Himmels-Taler
Wasser fliege, um nachzusehen, was ich entdecken kann. Haben wir die Stelle erst einmal bestimmt, kann ich euch dorthin bringen.«
»Als wir gekentert sind, habe ich mir das Wasser genauer angeschaut«, bemerkte Grazi. »Es war ziemlich dunkel; ich konnte nicht bis zum Boden sehen.«
Chex nickte. »Ich fürchte, diesen Punkt habe ich noch nicht gründlich genug durchdacht. Mit Sicherheit hat die Meerfrau ihren Hort auch nicht an irgendeiner offensichtlichen Stelle angelegt. Wahrscheinlich benutzt sie eine Höhle oder eine andere Tarnung. Also müssen wir einen anderen Weg finden.«
Mark nahm Dolphs Rucksack auf. »Vielleicht kann uns der magische Spiegel dabei helfen.«
»Ihr habt einen magischen Spiegel dabei?« fragte Chex. »Das könnte genau das sein, was wir jetzt brauchen!«
Mark holte den kleinen Handspiegel hervor. »Da bin ich mir nicht so sicher. Nur wenige Spiegel können tatsächlich Gegenstände orten; sie müssen mit bekannten Orten kommunizieren.«
»Das stimmt«, bemerkte Chex. »Aber ich dachte mir, daß wir mit Hilfe dieses Spiegels mit Schloß Roogna kommunizieren können, wo man Dolphs Aufenthaltsort kennen wird…« Sie brach ab.
»Ja, und dort wird man sich nicht einmischen wollen«, beendete Mark für sie den Satz. »Weil sie möchten, daß Dolph aus eigenen Kräften flieht oder daß seine Freunde ihm wenigstens dabei helfen. Aber wir können uns wenigstens den Wandteppich anschauen.«
Er wies den Spiegel an, sich auf Schloß Roogna einzustellen. Und da war auch tatsächlich der Wandteppich, der Dolph mit der Meerfrau zeigte. Die beiden nahmen gerade eine Mahlzeit zu sich, und dem angewiderten Gesichtsausdruck des Jungen nach zu schließen, war sie sehr nahrhaft. Offensichtlich verwöhnte sie ihn doch nicht mit Meerkonfekt, was möglicherweise ein taktischer Fehler war.
»Wie hübsch!« rief Grazi, als sie die bunten Steine und goldenen Kreise sah. »Sie besitzt einen außerordentlich guten Geschmack.«
Mark hatte den Blick auf die Meerfrau geheftet. Während des Sturms hatte er sie nicht sonderlich gut erkennen können, aber nun war es klar, daß sie offensichtlich ebenso ansehnlich war wie Vida Vila. Dolph war zwar noch ein Kind, aber es wäre möglicherweise unklug, ihn allzu lange den Verlockungen einer solchen Kreatur auszusetzen.
»Das spielt sich alles unter einem Baldachin ab«, bemerkte Chex. »Seht einmal, wie sich die Meerbäume biegen. Dieser Hort ist aus der Luft absolut unsichtbar, selbst wenn das Wasser vollkommen klar wäre.«
»Es gibt auch nicht den geringsten Hinweis, wo sich dieser Hort befindet«, sagte Grazi. »Wir müssen einen Ausweg finden.«
Chex überlegte. »Vielleicht könnten wir uns einer der hiesigen Pflanzen bedienen, um uns zu orientieren. Wenn es hier einen Hexenhaselstrauch geben sollte…«
»Aber wir können doch keine Pflanzensprachen sprechen«, warf Mark ein.
»Trotzdem können wir etwas von ihnen erfahren. Wenn wir dem Hexenhaselstrauch etwas von Prinz Dolph geben, an dem er riechen kann, werden seine Blätter alle in seine Richtung zeigen.«
»Wie raffiniert!« rief Grazi. »Aber woher sollen wir dann wissen, wie weit der Hort entfernt liegt?«
Chex musterte sie anerkennend. »Ich sehe schon, daß du nicht von gestern bist. Wir müssen natürlich zwei Hexenhaselsträucher ausfindig machen, die ein Stück auseinander lägen. Dann können wir mit Hilfe der verallgemeinerten Magie der Triangulierung die Entfernung bestimmen.«
Davon hatte Mark gehört. Die Triangulierung war ebenfalls ein fundamentaler Typus der Magie, der sogar in Mundania wirksam sein sollte, genau wie Beleidigungszauber oder Regenbögen. Es war seltsam, daß manche Formen der Magie überall zu finden waren, andere dagegen nur in Xanth.
Sie erkundeten die Umgebung und fanden schließlich einen Hexenhaselstrauch. Den Pflanzen gaben sie sogleich den Rucksack zu riechen, und der Strauch nahm auch tatsächlich Witterung auf, denn schon bald richteten sich sämtliche Blätter des Strauchs aufs Meer, als würde die Sonne dort scheinen. Mark zog eine Linie in den Sand, um die Richtung festzuhalten.
Dann suchten sie nach einem weiteren Strauch – und fanden keinen. Sie suchten im Norden und im Süden, so weit, wie es nur ging: Kein weiterer Hexenhaselstrauch. Das versetzte ihren Hoffnungen einen harten Schlag. Sollten all ihre Bemühungen doch vergebens sein?
Bei Einbruch der Dunkelheit überzeugten sie sich durch einen Blick in den Spiegel, daß Dolph immer noch gut
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