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Himmels-Taler

Titel: Himmels-Taler Kostenlos Bücher Online Lesen
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zusammen. »Bitte mach schon weiter, Dolph, bevor wir noch beide anfangen zu weinen.«
    Dolph begriff, daß Nada, hätte sie eine Verjüngungsmagie gehabt, sie auch benutzt hätte. Ihr Alter war nicht ihre Schuld. Sie war in eine unmögliche Lage geraten und hatte tapfer versucht, das Beste daraus zu machen, und fast wäre es ihr auch gelungen. »Nada…«
    »Bitte, Dolph«, wiederholte sie, und er sah, wie heftig sie gegen die Tränen ankämpfen mußte. Er tat ihr keinen Gefallen, wenn er noch länger zögerte.
    Dolph setzte sich vor den Kürbis, richtete das Guckloch aus und sah hinein. Im ersten Augenblick bemerkte er nur graue Schleier; dann merkte er, daß seine eigenen Tränen ihm die Sicht nahmen. Blinzelnd rieb er sie aus den Augen.
    Er fand sich in einem riesigen Gebäude wieder. Menschen und andere Wesen huschten wie verrückt in alle Richtungen, jeder mit irgendwelchen dringenden persönlichen Angelegenheiten beschäftigt. Manche trugen Taschen, Koffer, Säcke, zusätzliche Kleidung und allen möglichen Plunder. Massige Säulen stützten das Dach, und es gab so viele Nischen, Gänge und Galerien, daß er nicht einmal zu schätzen wagte, wie groß dieser Raum oder gar das ganze Gebäude war. Ab und zu ertönten aus Flecken an den Wänden unverständliche Laute, als würde irgendein zungenlahmes Ungeheuer nach Freiheit schreien. Das war doch wohl wirklich das merkwürdigste Schloß in ganz Xanth!
    »Was ist das?« fragte er Mark, der zu seiner Rechten stand und das Treiben musterte.
    »Das muß neu sein«, erwiderte das Skelett. »Ich habe es noch nie gesehen.«
    Grazi stand links von ihm, immer noch auf merkwürdige Weise mit Fleisch versehen. »Hast du das schon mal gesehen?« fragte Dolph sie.
    »Nein. Es muß sich um eine Spezialausstattung handeln.«
    »Sind die Kürbisszenerien nicht von der Person festgelegt, die ihn betritt?« wollte Dolph wissen. »Müßte es nicht jene sein, mit der ihr vertraut seid?«
    »Nein«, erwiderte Mark. »Wir sind Wesen des Traumreichs, unsere Gegenwart beeinflußt es nicht. Wir sind tatsächlich unsichtbar. Es ist der Eintritt einer wirklichen Person, in diesem Falle du, der die Szene bestimmt.«
    »Aber ihr seid doch vor mir eingetreten! Wie…«
    »Offensichtlich wußte die Szene, daß du kommen würdest. Das ist es, was dir in jedem Kürbis begegnen wird, in den du schaust, mit Ausnahme des großen Zombiekürbisses, in den du körperlich eintreten kannst.«
    Damit mußte Dolph sich zufrieden geben. »Kannst du mich durch diesen Kürbis hier führen?«
    Mark wirkte verlegen. »Ich hatte mit einer vertrauten Szenerie gerechnet – mit dem Haus des Schreckens oder dem Friedhof oder irgendeiner anderen gewöhnlichen Szene. Aber das hier ist so fremd, daß ich mich nicht auskenne.«
    Dolphs Befürchtung schien sich zu bewahrheiten. »Und du, Grazi?«
    »Ich hoffe nur, daß mich hier niemand wiedererkennt«, sagte sie. »Für mich mag es hier sogar besser sein, weil es unwahrscheinlich ist, daß ich auf irgendwelche meiner früheren Kollegen treffe.«
    »Du siehst gar nicht wie du selbst aus, mit diesem ganzen Fleisch an den Knochen«, versicherte ihr Dolph. »Du siehst eher wie eine Nymphe aus.«
    »Kein Grund, es noch besonders zu betonen!« versetzte sie. »Die Sache ist mir schon peinlich genug.«
    »Aber Nymphen sind doch sehr hübsch«, protestierte Dolph. »Die Männer jagen immer hinter ihnen her.«
    »Männer sind auch töricht«, bekräftigte sie grimmig. »Aber ich schätze, es wird wohl stimmen: Niemand würde argwöhnen, daß ich mir eine derart geschmacklose Verkleidung zulege.«
    Dolph begriff, daß nun alles an ihm lag. »Na gut, ich habe ja wenigstens noch die Uhr. Mal schauen, wo sie gerade hinsieht.« Er musterte die Uhr an seinem Handgelenk. »Dort entlang.«
    Die drei blickten in die angezeigte Richtung. Achselzuckend ging Dolph los, und das Skelett und die falsche Nymphe folgten ihm.
    Sie durchquerten den breiten Saal, wobei sie den Säulen und den anderen dahineilenden Leuten geschickt auswichen. Endlich gelangten sie an eine Kachelwand. Das Auge der Uhr blickte genau durch diese Wand hindurch.
    Dolph erinnerte sich daran, wie das Auge ihn einmal hinaus aufs Meer geführt hatte. Er wußte, wie er damit umgehen mußte: Er brauchte nur um die Wand herumzugehen.
    Also bogen sie ein und gingen die Wand entlang. Da gelangten sie zu etwas wirklich sehr Seltsamem: einer Treppe, die sich von allein bewegte. Sie ließ einfach den Raum hinter sich zurück und

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