreiben von Gerhard erhalten und die Preise für die Überfahrt erfahren. Es wurde ihr schwindelig, als sie die Zahlen las; selbst wenn sie in der dritten Klasse reisten, würden sie an die sechshundert Mark benötigen.
    » Woher willst du dieses Geld nehmen?«, fragte Christian aufgeregt. » Willst du es stehlen?«
    » Ich werde es bekommen!«
    Sie traute ihm nicht und schwieg über den Schmuck in ihrem Holzkästchen. Ach, auch das geliebte Kästchen würde sie zurücklassen müssen. Es passte nicht in den Koffer, der zudem mit Kleidern und Wäsche gefüllt werden musste.
    Zwei Tage später entschloss sich Christian, auf dem Markt Kisten zu schleppen, er kehrte vor den Läden, putzte Fenster und verkaufte seinen guten Anzug samt Hut bei einem Trödler.
    » Ich will nicht faulenzen, wenn ihr beide arbeitet«, sagte er beschämt und gab Charlotte die Summe, die er verdient hatte.
    » Ach, Christian!«
    Was für eine Überwindung musste ihn das gekostet haben, hier in Leer, wo jeder ihn kannte! Wie viel Spott, wie viele hämische Blicke mussten ihn getroffen haben! Nein, er war doch kein Feigling. Plötzlich war die Rührung wieder da, sie legte die Arme um ihn und war froh, ihn nicht im Stich gelassen zu haben.
    In der Nacht vor ihrer Abreise schrieb sie einen zärtlichen Brief an die Großmutter, dankte ihr für die Fürsorge, bat um Verzeihung und versprach, so bald wie möglich Post zu senden. All die kleinen Dinge, die von der Versteigerung übrig geblieben waren und die inzwischen zum Haushalt gehörten, schenkte sie Ettje, nur das Klavier sollte Gerhard gehören, so wie es der Großvater einst gewollt hatte.
    Keiner von ihnen fand Schlaf in dieser Nacht; alle drei wälzten sie sich auf ihrem Lager herum und erhoben sich noch vor Morgengrauen, leise, vor Kälte und Aufregung zitternd. Die Gaslaternen halfen ihnen, den kurzen Weg zum Bahnhof zu finden, dort warteten nur wenige Menschen auf den Zug nach Emden, graue, verfrorene Gestalten, die von ihnen kaum Notiz nahmen.
    Niemand hinderte sie daran, die Stadt zu verlassen, Leer glitt als schwarzer Schemen an den Zugfenstern vorbei, vor ihnen lag das Abenteuer eines neuen Anfangs.

Teil II

März 1896
    Gleißend spielte die Sonne auf den Meereswellen, ließ sie hellblau und türkis aufleuchten und bestreute sie mit blitzenden Fünkchen. Charlotte beschattete die Augen mit beiden Händen, um sich vor den glitzernden Lichtreflexen zu schützen, dennoch vermochte sie den Blick nicht abzuwenden. Seit sie in Hamburg in See gestochen waren, nahm sie jede Möglichkeit wahr, auf dem Vorderdeck des Dampfers zu stehen, aufs Meer hinauszuschauen, zu

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