Himmel un Ääd (German Edition)
meine kleine Köchin. Der wehe
Blick auf die Straße, die verschränkten Arme, die trotzig zusammengeklemmten
Lippen. Ich hätte ihr gern erzählt, dass Schmerz und Verlust zur Liebe gehörten
und es sich trotzdem lohnte, sich auf sie einzulassen, aber jetzt wollte sie
das bestimmt nicht hören.
Arîn hatte in
einer Woche zwei Menschen verloren, die sie mochte. Für eine knapp
Zwanzigjährige starker Tobak. In diesem Alter ging man davon aus, dass sich der
Tod noch viele Jahre Zeit ließ, bis er einen aus dem eigenen Umfeld holte. Da
empfand man ihn noch als persönliche Beleidigung.
Am Telefon meldete
sich ein Kriminalhauptkommissar Brandt. Ich erzählte ihm, dass es sich bei der
Toten aus der Zeitung um Minka Nowak handelte. Er fragte nach meinem Verhältnis
zu ihr und bat mich vorbeizukommen.
»Ich werde auf Sie
warten«, meinte er, nachdem ich ihm gesagt hatte, dass ich nicht genau wusste,
wann ich kommen könnte.
»Gehst du mit?«,
fragte ich Arîn, aber die schüttelte panisch den Kopf. Ich wusste, dass ihre
Erfahrungen mit Polizisten nicht die besten waren. »Gibst du mir Minkas
Schlüssel? Dann muss die Polizei ihre Wohnung nicht aufhebeln.«
Als sie den
Schlüssel aus der Tasche zog, schossen ihr Tränen in die Augen. Ich reichte ihr
die Haushaltsrolle, wartete, bis sie sich geschnäuzt hatte, und starrte dann
mit ihr eine Weile gemeinsam auf die Schattenspiele der Keupstraße.
Mit Kaffeetassen
und Kuchentellern brachte Eva Alltag und Arbeit zurück in die Küche.
»Kann ich heute
Abend an den Außentischen Menü anbieten?«, fragte sie. »Ich habe eine Anfrage
für einen Sechsertisch am Telefon.«
Da brauchte ich
nicht lange zu überlegen. Arîn war heute sicher nicht ganz einsatzfähig, Ecki
noch nicht aufgetaucht, Gülbahar zum ersten Mal auf dem Spülposten, ein
eindeutiges Nein.
»Was ist, wenn ich
die restlichen Schnittchen serviere? Es wird wieder so ein lauer Sommerabend,
wäre doch schade drum, wenn die Leute draußen nichts zu essen kriegen.«
»Wieso nicht?«,
stimmte ich zu und wunderte mich, dass mir die Idee nicht selbst gekommen war.
»Apropos
Schnittchen«, ergänzte Eva. »Frau Mombauer will dich noch sprechen.«
»Fang mit dem
Gemüse an«, sagte ich zu Arîn, bevor ich Eva ins Restaurant folgte.
Die Schützen und
die alten Männer waren gegangen, nur noch Irmchen Pütz und Sabine Mombauer
saßen verloren an einer Ecke meiner großen Tafel. Irmchen rührte müde in ihrem
Kaffee, und Frau Mombauer wandte mir den Rücken zu und trommelte mit den
Fingern auf das alte Eichenholz. Auf dem Weg zu ihnen brühte ich mir einen
kleinen Espresso, den ich mit zum Tisch nahm.
»War alles
recht?«, fragte ich und setzte mich.
»Ja, ja«, murmelte
sie hastig, dann gab sie sich einen Ruck: »Ich habe es mir überlegt«,
verkündete sie. »Ich vermiete Ihnen die Wohnung meines Vaters und verlängere
die Pacht für Ihr Restaurant. Aber ich möchte, dass wir das sofort tun. Ich
lauf schnell rüber zum Wiener Platz und besorg mir in einem Schreibwarengeschäft
so einen vorgedruckten Mietvertrag, und wir unterschreiben ihn beide. Um wie
viele Jahre wollen Sie den Pachtvertrag verlängern? Fünf? Dann machen wir das.
Sie entrümpeln Vaters Wohnung. Kann alles weg. Ich will gar nichts. Also,
machen wir's so?«
Ich spürte genau,
dass ich jetzt nicht zögern durfte, aber ich konnte ihr nicht sofort zusagen.
Ich musste erst mit Ecki reden.
»Das ist alles
wunderbar, und so werden wir es machen«, haspelte ich. »Aber den Mietvertrag
würde ich gerne mit meinem Freund gemeinsam unterschreiben. Und einmal sollten
wir schon zusammen durch die Wohnung Ihres Vaters gehen, um ein
Bestandsprotokoll zu machen. Können wir das Ganze nicht auf einen der nächsten
Tage verschieben?«
»Wenn, dann
morgen. Ich möchte die Angelegenheit erledigt wissen.« Ihre Stimme schraubte
sich ins Hysterische. Sie war eingeschnappt und machte sich keine Mühe, dies zu
verbergen.
»Morgen, früher
Nachmittag?«, schlug ich vor.
Ihr Nicken war
gnädig und beleidigt zugleich. Mit einem Mal kam sie mir wie eine zu früh aus
dem Nest gefallene Prinzessin vor, die man zudem bei der Thronfolge übersehen
hatte.
»Wenn wir die
Sache morgen nicht über die Bühne kriegen, dann soll sich mein Cousin Tommi um
den Verkauf des Hauses kümmern. Ich kann das nicht, mir ist das alles zu viel.
Das Angebot an Sie ist schon ein großes Entgegenkommen«, klagte sie weiter.
Ich riss mich
zusammen. Die Frau ging mir schwer auf die Nerven
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