Himmels-Taler
kennengelernt hatte, fand ich es interessant und entschied mich zu bleiben. Auf jeden Fall ist es besser, als wieder auf den Verlorenen Pfad zurückzukehren.«
Ihr Schädel nickte. »Das glaube ich auch. Aber jetzt müßtest du eigentlich in der Lage sein, dem Verlorenen Pfad zu entgehen, wenn du in der Gesellschaft von jemandem zurückkehrst, der nicht verloren ist.«
»Das ist wahr«, erwiderte Mark. »Aber ich habe hier noch Verpflichtungen.«
»Was für Verpflichtungen denn?«
»Ich bin der erwachsene Begleiter des Prinzen Dolph. Ich muß dafür sorgen, daß er nicht in allzu große Schwierigkeiten gerät, und ich muß ihm bei der Suche nach dem Himmelstaler helfen.«
Sie erwiderte nichts. Zwar setzten sie die Suche fort, doch als die Sonne immer tiefer am Himmel hing, bereit, die fernen Bäume in Brand zu setzen, wußten sie endgültig, daß sie auf der Insel weder den Kürbis noch den Taler finden würden.
»Es sieht so aus, als wären wir einer falschen Spur gefolgt«, meinte Mark schließlich bedauernd.
»Aber der Gute Magier begeht doch keine Fehler!« wandte Dolph ein. »Seine Nachricht besagte…«
»Es ist immerhin möglich, daß wir uns bei der Deutung seiner Nachricht geirrt haben. Ich habe gehört, daß seine Antworten gelegentlich rätselhaft sein können.«
»Wie lautete die Nachricht denn?« fragte Grazi.
»›Gerippe Schlüssel zum Himmelstaler‹«, erklärte Dolph. »Und die Schrift verlief in diese Richtung, auf die Insel der Illusion zu, daher glaubte ich, daß das der richtige Schlüssel sein müßte, aus dem Gerippe einer Koralle gemacht.«
»Das leuchtet ein. Gibt es noch weitere davon?«
»Einige«, erwiderte Mark.
»Wo sind die denn?«
»Im Süden, um die ganze Halbinsel von Xanth verteilt.«
»Das hier ist also das Ende einer Reihe?«
»In gewissem Sinne«, bestätigte Mark.
»Dann hat der Magier vielleicht gemeint, daß ihr hier anfangen sollt, um so lange weiterzumachen, bis ihr die richtige Insel gefunden habt«, erklärte sie.
»Ja, das könnte sein!« pflichtete Dolph ihr bei. Langsam begann Grazi ihm zu gefallen.
»Aber alle zu durchkämmen…« protestierte Mark. »Das könnte sehr lange dauern. Ich bin mir gar nicht sicher…«
»Vielleicht gibt es auf einer davon einen anderen Kürbis«, warf Grazi ein.
Mark musterte sie. Die Aussicht, mit ihr gemeinsam weiterzureisen, schien ihn nicht sonderlich zu beunruhigen.
»Wir könnten mit dem Schiff fahren«, schlug Dolph vor. »Kannst du dich in ein Boot verwandeln, Grazi?«
»Natürlich«, antwortete sie. »Das kann doch jeder!« Und so war es beschlossene Sache: Sie würden eine Weile gemeinsam reisen und nun gleich nach zwei Dingen Ausschau halten, nach Taler und Kürbis. Einen davon würden sie unweigerlich finden. Dolph behagte diese Entwicklung, weil er sich mit zwei Begleitern sicherer fühlte als mit einem.
5
Mela
Am Morgen machten sie sich auf den Weg zu den südlichen Inselketten. Von der See wehte eine recht steife Brise landwärts, und das war eine große Hilfe, weil Grazi sich nämlich erboten hatte, sich in ein Segel zu verwandeln. Sie sagte, daß sie damit vor dem Wind segeln könnten. »Das habe ich schon auf dem Lebertransee getan.«
Plötzlich hatte Dolph einen schlechten Geschmack im Mund. Lebertran war ein fürchterliches Zeug, das ganz entsetzlich schmeckte, weshalb Erwachsene Kinder auch dazu zwangen, es zu trinken. »Gibt es etwa eine ganzen See von diesem Zeug?«
»O ja, den gibt es«, bestätigte sie. »Der wird als Hintergrund für die Alpträume von Kindern benutzt.«
»Solche Träume habe ich auch schon gehabt«, meinte Dolph. »Ich glaube, im Kürbis würde es mir nicht gefallen.«
»Das soll es dir auch nicht. Alpträume nützen überhaupt nichts, wenn die Leute sie mögen. Keine anständige Nachtmähre würde jemals einen guten Traum überbringen.«
»Die Mähre Imbri überbringt aber gute Träume!« sagte er entschieden.
»Du kennst die Mähre Imbri? Das war mal eine gute Mähre, bis sie von jemandem eine Seelenhälfte bekam und sie behielt, anstatt sie wieder abzuliefern. Das hat sie ruiniert und aus dem Geschäft geworfen.«
»Sie ist jetzt eine Tagmähre«, erwiderte Dolph.
»Na ja, besonders viel Substanz haben die nicht gerade. Aber wenn man den Typ mag…«
»Ich mag ihn auf jeden Fall mehr als das, was die Nachtmähren mit sich herumschleppen!«
»Gib mir einen Tritt!« lud sie ihn ein.
»Aber gern!« Sie explodierte und zerfiel zu einem Dreieck aus
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