Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
Vom Netzwerk:
Militärpflichtzeit in Deutsch-Südwestafrika abgelegt, und da ihn das Land faszinierte, hatte er kurzerhand seinen Dienst verlängert. Als 1904 der Herero- und Nama-Aufstand ausbrach, fand er sich plötzlich mittendrin im Kampfgeschehen. Kurz vor seinem dreimonatigen Heimaturlaub hatte er die Überfälle auf deutsche Siedler aus nächster Nähe miterlebt, ebenso wie die katastrophalen, ja lebensfeindlich zu nennenden Zustände in den Konzentrationslagern und die harten Arbeitseinsätze, zu denen die Handvoll Überlebenden der Eingeborenen-Armee gezwungen wurden. Seitdem wusste er, dass man mit weniger als zwei Stunden Schlaf pro Nacht durchaus lange Zeit überleben konnte.
    »Was hast du vor, mitten in der Nacht?«, brummte Hannes mürrisch, während er in seine Hosen schlüpfte.
    »Du hast mir von dem ehemaligen Kameraden von Joseph erzählt, den du mir unbedingt vorstellen wolltest.«
    »Das hätte doch bis morgen Zeit gehabt!«
    »Ich muss demnächst zurück nach Windhuk.« Philippe warf seinem Freund ein frisch geplättetes weißes Hemd zu und erhob sich von seinem Stuhl, um deutlich zu machen, dass er baldmöglich aufbrechen wollte.
    »Wie lange gedenkst du denn noch in Südwest zu bleiben?« Hannes zog sich das Hemd der Einfachheit halber mit geschlossenen Knöpfen über den Kopf.
    Als Entgegnung zuckte Philippe lediglich mit den Schultern. Was er in naher Zukunft tun wollte oder wie er sein Leben längerfristig gestalten sollte, das lag für ihn völlig im Dunkeln, und so schien es ihm am einfachsten, einfach mit dem weiterzumachen, was er gerade tat, bis sich ihm eine andere Möglichkeit auftat. Und außerdem gab es da noch Udako, diese hinreißende Afrikanerin, die er mit jedem Tag mehr vermisste. Sie war einer der Gründe, weshalb es ihn immer vehementer zurück auf den afrikanischen Kontinent drängte.
    Allerdings war das einstmals geltende Eheschließungsgesetz, das Ehen zwischen Deutschen und Frauen afrikanischer Stämme erlaubte, im Zuge der Aufstände und auf Druck einiger Missionare durch das Südwester Gouvernement im vergangenen Jahr zurückgenommen und bestehende Ehen rückwirkend für ungültig erklärt worden. Aber für Philippe galt ja noch immer die Einladung eines Freundes, zu ihm nach Kanada zu ziehen. Dort könnte er gemeinsam mit Udako leben.
    »Träumst du?« Hannes stieß ihm unsanft in den Rücken und weckte ihn aus seinem schmerzlich-süßen Tagtraum um das bezaubernde Mädchen.
    Der Offizier blieb ihm eine Antwort schuldig, öffnete die Tür und eilte Hannes voraus die Dienstbotentreppe hinunter ins Erdgeschoss.
    Der Zugang zur Küche war nur angelehnt, sodass die herausdringenden teils aufgebrachten, teils anfeuernden Rufe bis in den Flur des Seitenflügels drangen.
    »Ob sich Charles mit Maria eine Rauferei liefert?«, fragte Philippe und verleitete mit der Vorstellung, der korrekte englische Butler könnte sich mit der resoluten, aber gutherzigen Haushälterin schlagen, den noch immer müden Hannes zu einem lauten Auflachen.
    » Das sollten wir uns nicht entgehen lassen!«, fand der und stürmte Philippe voran in die Küche.
    Das Bild, das sich ihnen bot, übertraf bei Weitem das, was sie erwartet hatten. Ein aufgeregt zeterndes, wild mit den Flügeln schlagendes Huhn war in der geräumigen Küche auf der Flucht vor einem Küchengehilfen und Demy. Während Maria über den Wirbel in ihrem Arbeitsbereich schimpfte, feuerten die Küchengehilfinnen und selbst der in die Jahre gekommene Koch die Jäger lautstark an.
    Philippe und Hannes lehnten sich schmunzelnd an die gekachelte Wand und beobachteten die turbulente Verfolgungsjagd, bei der das Huhn zumindest den Vorteil besaß, dass es über Herd, Arbeitsflächen und Tisch flattern konnte, während seine beiden Häscher gezwungen waren, umständlich um die Hindernisse herumzulaufen. Schließlich ergriff das Tier seine Chance zur Flucht durch die offene Küchentür, dicht gefolgt von Demy und einer neugierigen Menschenschar.
    Mutig warf das Mädchen sich nach vorn, erwischte das Federvieh mit beiden Händen und erhob sich stolz lächelnd. Wie eine Siegestrophäe hob sie das zappelnde Huhn in die Höhe und bemerkte zuerst nicht den Ärger, der sich in ihrem Rücken wie eine drohende Gewitterwand zusammenbraute.
    Philippe empfand fast so etwas wie Mitleid, als er das Lächeln auf dem Gesicht des Mädchens ersterben sah, das die betroffenen Blicke des Hauspersonals bemerkte.
    Einer unguten Ahnung folgend drehte Demy sich zögerlich um und

Weitere Kostenlose Bücher