Himmel und Hölle: Neun Erzählungen (German Edition)
Wortschatz keine geläufigen Ausdrücke. Er war von der Versicherungsgesellschaft nicht vor die Tür gesetzt, sondern so oft übergangen worden, dass man es auf seine Kündigung anzulegen schien, die er schließlich auch einreichte.
Alkohol hatte eine Rolle gespielt, das musste man zugeben. Und dazu die Vorstellung, das Leben müsste eigentlich viel heldenhaftere Abenteuer bereithalten, als es das heutzutage je tat.
Er erzählte allen gern, er habe das Hotel bei einem Pokerspiel gewonnen. Er war eigentlich kein Spieler, aber den Frauen gefiel das. Er mochte nicht zugeben, dass er es völlig unbesehen zur Begleichung von Schulden angenommen hatte. Und auch nachdem er es gesehen hatte, sagte er sich, dass es zu retten war. Die Vorstellung, sein eigener Herr zu sein, besaß für ihn große Anziehungskraft. Er sah es nicht als einen Ort, wo Leute übernachten würden – außer vielleicht die Jäger im Herbst. Er sah es als einen Ort, wo man sich traf, um etwas zu trinken und um etwas zu essen. Wenn er es schaffte, einen guten Koch aufzutreiben. Aber bevor sich etwas tun konnte, musste Geld ausgegeben werden. Musste viel gemacht werden – mehr, als er selbst in die Hand nehmen konnte, obwohl er nicht ungeschickt war. Wenn es ihm gelang, den Winter zu überstehen und alle Arbeiten auszuführen, die er allein verrichten konnte, seine guten Absichten unter Beweis zu stellen, vielleicht bekam er dann ein Darlehen von der Bank. Aber erst einmal brauchte er ein kleineres Darlehen, um durch den Winter zu kommen, und da kam sein Schwiegervater ins Spiel. Er hätte es lieber bei jemand anders probiert, aber niemand sonst hatte Geld zu verschenken.
Er hielt es für eine gute Idee, den Bettelbrief in die Form eines Vorschlags zum Verkauf der Möbel zu kleiden, zu dem sich, wie er wusste, der alte Mann nie aufraffen würde. Ihm war durchaus bewusst, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, dass frühere Darlehen noch offen standen, aber er betrachtete sie inzwischen als Summen, die ihm zugestanden hatten, weil er für Marcelle in einer Phase der Haltlosigkeit (ihrer Haltlosigkeit, seine hatte da noch nicht begonnen) gesorgt hatte und weil er Sabitha trotz aller Zweifel als sein Kind anerkannt hatte. Außerdem waren für ihn die McCauleys die einzigen Leute, die Geld besaßen, das niemand der jetzt Lebenden verdient hatte.
Ich habe Ihre Möbel mitgebracht.
Er rätselte herum, was das für ihn zu bedeuten hatte, aber er kam nicht dahinter. Er war zu müde. Er mochte nichts essen, wollte lieber schlafen, als sie mit den Kuchenbrötchen kam (und ohne Zigaretten). Ihr zuliebe aß er ein halbes. Dann fiel er in Tiefschlaf. Er wurde nicht richtig wach, als sie ihn erst auf die eine Seite drehte, dann auf die andere, das schmutzige Laken abzog und ein sauberes ausbreitete, alles, ohne dass er aufstehen oder hellwach werden musste.
»Ich habe ein sauberes Laken gefunden, aber es ist dünn wie ein Putzlumpen«, sagte sie. »Es roch nicht besonders, deshalb habe ich es eine Weile auf die Leine gehängt.«
Später wurde ihm klar, dass ein Geräusch, das er lange Zeit im Traum gehört hatte, in Wirklichkeit das Geräusch der Waschmaschine war. Er überlegte, wie das angehen konnte – der Heißwasserspeicher hatte den Geist aufgegeben. Sie musste das Wasser eimerweise auf dem Herd heiß gemacht haben. Noch später hörte er das unverkennbare Geräusch seines Autos, das ansprang und wegfuhr. Sie musste sich die Schlüssel aus seiner Hosentasche genommen haben.
Möglich, dass sie mit seiner einzigen wertvollen Habe wegfuhr, ihn im Stich ließ, und er konnte nicht einmal die Polizei anrufen, um sie zu schnappen. Das Telefon war gesperrt, selbst wenn er die Kraft gehabt hätte hinzugehen.
Diese Möglichkeit gab es immer – Diebstahl und nichts wie weg –, doch er drehte sich auf dem frischen Laken um, das nach Präriewind und Gras roch, und schlief wieder ein, in der Gewissheit, dass sie nur losgefahren war, um Milch und Eier und Butter und Brot und andere Dinge zu kaufen – sogar Zigaretten –, die für ein ordentliches Leben notwendig waren, und dass sie zurückkommen und sich unten ans Werk machen würde und dass die Geräusche ihrer Tätigkeit wie ein Netz unter ihm sein würden, vom Himmel gesandt, ein wahrer Segen, den man nicht anzweifeln durfte.
In seinem Leben gab es gerade ein Frauenproblem. Nämlich zwei Frauen, eine junge und eine ältere (also eine in seinem Alter), die voneinander wussten und bereit waren, sich
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