Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
hätte ich ihn fast über den Haufen geworfen.
Vinnie kniete auf der Erde. Mit beiden Händen auf den Gewehrschaft gestützt, hielt er sich aufrecht, aber sein Kopf hing herunter, als sei er gerade noch hierher gekommen und habe dann aufgegeben. Maskwa legte ihm eine Hand auf die Schulter. Vinnie hob den Kopf und schüttelte sich die Haare aus dem Gesicht. Der Verband an seinem rechten Ohr war abgerissen, und ein frischer Strom Blut rann ihm über den Hals.
»Hast du den anderen erwischt?« fragte er.
»Ja«, sagte Maskwa, »das habe ich.«
»Alex«, sagte er, als er langsam aufstand. »Du bist hier.«
»Ja, ich bin hier. Aber erst war ich in Sudbury.«
Das ließ ihn eine Sekunde zögern. Dann hob er sein Gewehr auf und streifte die Blätter ab. »Du hast gesehen, was da passiert ist?« sagte er.
»Ja.«
»Woher hast du gewußt, daß du dahin mußt?«
»Ich war in deiner Hütte«, sagte ich. »Leon hat mir geholfen, die Karten zu finden, die du dir ausgedruckt hast.«
»Okay.«
»Um was ging es in dem Artikel?«
Er sagte nichts.
»Aus der Detroit News . Was auch immer das gewesen sein mag, es hat dich den ganzen Weg hierhin zurückgebracht.«
»Wir müssen sehen, wie es Helen geht.«
»Vinnie, die Polizei ist im Anmarsch.«
»Was?«
»Die Provinzpolizei von Ontario ist auf dem Weg hierher. Ich habe Reynaud angerufen.«
»Komm«, sagte er. »Wir müssen uns überlegen, was zu tun ist.«
Wir drei gingen zum Jagdhaus zurück. Wir gingen an dem toten Mann vorbei, am Rest seines Schädels, am Blut und Hirn an der Schuppenwand, während der Nebel sich endlich von Steg und See zurückzog, als die Sonne durchbrach. Wir gingen an dem anderen Toten vorbei. Wir traten über das Blut hinweg und gingen die Treppe hoch. Helen hatte sich nicht bewegt. Sie kauerte immer noch in der Ecke. Hoch über dem Kamin war der Elchkopf zur Hälfte vernichtet, eine Geweihschaufel lag auf der Erde.
Maskwa kniete nieder und sprach mit leiser Stimme auf sie ein. »Es ist vorbei«, sagte er. »Es ist vorbei.«
Sie sah auf und musterte langsam unsere Gesichter, von allen dreien, eins nach dem anderen. Sie wirkte nicht überrascht. Sie war zu diesem Zeitpunkt keiner Überraschung mehr fähig. Sie war weit jenseits davon.
»Wir müssen Sie hier rausschaffen«, sage Vinnie. »Sie können nicht hier sein, wenn die Polizei kommt.«
»Vinnie«, sagte ich. »Wovon redest du?«
»Wir erklären dir das später, Alex. Im Moment müssen wir sie hier rausschaffen.«
»Vinnie, du solltest mit ihr gehen«, sagte Maskwa. »Geht in mein Haus.«
»Ich kann von euch nicht erwarten, daß ihr hierbleibt«, sagte Vinnie.
»Wenn du hier bist, werden sie fragen, warum du rausgekommen bist, um nach Helen zu sehen.«
Vinnie dachte darüber nach. »Okay, du hast recht.«
»Wißt ihr Jungs wenigstens, was ihr da macht?« fragte ich.
»Du mußt uns vertrauen, Alex. Okay? Vertrau uns nur dieses Mal.«
Ich holte tief Luft. »Okay. Hau ab. Gib mir dein Gewehr.«
»Wenn du an die Hauptstraße kommst, fahr nach Westen«, sagte Maskwa. »Laß ihnen genug Zeit, auf die Zufahrtstraße nach hier zu fahren, dann fahr zurück. Wir treffen uns dann in meinem Haus.«
»Dort sehen wir uns wieder«, sagte Vinnie. Er warf mir sein Gewehr zu und wartete dann gerade lange genug, um einen Blick auf meine schlammbedeckten Schuhe werfen zu können. »Was hat der Doktor dir gesagt, Alex? Du sollst die Füße trokken halten.« Dann waren Helen und er aus der Tür.
Ich wartete mit Maskwa, während Vinnie den Lastwagen startete und losfuhr. Es war etwa eine Vier-Minuten-Fahrt bis zur Hauptstraße, vielleicht dreieinhalb, wenn man flog. Ich war mir nicht sicher, daß sie es schaffen würden.
»Maskwa, können Sie mir erzählen, was hier vor sich geht?«
»Das ist Helens Geschichte. Sie wird sie Ihnen erzählen.«
»Okay, großartig. Und was sagen wir, wenn die Polizei gleich kommt?«
»Sie sind hierher gefahren, um nach Vinnie zu suchen, und mich haben Sie mitgenommen, um Ihnen zu helfen.«
»Unmittelbar bevor ich hierher gekommen bin, habe ich mit Reynaud gesprochen. Ich habe mit keinem Wort erwähnt, daß Sie bei mir wären.«
»Dann haben Sie es halt nicht erwähnt. Das heißt doch nicht, daß ich nicht bei Ihnen gewesen bin.«
»Vielleicht. Vielleicht können wir denen das so verticken.«
»Wir haben uns geteilt und das Gelände durchsucht, weil wir nach Helen und Vinnie Ausschau gehalten haben. Dann sind diese Männer gekommen. Sie haben angefangen, auf
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