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Himmels-Taler

Titel: Himmels-Taler Kostenlos Bücher Online Lesen
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Person, und ich liebe sie, und ich weiß, daß sie eine gute Frau abgeben wird. Ich werde ihrem Volk gern dabei helfen, die Kobolde zu bekämpfen, aber auch ohne das möchte ich sie heiraten.«
    »Dolph, du bist doch noch ein Kind!« protestierte Irene. »Du weißt doch nicht einmal, was Liebe ist!«
    »Ja, ich bin noch ein Kind«, stimmte er zu. »Ich habe keine Ahnung, wie man den Storch ruft, aber was Liebe ist, das weiß ich.«
    Beide schüttelten sie den Kopf, ganz nach Art der Erwachsenen. »Du glaubst nur, daß du es weißt«, antwortete Dor. »Ich begreife ja, daß deine Gefühle dir jetzt sehr wichtig sein mögen, aber…«
    »Laßt mich die Rosenprüfung machen«, sagte Dolph.
    Sie waren wie vor den Kopf gestoßen. »O mein Kind, mein kleines Kind!« hauchte Irene. »Was sagst du da nur?«
    »Die Rosen«, sagte Dor, ebenso aufgewühlt. »Die sind doch nicht für dich bestimmt!«
    »Ich denke schon«, widersprach Dolph. »Denn sie werden euch zum Zuhören zwingen. Gebt mir die Rosenprüfung, noch heute. Wenn die Rosen mich nicht bestätigen, dann dürft ihr meine Verlobung mit Nada lösen.«
    Die Eltern wechselten wieder einen bedeutungsschwangeren Blick. »So soll es sein«, willigte Dor schließlich ein.
     
    Die Rosen wuchsen in einem besonderen Hof. Es waren fünf Sträucher, und jeder davon trug Rosen in einer anderen Farbe: weiß, gelb, rot und schwarz. Jede stand für eine andere Art von Gefühl: Gleichgültigkeit, Freundschaft, Romanze, Liebe und Tod. Sie waren verzaubert, so daß man nur eine Rose in der passenden Farbe pflücken konnte; alle anderen stachen einen mit ihren heftigen Dornen in die Hand.
    Um den äußeren Rand des Hofs standen Stühle. Die Rosen wuchsen in einem Kreis, und in dem Kreis befand sich eine fünfeckige Fliese, die gerade groß genug für eine Person war, um sich darauf zu stellen, ohne von den Dornen oder den Sträuchern zerkratzt zu werden. Man konnte nicht einfach zu Fuß zu dieser Stelle durchgehen, statt dessen mußte man über eine Strickleiter von einem Balkon aus darauf hinabsteigen. Nur selten wurden die Rosen tatsächlich dazu verwendet, Gefühle zu überprüfen. Normalerweise zog man es vor, sie aus sicherer Entfernung zu bewundern. Der einzige, der sich ihnen unbeschadet nähern konnte, war der Gärtner, der sie leidenschaftlich liebte. Ihr Duft durchzog das ganze Schloß.
    Dor und Irene saßen an einem Ende des Hofs. Ivy befand sich in ihrer Nähe, ebenso Dolph, Nada und Electra. Mark und Grazi schlossen den Kreis. Alle blickten feierlich drein.
    »Prinz Dolph hat um die Rosenprüfung gebeten«, verkündete Dor. »Er wird Rosen für Electra und für Nada pflücken, und dann werden sie das gleiche für ihn tun. Die Verlobung, bei der auf beiden Seiten keine rote Rose vorhanden ist, wird auf ehrenvolle Weise aufgelöst, und es werden angemessene Vereinbarungen getroffen, die es erlauben, alle damit zusammenhängenden Verpflichtungen zu erfüllen.« Er blickte sich um, offensichtlich war er nicht besonders zuversichtlich, während Irene den Mund zusammenkniff. »Electra?«
    Electra stand lächelnd auf. Sie schritt zu der Leiter unter dem Balkon und kletterte geschmeidig hinauf. Sie sah nicht älter aus als Dolph und verhielt sich auch nicht anders, obwohl sie bereits elf war. Sie war ein hübsches, süßes Mädchen, und ihre beiden braunen Zöpfe sprangen auf und ab.
    Sie erreichte den Balkon, dann stieg sie auf die Strickleiter und kletterte zu der Fliese hinunter. Schließlich blieb sie abwartend zwischen den Rosensträuchern stehen. Die Rosen wogten sanft und streichelten sie, ohne sie jedoch zu zerkratzen. Sie orientierte sich nach ihr, denn das war Teil ihrer Magie.
    Nun trat Dolph heran. Einmal ging er im Kreis um die Sträucher. Dann griff er nach einem und pflückte eine gelbe Rose der Freundschaft. Er hielt sie empor, zeigte sie allen. Nun hielt er sie neben sein Gesicht und sah dabei Electra an. Ihr Lächeln veränderte sich nicht. Sie hatte gewußt, daß er sie nicht liebte. Das war eine Situation, die sie zu ändern hoffte, bis sie beide alt genug waren, um heiraten zu können.
    »Ich liebe dich nicht«, sagte Dolph zu ihr. »Aber das ist nicht deine Schuld. Ich habe dich erst gestern kennengelernt und kenne dich kaum, aber ich bin sicher, daß du es wert bist, geheiratet zu werden. Wenn ich dich nicht heirate, wirst du sterben, und ich brauche dich, um den Himmelstaler anzufertigen, mit dem ich den Guten Magier finden und meine Queste vollenden kann,

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