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Himmel und Hölle

Titel: Himmel und Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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kommt.«
    »Danke«, krächzte ich, »aber das ist wirklich nicht nötig!« Dass ich errötete, kann ich nicht behaupten, denn ich WAR rot. Seit vierzehn Tagen. Dunkelrot. Mit blauen Flecken, die lila schillerten.
    Sehr apart.
    Die Frau teilte mir noch mit, dass ich von heute an noch genau drei Wochen bis zur Facharztprüfung hätte, und entließ mich dann mit besorgtem Blick.
    Und so kam es, dass ich hinter unserem Haus im Garten saß - vorne spielten die Kinder mit Nicole - und für die Facharztprüfung lernte.
    Besonders die verschiedenen Tumorerkrankungen waren mein Thema. Krebs. Kurz, ich beschäftigte mich mit allen Arten von Krebs, der Entfernung von verkrebsten Organen und mit der physischen und psychischen Wiederherstellung der Patientinnen, um die es letztlich ging.
    Das war mir alles dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich gar nicht mehr groß darüber nachdachte. Es war gar nichts BESONDERES mehr. Es war das, was ich KONNTE. Und was ich WOLLTE. Der Krebs war mein Thema. Er faszinierte mich, ich wollte ihn kennen, erkennen, entfernen und bekämpfen. Ich
wollte dem Feind ins Auge blicken. Dem Feind, von dem ich nie annahm, dass er einmal mein eigener, persönlicher Feind sein würde.
    Und während ich mit meinem verquollenen, vor Schmerz pochenden Gesicht zusah, wie meine Kinder fröhlich mit Nicole im Garten spielten, dachte ich, dass ein drittes Kind auch noch schön wäre. Meine Mini war drei, und Konstantin war zwei Jahre alt.
    Ich weiß nicht, was mir die Kraft gab, so etwas zu denken. Ich ahnte ja nicht, dass ich bereits mit Zwillingen schwanger war.

16
    »Über welche Krebsart möchten Sie berichten?«
    Die Professoren und die eine anwesende Dame im Prüfungskomitee in München schauten mich erwartungsvoll an.
    Ich hatte gelernt wie ein Weltmeister. In Ermangelung jedweder Abwechslung oder Zerstreuung wusste ich alles über Differentialdiagnostik von Brusttumoren, Röntgenuntersuchungen, Sonographien, offene Biopsien, Jetstanzbiopsien und andere Maßnahmen, die zur Diagnose und Bekämpfung von Krebs beitragen können. Ich konnte Darmanastonosen vorbereiten, Scheiden, Blasen und Därme operativ wiederherstellen, ich wusste alles über die Wirkung präoperativer Chemotherapie und kannte sämtliche radiologische Methoden.
    »Ich kann Ihnen über jede Krebsart berichten. Schlagen Sie eine vor.«
    »GEBÄRMUTTERHALSKREBS!«
    »Gern«, sagte ich mit fester Stimme und hielt dem Blick der Prüfer stand. »Gebärmutterhalskrebs ist genau mein Thema.« Es ratterte in meinem Gehirn, und ich erklärte die Ursache von Gebärmutterhalskrebs, die Häufigkeit, schilderte die typischen Symptome und die gängigen Behandlungsmethoden.

    »Etwa siebzig bis neunzig Prozent aller Frauen machen im Laufe ihres Lebens mit dem humanen Papillomvirus Bekanntschaft! Jährlich sterben alleine in Deutschland knapp zweitausend Frauen an Gebärmutterhalskrebs, weltweit bald zweihundertfünfzigtausend. Es gilt heute als wissenschaftlich gesichert, dass die beiden gefährlichsten HPV-Typen 16 und 18 für zumindest siebzig Prozent der Krebserkrankungen am Gebärmutterhals verantwortlich sind. Durch HPV kommt es auch verstärkt zu Krebsvorstufen. Sogar die Frühgeburtsrate ist erhöht«, gab ich zum Besten.
    »Was kann eine Frau zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs tun?« Der Vorsitzende beugte sich erwartungsvoll über den Tisch.
    »Eine Infektion des Gebärmutterhalses mit den krebsauslösenden Risikotypen des humanen Papillomvirus kann heute gut nachgewiesen werden. Ein HPV-Test gehört zur Routinevorsorge in jeder Frauenarztpraxis. Damit können wir mehr Krebsvorstufen frühzeitig erkennen und angemessen behandeln als mit dem alleinigen Pap-Abstrich. Inzwischen gibt es sogar vielversprechende Wirksamkeitsstudien, die uns Hoffnung auf einen Impfstoff machen, der die Neuerkrankung verhindert. Wäre das nicht herrlich, wenn wir mit diesem Impfstoff Tausende von Frauenleben retten können? Ich habe mal in meinem stillen Kämmerchen überschlagen, dass in zwanzig bis dreißig Jahren alleine in Deutschland insgesamt etwa hundertzwanzigtausend Frauen erkranken und vierunddreißigtausend
Frauen an Gebärmutterhalskrebs sterben. Wir können nicht zwanzig Jahre warten, bis eine Tablette erfunden wird, die alle Krebsvorstufen verhindert. Wir müssen nehmen, was wir haben, gegen dieses Monster!«
    Die Professoren nickten und waren zufrieden.
    »Gegen Viren kann man noch keine Tabletten schlucken«, fuhr ich fort. »Die Viren sind

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