Himmels-Taler
einsetzten. War Dolph wirklich noch jung genug, um ihr zu widerstehen?
»Aber du kannst doch mit jemand anderem eine Familie gründen«, protestierte Dolph.
»Nein, kann ich nicht«, beharrte sie. »Es war pures Glück, daß ich dich gefangennehmen konnte; so etwas passiert mir in hundert Jahren nie wieder! Außerdem kann ich auch keinen Meermann heiraten, das habe ich dir schon erklärt. Ich kann dich lediglich hierbehalten, bis du erwachsen geworden bist, und dann kann ich endlich eine nette Familie haben. Du schadest mir, indem du fliehst!«
»Was spielt das schon für eine Rolle?« fragte Mark. »Prinz Dolph hat andere Geschäfte zu erledigen. Er befindet sich auf einer Queste.«
»All meine Hoffnungen so schnöde zerschlagen!« jammerte sie und weinte noch heftiger.
Dolph sah immer unbehaglicher aus. »Ich tue ihr tatsächlich weh«, murmelte er. »Ich hatte versprochen, das nicht zu tun.«
»Aber sie schadet doch dir , indem sie dich gefangenhält«, wandte Mark ein. Chex’ Warnung war ihm noch gut in Erinnerung: Daß er den Jungen möglicherweise überreden müsse zu gehen.
»Eigentlich war sie wirklich recht nett zu mir«, meinte Dolph. »Sie hat mir alle hübschen Steine versprochen, die ich haben will, und sie sagte, daß ich auf ihrem Seepferd reiten darf, und wenn ich alt genug bin, dann will sie mir sogar das Geheimnis verraten, wie man den Storch ruft. Hier unten ist es recht nett, und sie ist auch sehr hübsch. Ich will ihr nicht weh tun.«
»Danke«, sagte Mela und sah richtig leidend aus.
Mark merkte, daß er im Begriff stand, die Sache zu verlieren. Die Meerfrau hatte den Jungen schon viel zu stark beeindruckt, auch wenn sie ihm nahrhaftes Essen vorgesetzt hatte. Er würde irgendein Geschäft mit ihr eingehen müssen. Doch was sollte das sein, wenn sie doch nur einen Mann haben wollte, mit dem sie zur rechten Zeit eine Familie gründen konnte?
»Warum kann sie denn keinen Meermann heiraten?« fragte Grazi, als sie eintrat. Es hatte wirklich keinen Sinn mehr, daß sie sich länger versteckt hielt.
»Weil sie keinen Feuerwasseropal hat«, erklärte Dolph.
»Keinen was?« erkundigte sich Mark.
»Ihr Ehemann besaß einen Edelstein, aber ein Drache hat ihn getötet und ihm den Stein weggenommen, und ohne ihn ist ihr Anwesen nicht wertvoll genug, um andere Meermänner zu interessieren«, setzte Dolph seine Erklärung fort. »Also braucht sie mich statt dessen, und ich schätze, es wäre unrecht von mir, wenn ich sie verließe.«
Mela lächelte Dolph an, der Junge erwiderte ihr Lächeln. Mark wußte, daß er sofort irgend etwas unternehmen mußte, denn die Magie der Meerfrau begann bereits zu greifen. Es schien einen Zauber zu geben, den fleischliche Frauen über fleischliche Männer verhängten, so sehr sich die Männer auch Mühe gaben, zu entkommen. Er hatte darauf gehofft, daß Dolph jung genug sei, um dagegen immun zu sein, aber das stimmte nur bedingt.
»Wenn sie diesen Edelstein vielleicht zurückbekäme…« schlug Grazi vor.
Ruckartig hob die Meerfrau den Blick. »Zurück?«
Mark begriff, worauf Grazi hinauswollte. »Angenommen, du bekommst den Feuerwasseropal wieder?« fragte er. »Dann brauchtest du Dolph doch nicht festzuhalten, denn du könntest dir einen Meermann fangen.«
»Ja, das stimmt«, meinte Mela. »Aber ich kann nicht so weit an Land. Ich bin es nicht gewöhnt, meine Beine so lange zu benutzen.« Sie verwandelte ihren Schwanz samt Flosse in zwei Menschenbeine.
»Nein, das kannst du nicht«, stimmte Dolph zu und starrte die Beine an, wie sie sich geschmeidig im Wasser bewegten.
»Aber wir könnten es tun«, meinte Mark. »Wir könnten ihn für dich zurückholen, weil wir auf dem Land gut zurechtkommen.«
Mela lief das Wasser im Mund zusammen. »Das würdet ihr ta t sächlich tun? Ach, wie wunderbar das doch wäre! Aber der Drache ist so wild…«
»Prinz Dolph ist ein Gestaltwandler. Er kann sich in einen noch größeren Drachen verwandeln und den anderen zum Aufgeben zwingen. Danach können wir dir den Feuerwasseropal zurückbringen, und du wirst Dolph nicht mehr brauchen.«
»Aber…« wandte Dolph ein, immer noch den Blick auf die Beine geheftet.
»Aber das wäre natürlich nur eine Herausforderung für einen Helden«, warf Mark hastig ein. »Ein echtes Abenteuer! Das würde jedermann beeindrucken.«
»He, stimmt ja«, meinte Dolph.
»Und danach könntest du deine Queste fortsetzen, um den Guten Magier Humfrey zu suchen«, fügte Mark hinzu.
»Ja«,
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