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Himmel über London

Himmel über London

Titel: Himmel über London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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anziehende Dame nie kennen gelernt – dafür aber oft die Mädchen gesehen, als ich hier im Viertel wohnte. Meistens in Gesellschaft eines Kindermädchens in Uniform und eines langschwänzigen Cockerspaniels. Die schwarze Augenklappe war Prendergasts Merkmal, solange ich denken kann.
    Wir ließen uns in seiner Bibliothek nieder, er holte eine Mappe heraus, überreichte sie mir und bat mich durchzulesen, was er zustande gebracht hatte.
    Während ich las, es handelte sich um nicht mehr als drei Seiten, schenkte er mir noch einen weiteren kleinen Whisky ein, und als ich fertig war, bot er mir von seinen dünnen Zigarren an, an die ich mich auch noch erinnern konnte. Wir rauchten genüsslich und prosteten uns zu. Ich dachte, dass eine gewisse Sorte Zigarren die gleiche Wirkung hatte wie Madeleinekekse. Aber ich öffnete diese Tür nicht.
    »Du hast nichts dazu zu sagen?«, fragte ich.
    Prendergast schüttelte seinen großen, kahlen Kopf. »Absolut nicht. Mit so etwas habe ich vor dreißig Jahren aufgehört. Aber ich verstehe deinen Entschluss und möchte gern die Frage an dich zurückgeben: Hast du etwas dazu zu sagen?«
    »Sieht gut aus«, stellte ich fest. »Im Großen und Ganzen. Zwei Fragezeichen gibt es noch, wie ich denke, aber lass es mich vorher noch einmal durchlesen.«
    »Natürlich«, sagte Prendergast. »Schließlich handelt es sich ja nicht gerade um Peanuts.«
    Ich stimmte ihm bei der Einschätzung zu, dass es sich nicht um Peanuts handelte, und prüfte den Text noch einmal ganz genau. Prendergast blätterte währenddessen im Observer .
    »Obwohl ich zugeben muss, dass ich ein wenig verwundert bin«, sagte er nach einer Weile und legte die Zeitung hin.
    »Habe ich mir doch gedacht«, sagte ich.
    »Ich wusste nichts von dieser Geschichte.«
    Ich sagte nichts dazu. Zog an der Zigarre und konzentrierte mich auf den Text.
    »Wir hatten früher ja einiges miteinander zu tun«, bemerkte er. »Damals, meine ich. Oder?«
    »Zweifellos«, bestätigte ich. »Deshalb hast du ja auch den Auftrag gekriegt.«
    »Ja, danke, das ist mir schon klar«, lachte Prendergast. Er sieht wirklich wie ein charmanter Filmschurke aus, wenn er lacht. »Also, wann soll ich zur Stelle sein? War es acht Uhr?«
    Ich erklärte, dass acht Uhr ganz ausgezeichnet war. Nachdem ich den Text zum zweiten Mal durchgelesen hatte, diskutierten wir noch kurz meine vorgeschlagenen Änderungen, dann rief er seine Sekretärin, und während sie das endgültige Dokument ausdruckte, beendeten wir Whisky und Zigarren. Er versuchte, weitere Informationen aus mir herauszuquetschen, aber es war nicht besonders ernsthaft gemeint. Eher eine Art, die Konversation am Laufen zu halten.
    Nach zehn Minuten kam die Sekretärin, eine dünne, blonde Frau um die fünfunddreißig, mit den fertigen Papieren herein. Ich las das Ganze noch einmal durch und unterschrieb, sie bezeugte meine Unterschrift, und Prendergast schob das Dokument wieder in die Mappe.
    Mit einiger Mühe erhob ich mich aus dem Sessel und bedankte mich bei ihm.
    »Dann sehen wir uns heute Abend.«
    »Um acht Uhr. Soll ich dir ein Taxi rufen?«
    »Nicht nötig. Ich gehe zu Fuß.«
    Als ich unten auf der Artesian Road stand, bereute ich es schon, sein Angebot nicht angenommen zu haben. Andererseits hätte ich ja nur die Hand heben müssen, um ein Taxi anzuhalten, aber ich hatte beschlossen, dass ich auch den Rückweg zum Commander schaffen müsste, warum, weiß ich selbst nicht so recht. Auf jeden Fall schaffte ich es. Es war kurz nach eins, als ich wieder in meinem Zimmer war, die Schmerzen nahmen an Wucht zu, und das Schwindelgefühl zwang mich, mich am Türpfosten und der Wand festzuhalten.
    Maud saß am Tisch und schrieb irgendetwas. Ich konnte ihrem Blick ansehen, dass ich kein schöner Anblick war, aber ich war nicht in der Lage, darüber ein Wort zu verlieren.
    »Gib mir bitte meine Medikamente«, sagte ich. »Und hilf mir ins Bett, ich muss eine Stunde schlafen.«
    »Aber mein Lieber«, sagte sie. »Was hast du denn gemacht? Warum …?«
    Sie brachte ihren Satz nicht zu Ende. Ich schaffte es, einen Teil meiner Kleidung auszuziehen, sie gab mir meine Tabletten, und ich stieg ins Bett.
    »Meinst du wirklich, du schaffst das heute Abend?«, fragte sie, gerade als ich einschlief, das weiß ich noch, aber ich machte mir nicht die Mühe zu antworten. Wozu wäre das alles gut gewesen, wenn ich es heute Abend nicht schaffte?
    Und dann kam er zurück, dieser Eindringling. Vermutlich verkehrte ich mit ihm

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