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Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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Teresa, den ich
erschlagen in einem Steinbruch unterhalb der Schwarzwaldhochstraße gefunden
hatte. Und Rosa, meine Patentante.
    Immer wenn ich mir
in Erinnerung an sie ihr Lieblingsstück von Billie Holiday, »Travelin' Light«,
auflegte, schmerzte es mich, dass ich sie in den letzten Jahren vor ihrem Tod
so selten besucht hatte, dass wir beide stur wie alte Schwarzwaldbauern nach
unserem letzten Streit nicht mehr miteinander geredet hatten.
    Ob Sabine Mombauer
auch bedauerte, dass sie sich mit ihrem Vater nicht ausgesöhnt hatte? Sie trug
dieselbe Hose und dieselbe Bluse, die sie bereits gestern und vorgestern
getragen hatte. War sie so durch den Wind, dass sie nicht mehr die Kleidung
wechselte? Oder war es ihr der Vater nicht wert, etwas Neues anzuziehen? Warum
hatten weder Zeit noch Distanz bei ihr den Groll auf den Vater versiegen
lassen? Was nahm sie ihm so übel?
    Ich dachte an die
Fotos von der jugendlichen Sabine, an das von dem lachenden Mombauer zwischen
den zwei Frauen. Bilder von einem fröhlichen Familienleben, Sabine, ein
aufgeweckter Teenager, Mombauer, ein lebensfroher Mann. Für beide musste es
irgendwann danach einen Bruch gegeben haben. Mombauer war knurrig und bissig
geworden, hatte sich in seiner dunklen Wohnung eingeigelt. Seine Kontakte, sah
man von Arîn ab, auf das Allernötigste beschränkt. Und Sabine wirkte, als hätte
sie schon lange den sicheren Boden unter den Füßen verloren.
    Was war geschehen?
Hatte der Tod von Frau und Mutter Vater und Tochter auseinandergebracht?
Mombauer war erst Anfang vierzig, Sabine siebzehn gewesen. Ein schwieriges
Alter für ein Kind, um die Mutter zu verlieren.
    Was machte ich mir
überhaupt Gedanken über sie? Bevor ich nicht mit Ecki über die Wohnung geredet
hatte, konnte ich sowieso nicht mit Sabine Mombauer weiter verhandeln. Warum
musste Ecki immer alles so kompliziert machen? Warum konnte er nicht ein
einziges Mal von den gleichen Dingen begeistert sein wie ich? Alles wird gut,
redete ich mir zu, bevor mein Ärger wieder hochkochte. Heute Abend, in Ruhe.
    Unser Leichenzug
passierte ein großes Feld nummerierter Bäume.
    »Baumgräber«,
flüsterte mir Irmchen Pütz zu, »gibt es erst seit zwei Jahren hier.«
    An Mombauers
Grabstelle stand eine dieser dem Himmel zustrebenden Kiefern. Die Totengräber
ließen den Sarg nach unten, die Schützen rollten ihre Fahne aus und ließen sie
über dem offenen Grab hängen, bis der Pastor mit seinen Gebeten fertig war. Ich
lauschte dem Rauschen des Waldes und sah zum lichten Geäst der Fichte hoch.
Möge Mombauers Seele in helle Weiten getragen werden, nachdem sie im Leben in
einer so düsteren Wohnung gefangen gewesen war.
    In der Ferne
bellten Hunde und störten die Ruhe des Waldes und der Toten. So als wäre die
Stille des Friedhofs eine Täuschung, so als wäre dies hier kein friedlicher
Ort. Je näher ich dem Eingang kam, desto mehr verstummte das Bellen. Noch
einmal betrachtete ich die schlanken Kiefern, die Himmel und Erde miteinander
verbanden, und atmete tief durch.
    Die Hunde irrten
sich. Dies war ein Ort der Ruhe und des Friedens.
    Vom Eingang her
sah ich Eva und Arîn eiligen Schritts auf mich zukommen.
    »Ihr seid viel zu
spät«, rief ich ihnen zu. »Habt ihr euch in der Zeit vertan?«
    Dann erst bemerkte
ich Evas ungewöhnlich ernsten Blick und Arîns rot geheulte Augen. Die Hunde
hatten doch recht. Es waren keine friedlichen Zeiten.
    »Was ist
passiert?«, wollte ich wissen.
    Statt einer
Antwort rupfte Arîn hastig einen zerlesenen Express aus ihrer Handtasche, hielt
ihn mir unter die Nase und deutete auf einen Artikel im Lokalteil. Ich erkannte
Minka auf dem Foto sofort.
    »Wer ist diese
Frau?«, las ich und erfuhr, dass man sie bei Stammheim tot aus dem Rhein
gezogen hatte. Die Polizei bat um Mithilfe, weil bei der Toten nichts gefunden
worden war, was auf ihre Identität schließen ließ.
    Ich gab Arîn die
Zeitung zurück. Da hatte ich grade einen Toten beerdigt, und noch bevor ich den
Friedhof verlassen hatte, wurde mir die nächste Leiche präsentiert. Minka war
tot. Ich muss einen Kranz bestellen, dachte ich, was ziemlicher Blödsinn war.
    »Selbstmord«,
murmelte Eva. »Ich hätte nie gedacht, dass Minka sich wegen einer unglücklichen
Liebe umbringt.«
    »Wieso hat sie
mich nicht angerufen? Wieso bringt sie sich um? Wieso hat sie nicht um Hilfe
geschrien?«
    Noch viele weitere
Wieso-Fragen brüllte Arîn uns wütend und verzweifelt entgegen. Eva blickte
unvermindert ernst, und ich stand

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