Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
Vom Netzwerk:
arbeiten.«
    In Arîns Blick lag
diese Mischung aus Flehen und Hartnäckigkeit, und ich merkte, dass ich mich
allmählich von ihren Sorgen anstecken ließ.
    »Also gut«, gab
ich nach einem Blick auf die Uhr nach.
     
    Fünf Minuten
später parkte ich den Wagen vor einem dieser langweiligen vierstöckigen
Fünfziger-Jahre-Häuser, die es in Köln überall zuhauf gab. Klingeln, abwarten,
erneut klingeln. Dann öffnete Arîn die Haustür. Zielsicher stieg sie in die dritte
Etage, sie war nicht zum ersten Mal hier. Noch mal klingeln, rufen, abwarten,
wieder klingeln. Immer noch zögerte sie.
    »So sperr schon
auf. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit«, drängte ich.
    Vorsichtig öffnete
sie die Wohnungstür.
    »Minka«, rief Arîn
wieder. »Minka, bist du da?«
    Drei offene Türen
luden zum Eintreten ein, aber ich konnte nicht sagen, dass ich mich wohl dabei
fühlte, so unerlaubt in einer fremden Wohnung zu stehen. Doch nun waren wir
schon mal drin und sollten die Sache auch zu Ende bringen.
    »Das Badezimmer
zuerst«, schlug ich vor, und Arîn nickte stumm. Sie ließ mir den Vortritt,
blieb aber dicht hinter mir.
    Nach einem kurzen
Blick auf eine leere Wanne waren wir beide froh, dass wir die Bilder von einer
in Blut badenden Leiche ad acta legen konnten. Im Schlafzimmer, dem nächsten
möglichen Schreckensort, ließ uns ein ordentlich gemachtes Riesenbett ohne
toten Körper und leere Tablettenröhrchen ebenfalls aufatmen. Natürlich starrten
wir eine Weile die große Plakatwand hinter dem Bett an. »Die Geheimnisse der
Yoni-Massage«, stand unter dem Foto einer überdimensionierten, von einer
Frauenhand kaum bedeckten Vulva.
    »Yoni-Massage?«
Ich sah Arîn fragend an.
    Sie deutete auf
all die Ölfläschchen, Tinkturen, die neben dem Bett standen.
    »Das ist ihr großer
Traum, ein eigener Massagesalon. ›Wenn du Zauberhände hast‹, sagt Minka immer,
›kannst du damit reich werden. Leute geben viel Geld aus, damit sie sich in
ihrem Körper wohlfühlen.‹ Aber noch hat sie gar nichts damit verdient, sondern
nur für irgendwelche Fortbildungen geblecht.«
    Arîn wusste
ziemlich viel über Minka. Mir war bei der Arbeit gar nicht aufgefallen, dass
die beiden Mädchen sich angefreundet hatten.
    »Habt ihr zwei
viel miteinander gemacht?«
    »Minka ist echt
supernett. Wir können toll miteinander reden. Beruf, Familie, Pläne und so.
Dieses Massage-Zeugs ist echt ihr Ding, so wie meines das Kochen ist. ›Man muss
an seine Träume glauben‹, sagt sie immer. Deshalb hab ich gestern auch zu ihr
gesagt, dass sie den Typen auf den Mond schießen soll. ›Denk an deine Träume‹,
hab ich gesagt. ›Für deinen Massagesalon brauchste nicht nach Spanien, den
kannste auch in Deutschland oder in Polen aufmachen.‹ Oder?«
    »Yoni-Massage«,
murmelte ich. Machte der Mann mit dem unaussprechlichen Namen nicht
Yoni-Massage? Nein, das war Lomi-Lomi, las ich auf der Karte nach und konnte
mir weder unter dem einen noch unter dem anderen etwas vorstellen. Nicht mein
Metier, dachte ich, und bei Metier fiel mir sofort ein, was an Arbeit in der
»Weißen Lilie« auf uns wartete. »Minka hat sich nichts angetan, los, lass uns
gehen.«
    »Wir haben noch
nicht überall nachgesehen. Was ist mit Küche und Wohnzimmer?«
    »Okay. Ich das
Wohnzimmer, du die Küche.«
    Im Wohnzimmer
waren nur die Farben Sonnengelb und Orange zu Hause, nicht zu vergessen das Rot
der Sofakissen. Ein warmer Kuschelort, wo es eine Freude sein musste, auf der
Couch zu liegen und es sich gut gehen zu lassen. Auf dem Tischchen davor
stapelten sich Bücher und DVD s zu
Massagetechniken. »TouchLife-Massage«, las ich auf einer DVD , »Shiatsu« auf einer anderen. Dazwischen lag ein
Prospekt über ein spanisches Hotel mit Wellnessbereich, das »El Solare« hieß.
    Als ich ein Buch
über ayurvedische Ölmassage hochhob, entdeckte ich das Heft darunter. Ein
normales, dünnes DIN-A 5-Schulheft, auf dessen
Heftschild »Weiße Lilie« stand. Ich konnte nicht anders, ich musste es öffnen.
    Akkurat
aufgelistet fand ich darin notiert, an welchen Tagen die »Weiße Lilie«
ausgebucht war und an welchen nicht. Zudem abfotografierte Seiten aus dem
Reservierungsbuch mit Namen und Telefonnummern von Gästen, Kopien von
Speisekarten, Kopien von Rechnungen und Tagesabschlüssen. Niemals war ich davon
ausgegangen, dass einer meiner Leute sich für diese Belege interessierte, die
wir in der Schublade unter der Kasse sammelten, bevor ich sie alle vierzehn
Tage in den Ordner für den

Weitere Kostenlose Bücher