Himmels-Taler
erzählen.«
»Dabei können wir auch gleich nach dem Himmelstaler suchen!« erwiderte Dolph. Er hatte das Gefühl, daß die Skelette im Begriff waren, eine langwierige und langweilige Diskussion vom Zaum zu brechen, und soviel Zeit wollte er eigentlich ungern vergeuden.
»Wir werden nach beidem suchen«, stimmte Mark zu. »Nun, da die Illusion verschwunden ist, dürfte es nicht allzu schwierig sein, zu finden, was wir suchen.«
Also begannen sie mit der Suche, schritten nebeneinander her, Dolph in der Mitte, während die beiden Skelette ihm abwechselnd die Geschichte der Gerippe erzählten.
Es schien, daß vor langer, langer Zeit, als die Magie noch neu war, der Dämon X(A/N) th (oder irgend jemand; da war sich Dolph nicht ganz sicher) das gewöhnliche Land Xanth für gewöhnliche Kreaturen erschuf, den Kürbis dagegen für die ungewöhnlichen Wesen, von denen die anderen nur träumen konnten, um schließlich die Abfälle dem trostlosen, unmagischen Mundania zu überlassen. Er legte um Xanth eine Art Barriere, um den größten Teil der Mundanier fernzuhalten, und versiegelte das Kürbisreich. Genau in der Mitte des Kürbisses erschuf er einen prachtvollen Friedhof, in dem er das erste Skelett auslegte.
Aber dieses Skelett fühlte sich schon bald einsam, weil es keine anderen seiner Art gab. Also nahm der Dämon eine seiner Rippen, zerbrach sie, ließ die Stücke wachsen und erschuf daraus das erste weibliche Skelett. Nur war das männliche Skelett jetzt nicht mehr vollständig, weil ihm eben die eine Rippe fehlte. So besaß seither die Skelettfrau eine Rippe mehr als der Skelettmann.
Die beiden Urskelette machten zusammen wunderschöne Musik, weil ihre Knochen alle unterschiedlichen Töne von sich gaben. Mark konnte über zweihundert Noten spielen und Grazi über zweihunderteins. Es fehlte ihm die kleinste Rippe des ersten Skeletts, die G-Rippe, die den höchsten Ton erzeugte. Seit dieser Zeit war die Frau dem Mann immer um einen Ton voraus. Der Mann vermißte diesen Ton zwar, war es aber zufrieden, wenn die Frau ihn für ihn angab, was sie auch tat, wenn es angemessen war.
»Und wann ist das?« wollte Dolph wissen.
Nun schwiegen sie. »Äh«, sagte Mark schließlich, »wenn sie sich fortpflanzen wollen.«
»Soll das heißen, daß sie Musik spielen, um dem Storch Signale zu schicken?« fragte Dolph, der plötzlich sehr interessiert war. Vielleicht konnte er hier doch noch einen Hinweis darauf bekommen, wie das die Fleischleute taten! Wenn es nur eine Frage davon war, irgendeine Melodie zu spielen oder ein Lied zu singen, würde vielleicht ein klebriges (bäh!) Liebeslied…
»Nicht genau«, sagte Grazi, die plötzlich ebenso steif wirkte wie Mark. »Wir benutzen keine Störche; die sind den Lebenden vorbehalten.«
»Ach nein? Wie tun Skelette es denn dann?«
»Das möchtest du gar nicht wissen«, erwiderte Mark.
Jetzt war Dolph sich sicher, daß er dem größten Geheimnis überhaupt auf die Spur gekommen war – der Verschwörung der Erwachsenen. »Und ob ich das will!«
»Dazu gehört… klebriger Kram.«
»Oh.« Das war wie ein nasser Waschlappen ins Gesicht! Ausgerechnet dann, als es gerade interessant wurde. Aber er hatte schon irgendwie geahnt, daß es auf so etwas hinauslaufen würde, denn die Erwachsenen interessierten sich viel zu sehr für Klebrigkeiten. Vielleicht war das Alter schuld, das ihr Gehirn klebrig und breiig werden ließ. Welch ein Schicksal!
Sie setzten die Suche auf der Insel fort, doch weder Kürbis noch Taler tauchten auf. »Ich fürchte, der Kürbis ist inzwischen verfault«, meinte Mark. »Auf der Insel sind keine mehr. Aber auf dem Festland sollte es noch viele geben.«
»Auf dem Festland?« fragte Grazie. »Soll das heißen, daß es noch mehr Land gibt?«
Mit Mühe gelang es Dolph, nicht zu lachen. Sie war wirklich noch sehr naiv!
»Ja, das hier ist nur eine einzige Insel von vielen, und nicht einmal die größte«, erklärte Mark. »Das gewöhnliche Xanth ist tatsächlich ziemlich ausgedehnt, flächenmäßig ist es vielleicht so groß wie der Kürbis.«
»Erstaunlich!« rief sie. »Ich hatte ja keine Vorstellung!« Dann drehte sie sich zu ihm um. »Wie bist du denn überhaupt hierher nach Xanth gekommen?«
»Ich bin auf den Verlorenen Pfad geraten und habe mich natürlich verirrt. Ein Mann aus Xanth hat mich gerufen und aus dem Kürbis geholt. Ich muß gestehen, daß es mir hier draußen erst sehr merkwürdig vorkam, aber nachdem ich alles erst einmal besser
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