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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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Schlubberchen Korn dran glauben müssen.
    Ein paar Tage später nahm Tanya wieder am häuslichen Leben teil. Sie aß kaum etwas und glich immer mehr einer marmornen Madonna. Ihr war häufig übel, wahrscheinlich wegen des Kummers, der sie quälte.
    Mitte Februar reiste der Graf wieder nach Berlin. Vorher bat er Tanya in die Bibliothek, um sich von ihr zu verabschieden. »Du siehst elend aus, mein Kind«, sagte er besorgt. »Ich werde Dr. Grüben herbitten lassen, um nach dir zu sehen.«
    »Das ist sehr lieb von dir, Onkel Horst«, wehrte Tanya ab, »aber ich bin nicht krank. Ich bin nur so schrecklich unglücklich.« Sie lächelte traurig. »Mach dir keine Sorgen, wenn du zurück bist, geht es mir bestimmt besser.«
    Er nahm sie in den Arm. »Das hoffe ich von Herzen, meine Kleine. Und leb wohl. In ein paar Wochen bin ich wieder hier.« Bevor er abreiste, gab er Kurt Anweisung, in den nächsten Tagen nach Dr. Grüben zu schicken. »Ich mache mir Sorgen um meine Nichte. Ich verlasse mich auf dich.« Er traute Wilhelmine zu, das zu verhindern.
    Die beiden Mädchen saßen in Aglaias Boudoir. Aglaias Hochzeit war für Anfang Mai festgelegt. Sie sprachen über das bevorstehende Ereignis. Vielmehr redete Aglaia, und Tanya hörte zu. Seit dem tragischen Ereignis schien sie immer etwas abwesend. »Du wirst doch meine Brautjungfer sein, Tanya?«, fragte Aglaia aufgeregt. »Das kannst du mir nicht abschlagen!«
    »Aber natürlich nicht, das würde ich niemals tun!«, lächelte Tanya. »Das wird doch der schönste Tag in deinem Leben.«
    »Du weißt, übermorgen fahre ich für ein paar Tage nach Königsberg«, sagte Aglaia. »Willst du nicht mitkommen? Ein bisschen Abwechslung würde dir guttun.«
    »Ich fühle mich nicht gut, Aglaia. Ich möchte lieber hierbleiben. Vielleicht das nächste Mal.«
    »Schade.« Man sah Aglaia die Enttäuschung an. »Ich treffe mich mit Eberhard, und Mama wird auf einem Anstandswauwau bestehen.« Sie überlegte kurz. »Dann werde ich Hannchen bitten mitzukommen. Sie wird ja meine zweite Brautjungfer sein.« Hanna Severin war eine gemeinsame Freundin der beiden Mädchen und hatte mit ihnen das Institut der Leonie von Quasten besucht. Aglaia versuchte ein letztes Mal, Tanya umzustimmen. »Willst du es dir nicht doch noch einmal überlegen? Es sind Zimmer im Rheinischen Hof für uns reserviert. Papa hat das veranlasst, und Eberhard hat Opern- und Theaterkarten für uns. Na, was meinst du?«
    »Ach, Aglaia, du bist so lieb! Aber ich möchte wirklich nicht. Sei mir bitte nicht böse.« Der Gedanke, in Königsberg auf Schritt und Tritt an Egbert erinnert zu werden, war ihr unerträglich.
    Aglaia seufzte. »Na gut. Hannchen wird sich sicher freuen.«
    Am Tag von Aglaias Abreise kam Elvira überraschend zu Besuch. Sie fand Wilhelmine im grünen Salon mit ihrer Stickerei beschäftigt.
    »Was für eine Freude, dich zu sehen«, sagte Wilhelmine erstaunt.
    »Jesko hat sich entschlossen, nun doch mit Eberhard nach Königsberg zu fahren«, sagte Elvira, »und da dachte ich, wo Horst und die Mädchen nicht da sind, schaue ich mal vorbei. Schließlich haben wir uns ja seit Weihnachten nicht mehr gesehen.« Sie sah sich um. »Und wie ich sehe, fehlt sogar die unvermeidliche Kommerzienrätin Heller.«
    »Nun sei man nicht so, Elvira!« Wilhelmine war leicht pikiert. »Die Gute war mir in diesen schweren Tagen eine wirkliche Stütze. Du hast dich ja schließlich ziemlich rar gemacht.«
    »Und wo ist sie heute?« Elvira ließ sich in der Nähe des Kamins in einen Sessel sinken.
    »Sie musste nach Gumbinnen. Ihrer Schwester ist nicht wohl.«
    Kurt enthob Elvira eines weiteren Kommentars. »Was darf ich Frau Gjräfin bringen?«, fragte er. »Vielleicht einen heißen Grog?« Man sah Elvira an, dass sie ganz verfroren war.
    »Eine wundervolle Idee, Kurt. Mir ist man immer noch bastig kalt.« Sie schüttelte sich. »Diese eisigen und vor allem nicht enden wollenden Winter in Ostpreußen sind wirklich schwer zu ertragen.«
    »Ein wahrlich schweres Los, vor allem, wenn man so frisch verliebt ist«, bemerkte Wilhelmine süffisant.
    Elvira lachte. »Ach Wilhelminchen, nun gönn mir doch mein bisschen Glück.« Sie überlegte kurz. »Erinnerst du dich an meine Hochzeitsreise mit Manfred? Zwei ganze Monate waren wir im Winter in Madeira. Gott, war das schön! Als wir zurückkamen, war hier schon Frühling. Vielleicht sollte ich Jesko fragen …«
    Kurts Erscheinen unterbrach sie erneut. »Der Gjrog für die gjnädije Frau

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