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Himmel ueber Falludscha

Titel: Himmel ueber Falludscha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Dean Myers
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und doch war alles, was in meinem ganzen Leben je passiert war, in der Zeit auf der Straße geschehen. Waren es zwei Minuten gewesen? Eine Minute? Ein paar Sekunden? Menschen hatten versucht, mich zu töten. Vielleicht hatte ich einen von ihnen getötet. Was sonst war schon wichtig?
    Captain Coles sagte, die Iraker hätten gegen das Kriegsrecht verstoßen, weil sie einen Rotkreuzwagen für den Angriff auf uns benutzt hatten.
    »Wenn sie mir den Arsch abschießen und dabei die Gesetze brechen, bin ich dann weniger tot?«, wollte Marla wissen.
    Ich war hundemüde. Meine Schultern schmerzten. Der Sand auf meinem Gesicht und in meinem Nacken kratzte mich, als ich mein T-Shirt über den Kopf zog. Das Bett war zwar hart, aber alles war besser, als stehen zu bleiben.

    Ein Traum. Ich fuhr hinten auf einem Laster über einen Highway. Dann war es kein Laster mehr, sondern ein Krankenwagen. Plötzlich hielt der Wagen an und ich stieg aus, um zu sehen, was los war. Die Straße war von einer niedrigen Staubwolke bedeckt. Sonnenstrahlen glänzten auf den aufgewirbelten Staubwolken kurz vor dem Krankenwagen. Hinter den Staubwirbeln sah ich eine Gruppe von Soldaten. Sie hatten ihre Waffen auf mich gerichtet. Irgendwie schien es mir, als sei alles in Ordnung, wenn ich mich nur nicht bewegte. Ich versuchte, so still wie möglich dazustehen, doch dann bewegte ich mich und konnte das Mündungsfeuer ihrer Gewehre aufblitzen sehen. Ich wurde getroffen und geriet in Panik. Egal wohin ich mich wandte, ich konnte nicht entkommen.

    Als ich aufwachte, war ich schweißgebadet. Meine Decke hatte ich auf den Boden geworfen. Ich stand auf und überlegte, ob ich aufs Klo gehen sollte, doch dann stieg ich wieder ins Bett und zog mir die Decke über den Kopf.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass einer der Angriffe auf uns irgendwie geplant war. Es waren nur ein paar Typen,die mit Waffen herumsaßen, die wir ihnen vielleicht sogar selbst gegeben hatten, und darüber redeten, was so vor sich ging. Und wenn sie sich genügend in Rage geredet oder sich selbst verrückt genug gemacht hatten, dann griffen sie einfach alles an, was ihnen in die Quere kam. Das ergab für mich keinen Sinn und das war nicht gut.

3. Mai 2003

    Lieber Onkel Richie,
    hier läuft es ziemlich gut. Mit meiner Gruppe komme ich ziemlich gut aus. Wir verstehen einander. Das Wichtigste, das wir erkannt haben, ist wahrscheinlich: Niemand ist perfekt, aber das ist schon in Ordnung. Wir sind ziemlich dicht zusammengerückt. Neulich sind wir zusammengesessen und haben uns über einen Vorfall auf der Straße unterhalten. Jonesy hat gefragt, ob jemand dabei Angst gehabt hat. Niemand konnte sich daran erinnern, Angst gehabt zu haben – aber alle erinnerten sich an die Angst, die sie gehabt hatten, als alles vorbei gewesen war. Wir wussten nicht einmal mehr, ob wir tatsächlich in Gefahr gewesen waren. Ahmed hat sich einen Muskel am Hintern gezerrt und ist zwei Tage lang gehumpelt.
    Mum hat mir ein Päckchen mit Salami und amerikanischem Käse geschickt. Ich mag Salami zwar nicht besonders, aber sie kam von zu Hause. Ich habe Dad geschrieben und ihn gebeten, mir ein paar Fotos von zu Hause und der Nachbarschaft zu schicken. Stattdessen hat er mir ein Bild vom Morehouse College in Atlanta geschickt. Das soll wohl ein Hinweis sein. Ich glaube, wenn ich hier raus bin, bewerbe ich mich an einer freien Kunstschule in Neuengland oder vielleicht bei der Johns Hopkins University in Maryland. Ich habe gehört, sie hat einen guten Ruf, aber das Studium ist sehr entspannt. Wirtschaftswissenschaften sind für meinen Kopf im Moment viel zu weit weg.
    Übrigens hat Mum geschrieben, dass ihr bei Regen die Hüfte ziemlich wehtut. Muss ich mir darüber ernsthaft Sorgen machen? Vielleicht solltest Du ihr sagen, dass sie sich untersuchen lassen soll. Dad hat eine Krankenversicherung, daher sollte daskein Problem sein. Aber wahrscheinlich ist Mum wieder »stark« wie üblich. Hast Du gehört, dass die Iraker eine Granate mitten in unsere Hauptquartierzone geschickt haben? Es wurde niemand verletzt, aber noch am selben Tag hat ein Fernsehreporter seine Sachen gepackt und ist verschwunden. Wir haben alle gelacht, aber wir wären am liebsten mit ihm gegangen.
    Beim Nachschub haben sie jede Menge Laptops. Wir werden versuchen, einen davon zu klauen, damit wir E-Mails in die Staaten schicken können. Die Computer sind eigentlich für die Kommunikation im Feld gedacht und sie passen ziemlich gut darauf auf, aber

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