Himmel un Ääd (German Edition)
die Königskinder, die nicht zusammenkommen konnten.
»Und die Katholen
klagen auch schon, dass sie bald arm wie Kirchenmäuse sind. Stell dir vor, sie
verscheuern den Dom an eine von diesen durchgeknallten amerikanischen Kirchen?
Dann musst du vielleicht keinen Eintritt bezahlen, dafür nachweisen, dass du
nie abgetrieben hast, bevor du dir das Richter-Fenster von innen anschauen
darfst.« Adela warf einen besorgten Blick auf die andere Rheinseite, wie um
sich zu versichern, dass das Kölner Wahrzeichen tatsächlich noch an Ort und
Stelle stand. »Oder an einen neureichen Russen. Der würde bestimmt Eintritt
verlangen.«
»Ich mache mir
keine Sorgen um den Dom, ich mache mir Sorgen um die ›Weiße Lilie‹«, sagte ich.
»Was, wenn die Mombauer die Pacht nicht verlängert oder das Haus verkauft?«
Adela drohte
wieder stillzustehen. Um das zu verhindern, beschleunigte ich das Tempo. Ich
musste in Bewegung bleiben, diese Beklemmung aus den Gliedern kriegen.
»Vielleicht ein
guter Grund, dass du endlich mit der ›Schiffsschaukel‹ zu Potte kommst.« Adela
schnaufte schwer und schrie gegen den Autolärm an, der von der Zoobrücke zu uns
herunterdröhnte.
Ich legte ein
gutes Tempo vor. Tapfer versuchte Adela mit ihren kurzen Beinen mit mir Schritt
zu halten.
»Die
›Schiffsschaukel‹ ist ein Saisongeschäft, das reicht nicht zum Leben und zum
Sterben.«
»Du weißt, was ich
meine.« Adela rammte ihre Stöcke in die Erde und blieb wieder stehen. »Es ist
nicht gut für eure Beziehung, wenn ihr so weiterarbeitet.«
Ich überlegte, ob
ich Adela von der Wohnung erzählen sollte. Würde sie traurig sein, wenn ich
auszog? Oder würde es sie erleichtern, weil sie dann die Wohnung mit Kuno
allein hätte? Ich wusste es nicht. Besser, ich hielt noch den Mund. Die ganze
Angelegenheit war vage genug. Wieder ging ich schneller. Ich wollte, dass sich
dieser Kloß in mir löste, ich wollte mich nicht von der Angst, die »Weiße
Lilie« zu verlieren, verrückt machen lassen. Vertreibung! Als ob die »Weiße
Lilie« das Paradies wäre. Aber schneller laufen half nicht.
»Wenn wirklich
alles schiefgeht und du die ›Weiße Lilie‹ räumen musst, kannst du Eilert
fragen.« Adela blieb wieder stehen und zwang mich dadurch zum Anhalten. Der Weg
hatte sich verändert, er war jetzt ungepflegt und sumpfig, durchzogen von den
Wurzeln der Pappeln und Trauerweiden. Zoobrücke und Jugendpark lagen lange
hinter uns. Ich sah auf die Uhr. So schnell hatten wir es selten bis hierher
geschafft.
»Stell dir vor,
Kuno hat herausgefunden, dass Eilert im Immobiliengeschäft ist«, setzte Adela
nach.
»Der Giftzwerg ein
Immobilienhai? Das passt.«
»›Hai‹ ist der
falsche Begriff, eher die kölsche Variante: Mer kenne uns, mer helfe uns, mer
donn uns nit wieh. Eilert hat beste Kontakte zu den Häuptlingen der Kölner
Kommunalpolitik und ist durch den Rheinauhafen reich geworden. Hat sich da
frühzeitig eingekauft. Als es dann nach jahrelangen Verzögerungen endlich mit
der Bebauung losgegangen ist, hat er gute Geschäfte gemacht. Die Büroetage im
Kranhaus, in der Bause mit seiner Firma sitzt, gehört Eilert, und nicht nur
die. Neuerdings soll er auch in Gastronomie machen, aber Genaueres dazu hat
Kuno noch nicht herausgefunden.«
»So einen
Klüngelfritzen brauch ich nicht. Kann mir genau vorstellen, was so einer an
Courtage nimmt! Die ›Weiße Lilie‹ hast du damals ganz alleine gefunden.«
»Das stimmt schon,
Schätzelchen, aber damals waren andere Zeiten, und zudem hatte ich auch noch
mehr Zeit. Seit Kuno und ich politisch aktiv sind, haben wir viel zu tun. Wenn
wir nicht gegen stadtplanerische und sonstige Katastrophen zu Felde ziehen, wer
dann? Leute wie du haben für so was keine Zeit. Wenn ich bedenke, was man
allein mit dem Geld machen könnte, das nur für unsinnige Papierpläne verheizt
wird, die dem Parteienklüngel geschuldet sind. Spielplätze, Kindergärten, ganz
zu schweigen von den Gemeinschaftshäusern, von denen es grade in den ärmeren
Stadtteilen viel mehr geben müsste. Aber da drängt es keinen hin, denn das sind
alles keine Prestigeobjekte, mit denen man angeben kann. Hab ich dir eigentlich
erzählt, dass Kuno und ich an einem Camp für gewaltfreien Widerstand
teilnehmen? Man muss vorbereitet sein …«
Ich hörte nicht
mehr richtig zu. Stadtpolitik, das neue Steckenpferd von Adela und Kuno! Diese
ewigen Diskussionen, was man in der Stadt alles besser machen könnte, gingen
mir auf die Nerven. Als
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