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Himmel über Tasmanien

Himmel über Tasmanien

Titel: Himmel über Tasmanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McKinley
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wann immer es hatte sein müssen, hatte sie sich ihnen gestellt - und sie damit verbannt.
    »Ich würde gern nachsehen, ob Primmy noch lebt«, sagte sie. »Sie war wie eine zweite Mutter für mich, und ich kann nicht weggehen, ohne sie besucht zu haben.«
    Sie gingen den schmalen Feldweg hinauf und blieben vor einer Reihe kleiner, holzgetäfelter Sommerhäuser stehen. »Kann sein, dass sie nicht mehr hier wohnt«, sagte Lulu, als sie das Tor im weißen Lattenzaun öffnete. »Aber vielleicht weiß jemand, was aus ihr geworden ist.«
    Wenige Sekunden nachdem Lulu geklopft hatte, flog die Tür auf. »Ich wusste, dass du früher oder später bei mir vorbeikommen würdest.« Primmy stand vor ihnen, pummelig und lächelnd, ihr graues Haar zu einem Zopf rund um den Kopfgeflochten. Sie breitete die Arme aus, und Lulu trat in die vertraute, warme Umarmung.
    »Oh, Primmy«, seufzte sie. »Es ist so lange her.«
    »Komm rein, und ich setz uns einen Tee auf. Wir haben jede Menge aufzuholen.« Ihre lachenden Augen richteten sich auf Dolly. »Wer ist das?«
    Lulu stellte die beiden einander vor, und Primmy führte sie in einen kleinen, sauberen Raum, der als Wohnküche diente. Primmy machte viel Aufhebens um den Tee, plapperte dabei wie ein Kakadu und holte kaum Luft. Sie habe drei erwachsene Kinder, zwei Enkel und einen Urenkel, der jede Minute kommen müsse. Ihr Leben sei geschäftig, ihr Mann habe sich beim Postamt pensionieren lassen, und alles in allem sei sie sehr zufrieden.
    »Aber was ist mit dir?«, fragte sie schließlich. »Ich hab mir immer Sorgen um dich gemacht, weißt du – besonders bei so einer Mutter.«
    Lulu gab ihr eine verkürzte Version ihres Lebens, nachdem sie Tasmanien verlassen hatte, und schloss mit der dramatischen, beinahe komischen Schilderung ab, wie Gwen versucht hatte, sie am Kai umzufahren.
    Primmy schnaubte. »Sie hat sich nicht sehr verändert, ich weiß, aber vermutlich sollte sie einem leidtun, wenn man bedenkt …«
    Lulu stellte die Teetasse ab. »Wenn man was bedenkt?«
    Primmy lehnte sich in ihren bequemen Lehnstuhl zurück und verschränkte die Arme. »Ich nehme an, du warst zu jung, um alles über ihren Vater zu wissen, und ich bezweifle, dass deine Tante etwas gesagt hat. Stolze alte Dame und nicht der Typ, der alte Familienskandale ausplaudert.«
    Lulu warf Dolly einen Blick zu, bevor sie Primmy ermutigte, fortzufahren.
    »Das alles ist lange her, aber ich erinnere mich an die Gerüchte, als wäre es gestern gewesen«, hob Primmy an. »Dein Großvater, General Bartholomew, mochte dem Vernehmen nach die Frauen, und es störte ihn nicht sonderlich, dass seine Frau über seine Affären Bescheid wusste. Aber er hatte sich eine zu viel angelacht und wurde vom Ehemann der Dame erwischt.« Ihre Augen leuchteten, als sie sich genüsslich mit der Zunge über die Lippen fuhr. »Das wäre nicht so schlimm gewesen, aber dann wurde er dabei erwischt, wie er sich an militärischen Geldern bereicherte, und er wurde unehrenhaft entlassen.«
    »Davon hat Clarice mir in der Tat nichts erzählt. Fahr fort, Primmy, das interessiert mich.«
    »Na ja«, sie beugte sich in ihrem Eifer vor, »ich hab gehört, dass er nach Brisbane ging und sich dort auf eine Nutte einließ. Er begann zu trinken und Trabrennen zu fahren, und beides hat ihn am Ende das Leben gekostet.« Sie schüttelte den Kopf. »Es war ein furchtbarer Skandal, und damals hieß es, das sei der Grund für Sir Algernon Pearsons Herzinfarkt gewesen – aber das könnte natürlich reine Vermutung sein.«
    Lulu hielt das für sehr wahrscheinlich. »Aber Großmutter Eunice hatte ihn längst verlassen, als sie nach Tasmanien kam?«
    Primmy nickte. »Damit fing der ganze Ärger mit Gwen an. Sie himmelte diesen Tunichtgut an, hasste ihre Mutter, weil sie ihn verlassen hatte, und war am Boden zerstört, als er sie einfach ignorierte.« Sie stützte die Ellenbogen auf die Knie und seufzte. »Er hat ihr nie geschrieben, verstehst du. Das arme Mädchen war erschüttert, als es hörte, dass er ums Leben gekommen war.«
    »Das alles ist keine Entschuldigung für ihr Verhalten«, sagte Lulu kategorisch.
    »Stimmt, und es tut mir leid, wenn dieses ganze Gerede dich aufgebracht hat.«
    Lulu war erstaunlich ruhig. »Ich nehme an, du weißt nichts über meinen Vater?«
    »Tut mir leid, Liebes, aber das war ein Thema, das Gwen für sich behielt. Niemand von uns wusste es, aber natürlich gab es damals reichlich Vermutungen, weil es so viele Kandidaten gab.« Sie

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